Die vierte Ursache der verzögerten Menstrualfunktion endlich, d. i. die überwiegende arterielle Thätigkeit, macht ein mehr antiphlogistisches Heilverfahren nothwendig, heftigere hier erscheinende Molimina fordern allgemeine oder örtliche Blutentziehungen, Abführungen durch Mittelsalze, verdünnende Getränke, laue Bäder, eine wenig nährende, mehr vegetabilische Diät und Verhütung aller zu sehr an- strengenden Körperbewegungen, so wie im Gegentheil des zu vielen Sitzens.
§. 169.
Wir hätten nun noch den völligen Mangel der Menstrualfunktion rücksichtlich seiner Behandlung zu er- wähnen, allein schon aus den oben (§. 153.) erwähnten Ursachen dieses Zustandes ergiebt sich, daß eine besondere ärztliche Behandlung hier nur selten möglich sey. Erscheint nämlich der Mangel der Menstruation bey übrigens wahrhaft entwickelter Pubertät und regelmäßigem Zustande der Ge- schlechtstheile (von welchen man sich freilich überzeugt haben muß, damit nicht etwa blos mechanische Hinderungen des Ausflußes (s. §. 154.) mit eigentlichem Mangel der Funk- tion verwechselt werden) als bloße eigenthümliche Varietät und als Idiosynkrasie, so pflegt dieß auch, eben weil es die- sem Körper natürlich ist, keine krankhaften Zufälle zu ver- anlassen, und es müssen demnach solche Individuen nur im Allgemeinen erinnert werden, eine zu stark nährende Diät und sitzende Lebensweise zu meiden, damit nicht bey dem Mangel einer solchen Ausleerung Congestionen, Stockungen u. s. w. um so leichter sich erzeugen. Ist hingegen bedeu- tende Verbildung oder gänzlicher Mangel wichtiger innerer Geschlechtsorgane die Ursache jener mangelnden Funktion, so werden auch hier nur in den Fällen allgemeine Krankheits- zustände befürchtet werden müssen, theils wo bey einem sehr wohlgenährten Körper Ueberfüllung der Gefäße durch sitzende Lebensweise u. s. w. begünstigt wird, theils wo erst späterhin diese organischen Störungen erfolgt sind, wo z. B. durch Exstirpation der Ovarien oder des Uterus Eintritt oder Fort-
§. 168.
Die vierte Urſache der verzoͤgerten Menſtrualfunktion endlich, d. i. die uͤberwiegende arterielle Thaͤtigkeit, macht ein mehr antiphlogiſtiſches Heilverfahren nothwendig, heftigere hier erſcheinende Molimina fordern allgemeine oder oͤrtliche Blutentziehungen, Abfuͤhrungen durch Mittelſalze, verduͤnnende Getraͤnke, laue Baͤder, eine wenig naͤhrende, mehr vegetabiliſche Diaͤt und Verhuͤtung aller zu ſehr an- ſtrengenden Koͤrperbewegungen, ſo wie im Gegentheil des zu vielen Sitzens.
§. 169.
Wir haͤtten nun noch den voͤlligen Mangel der Menſtrualfunktion ruͤckſichtlich ſeiner Behandlung zu er- waͤhnen, allein ſchon aus den oben (§. 153.) erwaͤhnten Urſachen dieſes Zuſtandes ergiebt ſich, daß eine beſondere aͤrztliche Behandlung hier nur ſelten moͤglich ſey. Erſcheint naͤmlich der Mangel der Menſtruation bey uͤbrigens wahrhaft entwickelter Pubertaͤt und regelmaͤßigem Zuſtande der Ge- ſchlechtstheile (von welchen man ſich freilich uͤberzeugt haben muß, damit nicht etwa blos mechaniſche Hinderungen des Ausflußes (ſ. §. 154.) mit eigentlichem Mangel der Funk- tion verwechſelt werden) als bloße eigenthuͤmliche Varietaͤt und als Idioſynkraſie, ſo pflegt dieß auch, eben weil es die- ſem Koͤrper natuͤrlich iſt, keine krankhaften Zufaͤlle zu ver- anlaſſen, und es muͤſſen demnach ſolche Individuen nur im Allgemeinen erinnert werden, eine zu ſtark naͤhrende Diaͤt und ſitzende Lebensweiſe zu meiden, damit nicht bey dem Mangel einer ſolchen Ausleerung Congeſtionen, Stockungen u. ſ. w. um ſo leichter ſich erzeugen. Iſt hingegen bedeu- tende Verbildung oder gaͤnzlicher Mangel wichtiger innerer Geſchlechtsorgane die Urſache jener mangelnden Funktion, ſo werden auch hier nur in den Faͤllen allgemeine Krankheits- zuſtaͤnde befuͤrchtet werden muͤſſen, theils wo bey einem ſehr wohlgenaͤhrten Koͤrper Ueberfuͤllung der Gefaͤße durch ſitzende Lebensweiſe u. ſ. w. beguͤnſtigt wird, theils wo erſt ſpaͤterhin dieſe organiſchen Stoͤrungen erfolgt ſind, wo z. B. durch Exſtirpation der Ovarien oder des Uterus Eintritt oder Fort-
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§. 168.
Die vierte Urſache der verzoͤgerten Menſtrualfunktion
endlich, d. i. die uͤberwiegende arterielle Thaͤtigkeit,
macht ein mehr antiphlogiſtiſches Heilverfahren nothwendig,
heftigere hier erſcheinende Molimina fordern allgemeine oder
oͤrtliche Blutentziehungen, Abfuͤhrungen durch Mittelſalze,
verduͤnnende Getraͤnke, laue Baͤder, eine wenig naͤhrende,
mehr vegetabiliſche Diaͤt und Verhuͤtung aller zu ſehr an-
ſtrengenden Koͤrperbewegungen, ſo wie im Gegentheil des zu
vielen Sitzens.
§. 169.
Wir haͤtten nun noch den voͤlligen Mangel der
Menſtrualfunktion ruͤckſichtlich ſeiner Behandlung zu er-
waͤhnen, allein ſchon aus den oben (§. 153.) erwaͤhnten
Urſachen dieſes Zuſtandes ergiebt ſich, daß eine beſondere
aͤrztliche Behandlung hier nur ſelten moͤglich ſey. Erſcheint
naͤmlich der Mangel der Menſtruation bey uͤbrigens wahrhaft
entwickelter Pubertaͤt und regelmaͤßigem Zuſtande der Ge-
ſchlechtstheile (von welchen man ſich freilich uͤberzeugt haben
muß, damit nicht etwa blos mechaniſche Hinderungen des
Ausflußes (ſ. §. 154.) mit eigentlichem Mangel der Funk-
tion verwechſelt werden) als bloße eigenthuͤmliche Varietaͤt
und als Idioſynkraſie, ſo pflegt dieß auch, eben weil es die-
ſem Koͤrper natuͤrlich iſt, keine krankhaften Zufaͤlle zu ver-
anlaſſen, und es muͤſſen demnach ſolche Individuen nur im
Allgemeinen erinnert werden, eine zu ſtark naͤhrende Diaͤt
und ſitzende Lebensweiſe zu meiden, damit nicht bey dem
Mangel einer ſolchen Ausleerung Congeſtionen, Stockungen
u. ſ. w. um ſo leichter ſich erzeugen. Iſt hingegen bedeu-
tende Verbildung oder gaͤnzlicher Mangel wichtiger innerer
Geſchlechtsorgane die Urſache jener mangelnden Funktion, ſo
werden auch hier nur in den Faͤllen allgemeine Krankheits-
zuſtaͤnde befuͤrchtet werden muͤſſen, theils wo bey einem ſehr
wohlgenaͤhrten Koͤrper Ueberfuͤllung der Gefaͤße durch ſitzende
Lebensweiſe u. ſ. w. beguͤnſtigt wird, theils wo erſt ſpaͤterhin
dieſe organiſchen Stoͤrungen erfolgt ſind, wo z. B. durch
Exſtirpation der Ovarien oder des Uterus Eintritt oder Fort-
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/146>, abgerufen am 21.11.2024.
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