Der Blutfluß selbst fordert hier sonach eigentlich nur während der Periode seiner Erscheinung besondere Mücksicht; eines Theils nämlich wird es nothwendig, hier die Mittel, welche denselben irgend verstärken, oder auch gänz- lich und plötzlich hemmen könnten, z. B. die Abführmittel, Bäder, Friktionen u. s. w. auszusetzen, andern Theils ist aber auch dafür Sorge zu tragen, ihn in möglichst geringem Grade zu erhalten, weßhalb man in dieser Periode besondere Ruhe beobachten läßt, und die einfachste Diät, so wie den Ge- brauch kühlender Getränke anordnet. Sehr selten wird man übrigens hier die Blutergießung selbst zu copiös und in so- fern augenblicklich gefahrdrohend finden, indeß würden wir für einen solchen Fall vorzüglich den Gebrauch aromatischer Fomentationen (aus Hb. Serpilli, Absinthii, Melissae mit Wein vermischt) auf den Unterleib, Auftröpfeln von Naphtha auf die regio hypogastria, und innerlich die Phosphorsäure zu 8 bis 15 Tropfen in schleimigem Getränk empfehlen.
§. 150.
Was nun ferner die Behandlung unzeitiger Pubertäts- entwicklung in Folge gewaltsamer, mehr vom Nervensystem ausgehender Erregung betrifft, so muß nothwendig für die Anordnung strengerer Aufsicht, Verhütung unpaßender Lectüre, schlechten Umganges, der Masturbation, Versagung aller er- hitzender Getränke, des Weins, der Chocolade, des Kaffees und grünen Thees, so wie stark gewürzter Speisen, erstes Augenmerk des Arztes seyn; allein nicht minder wichtig bleibt es dann ferner, theils die gesteigerte allgemeine und örtliche Sensibilität herab zu stimmen, theils die gesunkene Repro- duktion zu heben. -- Was das erstere betrifft, so können dazu außer der schon erwähnteu Entziehung schädlicher Reitze, der häufige Gebrauch lauer Bäder mit Chamillen, Valeriana und ähnlichen Aufgüßen vermischt, ferner vorzüglich der (außer der Periode der Menstruation) täglich mehrere Male veranstalteten kalten Waschungen der Geburtstheile, innerlich aber die Anordnung kühlender Emulsionen und ähnlicher
§. 149.
Der Blutfluß ſelbſt fordert hier ſonach eigentlich nur waͤhrend der Periode ſeiner Erſcheinung beſondere Muͤckſicht; eines Theils naͤmlich wird es nothwendig, hier die Mittel, welche denſelben irgend verſtaͤrken, oder auch gaͤnz- lich und ploͤtzlich hemmen koͤnnten, z. B. die Abfuͤhrmittel, Baͤder, Friktionen u. ſ. w. auszuſetzen, andern Theils iſt aber auch dafuͤr Sorge zu tragen, ihn in moͤglichſt geringem Grade zu erhalten, weßhalb man in dieſer Periode beſondere Ruhe beobachten laͤßt, und die einfachſte Diaͤt, ſo wie den Ge- brauch kuͤhlender Getraͤnke anordnet. Sehr ſelten wird man uͤbrigens hier die Blutergießung ſelbſt zu copioͤs und in ſo- fern augenblicklich gefahrdrohend finden, indeß wuͤrden wir fuͤr einen ſolchen Fall vorzuͤglich den Gebrauch aromatiſcher Fomentationen (aus Hb. Serpilli, Absinthii, Melissae mit Wein vermiſcht) auf den Unterleib, Auftroͤpfeln von Naphtha auf die regio hypogastria, und innerlich die Phosphorſaͤure zu 8 bis 15 Tropfen in ſchleimigem Getraͤnk empfehlen.
§. 150.
Was nun ferner die Behandlung unzeitiger Pubertaͤts- entwicklung in Folge gewaltſamer, mehr vom Nervenſyſtem ausgehender Erregung betrifft, ſo muß nothwendig fuͤr die Anordnung ſtrengerer Aufſicht, Verhuͤtung unpaßender Lectuͤre, ſchlechten Umganges, der Maſturbation, Verſagung aller er- hitzender Getraͤnke, des Weins, der Chocolade, des Kaffees und gruͤnen Thees, ſo wie ſtark gewuͤrzter Speiſen, erſtes Augenmerk des Arztes ſeyn; allein nicht minder wichtig bleibt es dann ferner, theils die geſteigerte allgemeine und oͤrtliche Senſibilitaͤt herab zu ſtimmen, theils die geſunkene Repro- duktion zu heben. — Was das erſtere betrifft, ſo koͤnnen dazu außer der ſchon erwaͤhnteu Entziehung ſchaͤdlicher Reitze, der haͤufige Gebrauch lauer Baͤder mit Chamillen, Valeriana und aͤhnlichen Aufguͤßen vermiſcht, ferner vorzuͤglich der (außer der Periode der Menſtruation) taͤglich mehrere Male veranſtalteten kalten Waſchungen der Geburtstheile, innerlich aber die Anordnung kuͤhlender Emulſionen und aͤhnlicher
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><pbfacs="#f0132"n="112"/><divn="7"><head>§. 149.</head><lb/><p>Der Blutfluß ſelbſt fordert hier ſonach eigentlich nur<lb/><hirendition="#g">waͤhrend der Periode ſeiner Erſcheinung</hi> beſondere<lb/>
Muͤckſicht; eines Theils naͤmlich wird es nothwendig, hier die<lb/>
Mittel, welche denſelben irgend verſtaͤrken, oder auch gaͤnz-<lb/>
lich und ploͤtzlich hemmen koͤnnten, z. B. die Abfuͤhrmittel,<lb/>
Baͤder, Friktionen u. ſ. w. auszuſetzen, andern Theils iſt aber<lb/>
auch dafuͤr Sorge zu tragen, ihn in moͤglichſt geringem Grade<lb/>
zu erhalten, weßhalb man in dieſer Periode beſondere Ruhe<lb/>
beobachten laͤßt, und die einfachſte Diaͤt, ſo wie den Ge-<lb/>
brauch kuͤhlender Getraͤnke anordnet. Sehr ſelten wird man<lb/>
uͤbrigens hier die Blutergießung ſelbſt zu copioͤs und in ſo-<lb/>
fern augenblicklich gefahrdrohend finden, indeß wuͤrden wir<lb/>
fuͤr einen ſolchen Fall vorzuͤglich den Gebrauch aromatiſcher<lb/>
Fomentationen (aus <hirendition="#aq">Hb. Serpilli, Absinthii, Melissae</hi> mit<lb/>
Wein vermiſcht) auf den Unterleib, Auftroͤpfeln von Naphtha<lb/>
auf die <hirendition="#aq">regio hypogastria,</hi> und innerlich die Phosphorſaͤure<lb/>
zu 8 bis 15 <choice><sic>Ttopfen</sic><corr>Tropfen</corr></choice> in ſchleimigem Getraͤnk empfehlen.</p></div><lb/><divn="7"><head>§. 150.</head><lb/><p>Was nun ferner die Behandlung unzeitiger Pubertaͤts-<lb/>
entwicklung in Folge gewaltſamer, mehr vom Nervenſyſtem<lb/>
ausgehender Erregung betrifft, ſo muß nothwendig fuͤr die<lb/>
Anordnung ſtrengerer Aufſicht, Verhuͤtung unpaßender Lectuͤre,<lb/>ſchlechten Umganges, der Maſturbation, Verſagung aller er-<lb/>
hitzender Getraͤnke, des Weins, der Chocolade, des Kaffees<lb/>
und gruͤnen Thees, ſo wie ſtark gewuͤrzter Speiſen, erſtes<lb/>
Augenmerk des Arztes ſeyn; allein nicht minder wichtig bleibt<lb/>
es dann ferner, theils die geſteigerte allgemeine und oͤrtliche<lb/>
Senſibilitaͤt herab zu ſtimmen, theils die geſunkene Repro-<lb/>
duktion zu heben. — Was das erſtere betrifft, ſo koͤnnen<lb/>
dazu außer der ſchon erwaͤhnteu Entziehung ſchaͤdlicher Reitze,<lb/>
der haͤufige Gebrauch lauer Baͤder mit Chamillen, Valeriana<lb/>
und aͤhnlichen Aufguͤßen vermiſcht, ferner vorzuͤglich der<lb/>
(außer der Periode der Menſtruation) taͤglich mehrere Male<lb/>
veranſtalteten kalten Waſchungen der Geburtstheile, innerlich<lb/>
aber die Anordnung kuͤhlender Emulſionen und aͤhnlicher<lb/></p></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[112/0132]
§. 149.
Der Blutfluß ſelbſt fordert hier ſonach eigentlich nur
waͤhrend der Periode ſeiner Erſcheinung beſondere
Muͤckſicht; eines Theils naͤmlich wird es nothwendig, hier die
Mittel, welche denſelben irgend verſtaͤrken, oder auch gaͤnz-
lich und ploͤtzlich hemmen koͤnnten, z. B. die Abfuͤhrmittel,
Baͤder, Friktionen u. ſ. w. auszuſetzen, andern Theils iſt aber
auch dafuͤr Sorge zu tragen, ihn in moͤglichſt geringem Grade
zu erhalten, weßhalb man in dieſer Periode beſondere Ruhe
beobachten laͤßt, und die einfachſte Diaͤt, ſo wie den Ge-
brauch kuͤhlender Getraͤnke anordnet. Sehr ſelten wird man
uͤbrigens hier die Blutergießung ſelbſt zu copioͤs und in ſo-
fern augenblicklich gefahrdrohend finden, indeß wuͤrden wir
fuͤr einen ſolchen Fall vorzuͤglich den Gebrauch aromatiſcher
Fomentationen (aus Hb. Serpilli, Absinthii, Melissae mit
Wein vermiſcht) auf den Unterleib, Auftroͤpfeln von Naphtha
auf die regio hypogastria, und innerlich die Phosphorſaͤure
zu 8 bis 15 Tropfen in ſchleimigem Getraͤnk empfehlen.
§. 150.
Was nun ferner die Behandlung unzeitiger Pubertaͤts-
entwicklung in Folge gewaltſamer, mehr vom Nervenſyſtem
ausgehender Erregung betrifft, ſo muß nothwendig fuͤr die
Anordnung ſtrengerer Aufſicht, Verhuͤtung unpaßender Lectuͤre,
ſchlechten Umganges, der Maſturbation, Verſagung aller er-
hitzender Getraͤnke, des Weins, der Chocolade, des Kaffees
und gruͤnen Thees, ſo wie ſtark gewuͤrzter Speiſen, erſtes
Augenmerk des Arztes ſeyn; allein nicht minder wichtig bleibt
es dann ferner, theils die geſteigerte allgemeine und oͤrtliche
Senſibilitaͤt herab zu ſtimmen, theils die geſunkene Repro-
duktion zu heben. — Was das erſtere betrifft, ſo koͤnnen
dazu außer der ſchon erwaͤhnteu Entziehung ſchaͤdlicher Reitze,
der haͤufige Gebrauch lauer Baͤder mit Chamillen, Valeriana
und aͤhnlichen Aufguͤßen vermiſcht, ferner vorzuͤglich der
(außer der Periode der Menſtruation) taͤglich mehrere Male
veranſtalteten kalten Waſchungen der Geburtstheile, innerlich
aber die Anordnung kuͤhlender Emulſionen und aͤhnlicher
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/132>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.