Zwischenreich unter Musa Tschelebi, des Sultan Bajeßids Sohne. Des andern Buches zweytes Hauptstück.
1.
Nachdem Musa Tschelebi mancherley Ungemach ausgestan-Musa wird in Europa zum Kaiser erkläret. den hatte: so gelangte er endlich durch allerhand Ab- wechslungen des Glücks und nach Lieferung hitziger Treffen zu einer Krone, und wurde nach seines Bruders Sülejmans Tode zu Adrianopel von dem gesamten euro- päischen Heere zum Kaiser erkläret.
2.
Indem diese Dinge in Europa vorgingen: so hatte Muhämmed,und Muhämmed in Asien. Herr von Amasien, Sülejmans leiblicher Bruder von einer Mutter, Musas Bruder aber von zweyerley Müttern 1, indessen von Sülejmans Ermordung Nachricht erhalten. Er versammelte daher, um diesen Brudermord zu rächen, so viele Truppen, als ihm möglich war, und bemächtigte sich der Stadt Prusa, da er von seinem Heere zum Kaiser gemacht wurde. Weil er sich aber das Beyspiel seines unglücklichen Bruders zur Lehre dienen ließe: so war er darauf [Spaltenumbruch]
1 zweyerley Müttern] Daß derselbe ein Bruder Sülejman Tschelebis, und Baje- ßids Sohn von einer andern Gemalinn ge- wesen, das ist außer allem Streite. Einige ausländischen Schriftsteller schieben zwar hier einen Orchan, Kalepins oder Sülejmans Sohn, ein, und sagen, derselbe sey von sei- nem Oheim Moises [oder Musa Tschelebi] bey dem Flusse Hebrus, der bey Adrianopel vorbey fließet, erschlagen worden. Allein [Spaltenumbruch] die Falschheit dieser Erzählung wird durch die Zeugnisse der einheimischen Geschichtschreiber genugsam widerleget, als die von keinem Or- chane dieses Ursprungs etwas wissen. Hin- gegen berichten sie uns, daß Musa Tschelebi durch einen von Muhämmeds Soldaten, aus der Schar Seradsche genennet, gefangen ge- nommen und auf Befehl seines Bruders um- gebracht worden sey, wie wir dieses hier- nächst anführen werden.
bedacht,
M 2
Zwiſchenreich unter Muſa Tſchelebi, des Sultan Bajeßids Sohne. Des andern Buches zweytes Hauptſtuͤck.
1.
Nachdem Muſa Tſchelebi mancherley Ungemach ausgeſtan-Muſa wird in Europa zum Kaiſer erklaͤret. den hatte: ſo gelangte er endlich durch allerhand Ab- wechslungen des Gluͤcks und nach Lieferung hitziger Treffen zu einer Krone, und wurde nach ſeines Bruders Suͤlejmans Tode zu Adrianopel von dem geſamten euro- paͤiſchen Heere zum Kaiſer erklaͤret.
2.
Indem dieſe Dinge in Europa vorgingen: ſo hatte Muhaͤmmed,und Muhaͤmmed in Aſien. Herr von Amaſien, Suͤlejmans leiblicher Bruder von einer Mutter, Muſas Bruder aber von zweyerley Muͤttern 1, indeſſen von Suͤlejmans Ermordung Nachricht erhalten. Er verſammelte daher, um dieſen Brudermord zu raͤchen, ſo viele Truppen, als ihm moͤglich war, und bemaͤchtigte ſich der Stadt Pruſa, da er von ſeinem Heere zum Kaiſer gemacht wurde. Weil er ſich aber das Beyſpiel ſeines ungluͤcklichen Bruders zur Lehre dienen ließe: ſo war er darauf [Spaltenumbruch]
1 zweyerley Muͤttern] Daß derſelbe ein Bruder Suͤlejman Tſchelebis, und Baje- ßids Sohn von einer andern Gemalinn ge- weſen, das iſt außer allem Streite. Einige auslaͤndiſchen Schriftſteller ſchieben zwar hier einen Orchan, Kalepins oder Suͤlejmans Sohn, ein, und ſagen, derſelbe ſey von ſei- nem Oheim Moiſes [oder Muſa Tſchelebi] bey dem Fluſſe Hebrus, der bey Adrianopel vorbey fließet, erſchlagen worden. Allein [Spaltenumbruch] die Falſchheit dieſer Erzaͤhlung wird durch die Zeugniſſe der einheimiſchen Geſchichtſchreiber genugſam widerleget, als die von keinem Or- chane dieſes Urſprungs etwas wiſſen. Hin- gegen berichten ſie uns, daß Muſa Tſchelebi durch einen von Muhaͤmmeds Soldaten, aus der Schar Seradſche genennet, gefangen ge- nommen und auf Befehl ſeines Bruders um- gebracht worden ſey, wie wir dieſes hier- naͤchſt anfuͤhren werden.
bedacht,
M 2
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0169"n="91"/><divn="2"><head>Zwiſchenreich unter Muſa Tſchelebi,<lb/>
des Sultan Bajeßids Sohne.<lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
Des andern Buches zweytes Hauptſtuͤck.</head><lb/><divn="3"><head>1.</head><lb/><p><hirendition="#in">N</hi>achdem Muſa Tſchelebi mancherley Ungemach ausgeſtan-<noteplace="right">Muſa wird in<lb/>
Europa zum<lb/>
Kaiſer erklaͤret.</note><lb/>
den hatte: ſo gelangte er endlich durch allerhand Ab-<lb/>
wechslungen des Gluͤcks und nach Lieferung hitziger<lb/>
Treffen zu einer Krone, und wurde nach ſeines Bruders<lb/>
Suͤlejmans Tode zu Adrianopel von dem geſamten euro-<lb/>
paͤiſchen Heere zum Kaiſer erklaͤret.</p></div><lb/><divn="3"><head>2.</head><p>Indem dieſe Dinge in Europa vorgingen: ſo hatte Muhaͤmmed,<noteplace="right">und Muhaͤmmed<lb/>
in Aſien.</note><lb/>
Herr von Amaſien, Suͤlejmans leiblicher Bruder von einer Mutter, Muſas<lb/>
Bruder aber von zweyerley Muͤttern <noteplace="end"n="1"/>, indeſſen von Suͤlejmans Ermordung<lb/>
Nachricht erhalten. Er verſammelte daher, um dieſen Brudermord zu raͤchen,<lb/>ſo viele Truppen, als ihm moͤglich war, und bemaͤchtigte ſich der Stadt Pruſa,<lb/>
da er von ſeinem Heere zum Kaiſer gemacht wurde. Weil er ſich aber das<lb/>
Beyſpiel ſeines ungluͤcklichen Bruders zur Lehre dienen ließe: ſo war er darauf<lb/><fwplace="bottom"type="catch">bedacht,</fw><lb/><cbn="1"/><lb/><noteplace="end"n="1">zweyerley Muͤttern] Daß derſelbe<lb/>
ein Bruder Suͤlejman Tſchelebis, und Baje-<lb/>
ßids Sohn von einer andern Gemalinn ge-<lb/>
weſen, das iſt außer allem Streite. Einige<lb/>
auslaͤndiſchen Schriftſteller ſchieben zwar hier<lb/>
einen Orchan, Kalepins oder Suͤlejmans<lb/>
Sohn, ein, und ſagen, derſelbe ſey von ſei-<lb/>
nem Oheim Moiſes [oder Muſa Tſchelebi]<lb/>
bey dem Fluſſe Hebrus, der bey Adrianopel<lb/>
vorbey fließet, erſchlagen worden. Allein<lb/><cbn="2"/><lb/>
die Falſchheit dieſer Erzaͤhlung wird durch die<lb/>
Zeugniſſe der einheimiſchen Geſchichtſchreiber<lb/>
genugſam widerleget, als die von keinem Or-<lb/>
chane dieſes Urſprungs etwas wiſſen. Hin-<lb/>
gegen berichten ſie uns, daß Muſa Tſchelebi<lb/>
durch einen von Muhaͤmmeds Soldaten, aus<lb/>
der Schar Seradſche genennet, gefangen ge-<lb/>
nommen und auf Befehl ſeines Bruders um-<lb/>
gebracht worden ſey, wie wir dieſes hier-<lb/>
naͤchſt anfuͤhren werden.</note><lb/><fwplace="bottom"type="sig">M 2</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[91/0169]
Zwiſchenreich unter Muſa Tſchelebi,
des Sultan Bajeßids Sohne.
Des andern Buches zweytes Hauptſtuͤck.
1.
Nachdem Muſa Tſchelebi mancherley Ungemach ausgeſtan-
den hatte: ſo gelangte er endlich durch allerhand Ab-
wechslungen des Gluͤcks und nach Lieferung hitziger
Treffen zu einer Krone, und wurde nach ſeines Bruders
Suͤlejmans Tode zu Adrianopel von dem geſamten euro-
paͤiſchen Heere zum Kaiſer erklaͤret.
Muſa wird in
Europa zum
Kaiſer erklaͤret.
2. Indem dieſe Dinge in Europa vorgingen: ſo hatte Muhaͤmmed,
Herr von Amaſien, Suͤlejmans leiblicher Bruder von einer Mutter, Muſas
Bruder aber von zweyerley Muͤttern
¹
, indeſſen von Suͤlejmans Ermordung
Nachricht erhalten. Er verſammelte daher, um dieſen Brudermord zu raͤchen,
ſo viele Truppen, als ihm moͤglich war, und bemaͤchtigte ſich der Stadt Pruſa,
da er von ſeinem Heere zum Kaiſer gemacht wurde. Weil er ſich aber das
Beyſpiel ſeines ungluͤcklichen Bruders zur Lehre dienen ließe: ſo war er darauf
bedacht,
¹ zweyerley Muͤttern] Daß derſelbe
ein Bruder Suͤlejman Tſchelebis, und Baje-
ßids Sohn von einer andern Gemalinn ge-
weſen, das iſt außer allem Streite. Einige
auslaͤndiſchen Schriftſteller ſchieben zwar hier
einen Orchan, Kalepins oder Suͤlejmans
Sohn, ein, und ſagen, derſelbe ſey von ſei-
nem Oheim Moiſes [oder Muſa Tſchelebi]
bey dem Fluſſe Hebrus, der bey Adrianopel
vorbey fließet, erſchlagen worden. Allein
die Falſchheit dieſer Erzaͤhlung wird durch die
Zeugniſſe der einheimiſchen Geſchichtſchreiber
genugſam widerleget, als die von keinem Or-
chane dieſes Urſprungs etwas wiſſen. Hin-
gegen berichten ſie uns, daß Muſa Tſchelebi
durch einen von Muhaͤmmeds Soldaten, aus
der Schar Seradſche genennet, gefangen ge-
nommen und auf Befehl ſeines Bruders um-
gebracht worden ſey, wie wir dieſes hier-
naͤchſt anfuͤhren werden.
und Muhaͤmmed
in Aſien.
M 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/169>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.