Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Cancrin, Franz Ludwig von: Beschreibung der vorzüglichsten Bergwerke. Frankfurt (Main), 1767.

Bild:
<< vorherige Seite
Das erste Stük
Die dritte Abhandlung
von dem Grubenbau.
Das erste Kapittel
von dem Grubenbau an und vor sich selbst.
§. 14.

Weil die Erd- und die Steinlagen vom Tage nieder, aus einem lettigten schieferi-
chen und gebrechem Gebirg bestehen (§. 8.), das einen sehr starken Druk hat:
So erfordern auch die Schächte, sowol in dem Gnaden- als Freudenthal eine gute
Verzimmerung. An den meisten Orten, wo das Gestein nicht stehen will, liegt daher
Joch auf Joch, doch findet man auch Gegenden, wo die Jöcher 1/2 Lachter von einander
liegen, und an andern Orten sind die Schächte da, wo es fest ist, gar nicht verzim-
mert, sondern sie stehen, wie man sagt, in dem Ganzen.

§. 15.

Es sind auf diesem Werk nicht viele Schächte in dem Gang. Jn dem Gnadenthal
zählet man folgende, die Erz fördern: Den Prinz Wilhelm, und den neuen Seegen:
Jn dem Freudenthal aber, die Hofnung, die Prinzessin Charlotte, und den Prinz
Georg.
Jhre Teufe erstrekt sich bis auf 20 und 30 Lachter. Sie sind etliche Hundert
Lachter von einander entfernt, und sie sollen 60, 70 und mehrere Jahre gehen.

§. 16.

Da die Erze flözweis liegen (§. 8.): So werden dieselbe durch Hülfe des Gezähes
strebweis heraus gehauen. Das gewonnene Erz wird mit den sogenanten Hunden,
welche kleine mit vier Rädern versehene Kasten sind, die 11/2 Kübell enthalten, durch
lange Strekken gefördert, und von da zu Tag gezogen. Das Dach, oder die zuerst
über dem Flöz liegende Steinlage, darf, wie man sagt, nicht durchbrochen werden,
weil sie der Gefahr des Einsturzes zu sehr unterworfen ist, und mit keinem Holz zu er-
halten stehet. Die Strekken sind daher nicht höher, als 21/2 Fus, und sie stehen ohne
Zimmerung in dem Ganzen. Jhre Niedrigkeit ist die Ursach, daß man in ihnen auf
Händen und Füsen kriechen muß. Erbärmliche Art zu fahren! Wie sauer wird denen
Jungen ihre Arbeit, wann sie die Hunde vor sich her drükken, und auf Händen und
Füsen gehen müssen! Wenn das eigentliche Fahren eine so saure Arbeit wäre, als diese:
So würde Jedermann zu Fus gehen. Jener uneigentliche und verführerische Nahme,
den man der Durchwanderung unterirdischer Gegenden beigelegt hat, ist inzwischen
dazu recht gut, um dieienige zu der Besichtigung der Eingeweide der Erde zu bewegen,
die sie gern kennen lernen wollen, aber ihre Glieder weder beschmuzzen noch ermüden,
und in Gefahr begeben wollen. Wie unangenehm ist es auch nicht, wann zarte Hände
beschmieret, und durch Schwühlen verunehrt werden!

§. 17.
Das erſte Stuͤk
Die dritte Abhandlung
von dem Grubenbau.
Das erſte Kapittel
von dem Grubenbau an und vor ſich ſelbſt.
§. 14.

Weil die Erd- und die Steinlagen vom Tage nieder, aus einem lettigten ſchieferi-
chen und gebrechem Gebirg beſtehen (§. 8.), das einen ſehr ſtarken Druk hat:
So erfordern auch die Schaͤchte, ſowol in dem Gnaden- als Freudenthal eine gute
Verzimmerung. An den meiſten Orten, wo das Geſtein nicht ſtehen will, liegt daher
Joch auf Joch, doch findet man auch Gegenden, wo die Joͤcher ½ Lachter von einander
liegen, und an andern Orten ſind die Schaͤchte da, wo es feſt iſt, gar nicht verzim-
mert, ſondern ſie ſtehen, wie man ſagt, in dem Ganzen.

§. 15.

Es ſind auf dieſem Werk nicht viele Schaͤchte in dem Gang. Jn dem Gnadenthal
zaͤhlet man folgende, die Erz foͤrdern: Den Prinz Wilhelm, und den neuen Seegen:
Jn dem Freudenthal aber, die Hofnung, die Prinzeſſin Charlotte, und den Prinz
Georg.
Jhre Teufe erſtrekt ſich bis auf 20 und 30 Lachter. Sie ſind etliche Hundert
Lachter von einander entfernt, und ſie ſollen 60, 70 und mehrere Jahre gehen.

§. 16.

Da die Erze floͤzweis liegen (§. 8.): So werden dieſelbe durch Huͤlfe des Gezaͤhes
ſtrebweis heraus gehauen. Das gewonnene Erz wird mit den ſogenanten Hunden,
welche kleine mit vier Raͤdern verſehene Kaſten ſind, die 1½ Kuͤbell enthalten, durch
lange Strekken gefoͤrdert, und von da zu Tag gezogen. Das Dach, oder die zuerſt
uͤber dem Floͤz liegende Steinlage, darf, wie man ſagt, nicht durchbrochen werden,
weil ſie der Gefahr des Einſturzes zu ſehr unterworfen iſt, und mit keinem Holz zu er-
halten ſtehet. Die Strekken ſind daher nicht hoͤher, als 2½ Fus, und ſie ſtehen ohne
Zimmerung in dem Ganzen. Jhre Niedrigkeit iſt die Urſach, daß man in ihnen auf
Haͤnden und Fuͤſen kriechen muß. Erbaͤrmliche Art zu fahren! Wie ſauer wird denen
Jungen ihre Arbeit, wann ſie die Hunde vor ſich her druͤkken, und auf Haͤnden und
Fuͤſen gehen muͤſſen! Wenn das eigentliche Fahren eine ſo ſaure Arbeit waͤre, als dieſe:
So wuͤrde Jedermann zu Fus gehen. Jener uneigentliche und verfuͤhreriſche Nahme,
den man der Durchwanderung unterirdiſcher Gegenden beigelegt hat, iſt inzwiſchen
dazu recht gut, um dieienige zu der Beſichtigung der Eingeweide der Erde zu bewegen,
die ſie gern kennen lernen wollen, aber ihre Glieder weder beſchmuzzen noch ermuͤden,
und in Gefahr begeben wollen. Wie unangenehm iſt es auch nicht, wann zarte Haͤnde
beſchmieret, und durch Schwuͤhlen verunehrt werden!

§. 17.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0028" n="8"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das er&#x017F;te Stu&#x0364;k</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Die dritte Abhandlung<lb/>
von dem Grubenbau.</hi> </head><lb/>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#fr">Das er&#x017F;te Kapittel</hi><lb/>
von dem Grubenbau an und vor &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t.</head><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 14.</head><lb/>
              <p><hi rendition="#in">W</hi>eil die Erd- und die Steinlagen vom Tage nieder, aus einem lettigten &#x017F;chieferi-<lb/>
chen und gebrechem Gebirg be&#x017F;tehen (§. 8.), das einen &#x017F;ehr &#x017F;tarken Druk hat:<lb/>
So erfordern auch die Scha&#x0364;chte, &#x017F;owol in dem Gnaden- als Freudenthal eine gute<lb/>
Verzimmerung. An den mei&#x017F;ten Orten, wo das Ge&#x017F;tein nicht &#x017F;tehen will, liegt daher<lb/><hi rendition="#fr">Joch auf Joch,</hi> doch findet man auch Gegenden, wo die Jo&#x0364;cher ½ Lachter von einander<lb/>
liegen, und an andern Orten &#x017F;ind die Scha&#x0364;chte da, wo es fe&#x017F;t i&#x017F;t, gar nicht verzim-<lb/>
mert, &#x017F;ondern &#x017F;ie &#x017F;tehen, wie man &#x017F;agt, <hi rendition="#fr">in dem Ganzen.</hi></p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 15.</head><lb/>
              <p>Es &#x017F;ind auf die&#x017F;em Werk nicht viele Scha&#x0364;chte in dem Gang. Jn dem Gnadenthal<lb/>
za&#x0364;hlet man folgende, die Erz fo&#x0364;rdern: Den <hi rendition="#fr">Prinz Wilhelm,</hi> und den <hi rendition="#fr">neuen Seegen:</hi><lb/>
Jn dem Freudenthal aber, die <hi rendition="#fr">Hofnung,</hi> die <hi rendition="#fr">Prinze&#x017F;&#x017F;in Charlotte,</hi> und den <hi rendition="#fr">Prinz<lb/>
Georg.</hi> Jhre Teufe er&#x017F;trekt &#x017F;ich bis auf 20 und 30 Lachter. Sie &#x017F;ind etliche Hundert<lb/>
Lachter von einander entfernt, und &#x017F;ie &#x017F;ollen 60, 70 und mehrere Jahre gehen.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 16.</head><lb/>
              <p>Da die Erze flo&#x0364;zweis liegen (§. 8.): So werden die&#x017F;elbe durch Hu&#x0364;lfe des Geza&#x0364;hes<lb/>
&#x017F;trebweis heraus gehauen. Das gewonnene Erz wird mit den &#x017F;ogenanten <hi rendition="#fr">Hunden,</hi><lb/>
welche kleine mit vier Ra&#x0364;dern ver&#x017F;ehene Ka&#x017F;ten &#x017F;ind, die 1½ Ku&#x0364;bell enthalten, durch<lb/>
lange Strekken gefo&#x0364;rdert, und von da zu Tag gezogen. Das Dach, oder die zuer&#x017F;t<lb/>
u&#x0364;ber dem Flo&#x0364;z liegende Steinlage, darf, wie man &#x017F;agt, nicht durchbrochen werden,<lb/>
weil &#x017F;ie der Gefahr des Ein&#x017F;turzes zu &#x017F;ehr unterworfen i&#x017F;t, und mit keinem Holz zu er-<lb/>
halten &#x017F;tehet. Die Strekken &#x017F;ind daher nicht ho&#x0364;her, als 2½ Fus, und &#x017F;ie &#x017F;tehen ohne<lb/>
Zimmerung in dem Ganzen. Jhre Niedrigkeit i&#x017F;t die Ur&#x017F;ach, daß man in ihnen auf<lb/>
Ha&#x0364;nden und Fu&#x0364;&#x017F;en kriechen muß. Erba&#x0364;rmliche Art zu fahren! Wie &#x017F;auer wird denen<lb/>
Jungen ihre Arbeit, wann &#x017F;ie die Hunde vor &#x017F;ich her dru&#x0364;kken, und auf Ha&#x0364;nden und<lb/>
Fu&#x0364;&#x017F;en gehen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en! Wenn das eigentliche Fahren eine &#x017F;o &#x017F;aure Arbeit wa&#x0364;re, als die&#x017F;e:<lb/>
So wu&#x0364;rde Jedermann zu Fus gehen. Jener uneigentliche und verfu&#x0364;hreri&#x017F;che Nahme,<lb/>
den man der Durchwanderung unterirdi&#x017F;cher Gegenden beigelegt hat, i&#x017F;t inzwi&#x017F;chen<lb/>
dazu recht gut, um dieienige zu der Be&#x017F;ichtigung der Eingeweide der Erde zu bewegen,<lb/>
die &#x017F;ie gern kennen lernen wollen, aber ihre Glieder weder be&#x017F;chmuzzen noch ermu&#x0364;den,<lb/>
und in Gefahr begeben wollen. Wie unangenehm i&#x017F;t es auch nicht, wann zarte Ha&#x0364;nde<lb/>
be&#x017F;chmieret, und durch Schwu&#x0364;hlen verunehrt werden!</p>
            </div><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">§. 17.</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[8/0028] Das erſte Stuͤk Die dritte Abhandlung von dem Grubenbau. Das erſte Kapittel von dem Grubenbau an und vor ſich ſelbſt. §. 14. Weil die Erd- und die Steinlagen vom Tage nieder, aus einem lettigten ſchieferi- chen und gebrechem Gebirg beſtehen (§. 8.), das einen ſehr ſtarken Druk hat: So erfordern auch die Schaͤchte, ſowol in dem Gnaden- als Freudenthal eine gute Verzimmerung. An den meiſten Orten, wo das Geſtein nicht ſtehen will, liegt daher Joch auf Joch, doch findet man auch Gegenden, wo die Joͤcher ½ Lachter von einander liegen, und an andern Orten ſind die Schaͤchte da, wo es feſt iſt, gar nicht verzim- mert, ſondern ſie ſtehen, wie man ſagt, in dem Ganzen. §. 15. Es ſind auf dieſem Werk nicht viele Schaͤchte in dem Gang. Jn dem Gnadenthal zaͤhlet man folgende, die Erz foͤrdern: Den Prinz Wilhelm, und den neuen Seegen: Jn dem Freudenthal aber, die Hofnung, die Prinzeſſin Charlotte, und den Prinz Georg. Jhre Teufe erſtrekt ſich bis auf 20 und 30 Lachter. Sie ſind etliche Hundert Lachter von einander entfernt, und ſie ſollen 60, 70 und mehrere Jahre gehen. §. 16. Da die Erze floͤzweis liegen (§. 8.): So werden dieſelbe durch Huͤlfe des Gezaͤhes ſtrebweis heraus gehauen. Das gewonnene Erz wird mit den ſogenanten Hunden, welche kleine mit vier Raͤdern verſehene Kaſten ſind, die 1½ Kuͤbell enthalten, durch lange Strekken gefoͤrdert, und von da zu Tag gezogen. Das Dach, oder die zuerſt uͤber dem Floͤz liegende Steinlage, darf, wie man ſagt, nicht durchbrochen werden, weil ſie der Gefahr des Einſturzes zu ſehr unterworfen iſt, und mit keinem Holz zu er- halten ſtehet. Die Strekken ſind daher nicht hoͤher, als 2½ Fus, und ſie ſtehen ohne Zimmerung in dem Ganzen. Jhre Niedrigkeit iſt die Urſach, daß man in ihnen auf Haͤnden und Fuͤſen kriechen muß. Erbaͤrmliche Art zu fahren! Wie ſauer wird denen Jungen ihre Arbeit, wann ſie die Hunde vor ſich her druͤkken, und auf Haͤnden und Fuͤſen gehen muͤſſen! Wenn das eigentliche Fahren eine ſo ſaure Arbeit waͤre, als dieſe: So wuͤrde Jedermann zu Fus gehen. Jener uneigentliche und verfuͤhreriſche Nahme, den man der Durchwanderung unterirdiſcher Gegenden beigelegt hat, iſt inzwiſchen dazu recht gut, um dieienige zu der Beſichtigung der Eingeweide der Erde zu bewegen, die ſie gern kennen lernen wollen, aber ihre Glieder weder beſchmuzzen noch ermuͤden, und in Gefahr begeben wollen. Wie unangenehm iſt es auch nicht, wann zarte Haͤnde beſchmieret, und durch Schwuͤhlen verunehrt werden! §. 17.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cancrin_beschreibung_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cancrin_beschreibung_1767/28
Zitationshilfe: Cancrin, Franz Ludwig von: Beschreibung der vorzüglichsten Bergwerke. Frankfurt (Main), 1767, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cancrin_beschreibung_1767/28>, abgerufen am 03.12.2024.