Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite
Bildung des Arztes.
§ 612.

Nur mit diesen Kenntnissen größtentheils schon ausge-
rüstet, darf man zum Studium der Heilkunst schreiten;
denn je länger man das Studium der Sprachen aufschiebt,
desto schwieriger wird diese Uebung des Gedächtnisses, desto
unangenehmer und trockener wird es, besonders bey den tod-
ten Sprachen, und desto kostbarer wird endlich die Zeit.
Man schiebe also dieses Studium ja nicht auf, weil seine
Vernachlässigung sich nur zu sehr, und für die ganze Lebens-
zeit rächt.



Zweytes Kapitel.
Historische Wissenschaften
.


§ 613.

In sofern die Heilkunst nur durch einen gebildeten Mann
realisirt werden kann, muß der Erlernung derselben auch
das Studium der Geschichte und ihrer verschiedenen Grund-
wissenschaften, besonders der Geographie und Antiquitäten,
vorausgehen.

§ 614.

Denn dieses Studium befriedigt eine edle Wißbegierde,
bereichert die Erfahrung, berichtigt die Urtheile über die Vor-
fälle der Gegenwart, schärft die Urtheilskraft, und trägt
ganz besonders zu einer ächten Aufklärung bey.

§ 615.

Eben so dringend bedarf der Arzt der allgemeinen Welt-
geschichte, in wiefern er die Geschichte seiner Kunst studiren
muß. Diese wird nämlich, da die Ereignisse im Gebiete
der Politik und der Wissenschaften so nahe mit einander ver-

knüpft
Bildung des Arztes.
§ 612.

Nur mit dieſen Kenntniſſen groͤßtentheils ſchon ausge-
ruͤſtet, darf man zum Studium der Heilkunſt ſchreiten;
denn je laͤnger man das Studium der Sprachen aufſchiebt,
deſto ſchwieriger wird dieſe Uebung des Gedaͤchtniſſes, deſto
unangenehmer und trockener wird es, beſonders bey den tod-
ten Sprachen, und deſto koſtbarer wird endlich die Zeit.
Man ſchiebe alſo dieſes Studium ja nicht auf, weil ſeine
Vernachlaͤſſigung ſich nur zu ſehr, und fuͤr die ganze Lebens-
zeit raͤcht.



Zweytes Kapitel.
Hiſtoriſche Wiſſenſchaften
.


§ 613.

In ſofern die Heilkunſt nur durch einen gebildeten Mann
realiſirt werden kann, muß der Erlernung derſelben auch
das Studium der Geſchichte und ihrer verſchiedenen Grund-
wiſſenſchaften, beſonders der Geographie und Antiquitaͤten,
vorausgehen.

§ 614.

Denn dieſes Studium befriedigt eine edle Wißbegierde,
bereichert die Erfahrung, berichtigt die Urtheile uͤber die Vor-
faͤlle der Gegenwart, ſchaͤrft die Urtheilskraft, und traͤgt
ganz beſonders zu einer aͤchten Aufklaͤrung bey.

§ 615.

Eben ſo dringend bedarf der Arzt der allgemeinen Welt-
geſchichte, in wiefern er die Geſchichte ſeiner Kunſt ſtudiren
muß. Dieſe wird naͤmlich, da die Ereigniſſe im Gebiete
der Politik und der Wiſſenſchaften ſo nahe mit einander ver-

knuͤpft
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <div n="4">
            <div n="5">
              <div n="6">
                <div n="7">
                  <pb facs="#f0207" n="189"/>
                  <fw place="top" type="header">Bildung des Arztes.</fw><lb/>
                  <div n="8">
                    <head>§ 612.</head><lb/>
                    <p>Nur mit die&#x017F;en Kenntni&#x017F;&#x017F;en gro&#x0364;ßtentheils &#x017F;chon ausge-<lb/>
ru&#x0364;&#x017F;tet, darf man zum Studium der Heilkun&#x017F;t &#x017F;chreiten;<lb/>
denn je la&#x0364;nger man das Studium der Sprachen auf&#x017F;chiebt,<lb/>
de&#x017F;to &#x017F;chwieriger wird die&#x017F;e Uebung des Geda&#x0364;chtni&#x017F;&#x017F;es, de&#x017F;to<lb/>
unangenehmer und trockener wird es, be&#x017F;onders bey den tod-<lb/>
ten Sprachen, und de&#x017F;to ko&#x017F;tbarer wird endlich die Zeit.<lb/>
Man &#x017F;chiebe al&#x017F;o die&#x017F;es Studium ja nicht auf, weil &#x017F;eine<lb/>
Vernachla&#x0364;&#x017F;&#x017F;igung &#x017F;ich nur zu &#x017F;ehr, und fu&#x0364;r die ganze Lebens-<lb/>
zeit ra&#x0364;cht.</p>
                  </div>
                </div><lb/>
                <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
                <div n="7">
                  <head><hi rendition="#g">Zweytes Kapitel.<lb/>
Hi&#x017F;tori&#x017F;che Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften</hi>.</head><lb/>
                  <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
                  <div n="8">
                    <head>§ 613.</head><lb/>
                    <p>In &#x017F;ofern die Heilkun&#x017F;t nur durch einen gebildeten Mann<lb/>
reali&#x017F;irt werden kann, muß der Erlernung der&#x017F;elben auch<lb/>
das Studium der Ge&#x017F;chichte und ihrer ver&#x017F;chiedenen Grund-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften, be&#x017F;onders der Geographie und Antiquita&#x0364;ten,<lb/>
vora<choice><sic>n</sic><corr>u</corr></choice>sgehen.</p>
                  </div><lb/>
                  <div n="8">
                    <head>§ 614.</head><lb/>
                    <p>Denn die&#x017F;es Studium befriedigt eine edle Wißbegierde,<lb/>
bereichert die Erfahrung, berichtigt die Urtheile u&#x0364;ber die Vor-<lb/>
fa&#x0364;lle der Gegenwart, &#x017F;cha&#x0364;rft die Urtheilskraft, und tra&#x0364;gt<lb/>
ganz be&#x017F;onders zu einer a&#x0364;chten Aufkla&#x0364;rung bey.</p>
                  </div><lb/>
                  <div n="8">
                    <head>§ 615.</head><lb/>
                    <p>Eben &#x017F;o dringend bedarf der Arzt der allgemeinen Welt-<lb/>
ge&#x017F;chichte, in wiefern er die Ge&#x017F;chichte &#x017F;einer Kun&#x017F;t &#x017F;tudiren<lb/>
muß. Die&#x017F;e wird na&#x0364;mlich, da die Ereigni&#x017F;&#x017F;e im Gebiete<lb/>
der Politik und der Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften &#x017F;o nahe mit einander ver-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">knu&#x0364;pft</fw><lb/></p>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[189/0207] Bildung des Arztes. § 612. Nur mit dieſen Kenntniſſen groͤßtentheils ſchon ausge- ruͤſtet, darf man zum Studium der Heilkunſt ſchreiten; denn je laͤnger man das Studium der Sprachen aufſchiebt, deſto ſchwieriger wird dieſe Uebung des Gedaͤchtniſſes, deſto unangenehmer und trockener wird es, beſonders bey den tod- ten Sprachen, und deſto koſtbarer wird endlich die Zeit. Man ſchiebe alſo dieſes Studium ja nicht auf, weil ſeine Vernachlaͤſſigung ſich nur zu ſehr, und fuͤr die ganze Lebens- zeit raͤcht. Zweytes Kapitel. Hiſtoriſche Wiſſenſchaften. § 613. In ſofern die Heilkunſt nur durch einen gebildeten Mann realiſirt werden kann, muß der Erlernung derſelben auch das Studium der Geſchichte und ihrer verſchiedenen Grund- wiſſenſchaften, beſonders der Geographie und Antiquitaͤten, vorausgehen. § 614. Denn dieſes Studium befriedigt eine edle Wißbegierde, bereichert die Erfahrung, berichtigt die Urtheile uͤber die Vor- faͤlle der Gegenwart, ſchaͤrft die Urtheilskraft, und traͤgt ganz beſonders zu einer aͤchten Aufklaͤrung bey. § 615. Eben ſo dringend bedarf der Arzt der allgemeinen Welt- geſchichte, in wiefern er die Geſchichte ſeiner Kunſt ſtudiren muß. Dieſe wird naͤmlich, da die Ereigniſſe im Gebiete der Politik und der Wiſſenſchaften ſo nahe mit einander ver- knuͤpft

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/burdach_propaedeutik_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/burdach_propaedeutik_1800/207
Zitationshilfe: Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burdach_propaedeutik_1800/207>, abgerufen am 21.12.2024.