Bey jedem Volke, unter jedem Himmelsstriche giebt es Krankheiten, denn sie sind vermöge der ursprünglichen Ein- richtung der menschlichen Natur unvermeidlich (§. 30 -- 32), und da nun eine Kunst, Krankheiten zu heilen, möglich ist (§. 40), so bedarf jedes Volk solcher Künstler.
§ 457.
Niemand kann aber sagen, daß er eine Krankheit hei- len könne, so lange er sie nicht nach ihren Erscheinungen, Ursachen und Würkungen möglichst vollständig kennt; und hierauf gestützt, eine allgemeine Richtschnur seines Verfah- rens festsetzt.
§ 458.
Arzt ist also derjenige, welcher die Krankheiten er- kennt, und nach einem, auf dieser Kenntniß beruhenden Plane, durch bestimmte Mittel heilt.
Fr. Hoffmanni diss. de differentia medici et practici me- dicinae. Hal. 716. 4.
§ 459.
Um also Arzt zu seyn, wird die Kenntniß der gesamm- ten Natur, und eine genaue Bekanntschaft mit dem ganzen Wesen des Menschen und seiner Krankheiten, so wie der
Heil-
J 5
Erſter Theil. Der Stand des Arztes.
§ 456.
Bey jedem Volke, unter jedem Himmelsſtriche giebt es Krankheiten, denn ſie ſind vermoͤge der urſpruͤnglichen Ein- richtung der menſchlichen Natur unvermeidlich (§. 30 — 32), und da nun eine Kunſt, Krankheiten zu heilen, moͤglich iſt (§. 40), ſo bedarf jedes Volk ſolcher Kuͤnſtler.
§ 457.
Niemand kann aber ſagen, daß er eine Krankheit hei- len koͤnne, ſo lange er ſie nicht nach ihren Erſcheinungen, Urſachen und Wuͤrkungen moͤglichſt vollſtaͤndig kennt; und hierauf geſtuͤtzt, eine allgemeine Richtſchnur ſeines Verfah- rens feſtſetzt.
§ 458.
Arzt iſt alſo derjenige, welcher die Krankheiten er- kennt, und nach einem, auf dieſer Kenntniß beruhenden Plane, durch beſtimmte Mittel heilt.
Fr. Hoffmanni diſſ. de differentia medici et practici me- dicinae. Hal. 716. 4.
§ 459.
Um alſo Arzt zu ſeyn, wird die Kenntniß der geſamm- ten Natur, und eine genaue Bekanntſchaft mit dem ganzen Weſen des Menſchen und ſeiner Krankheiten, ſo wie der
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Erſter Theil.
Der Stand des Arztes.
§ 456.
Bey jedem Volke, unter jedem Himmelsſtriche giebt es
Krankheiten, denn ſie ſind vermoͤge der urſpruͤnglichen Ein-
richtung der menſchlichen Natur unvermeidlich (§. 30 — 32),
und da nun eine Kunſt, Krankheiten zu heilen, moͤglich iſt
(§. 40), ſo bedarf jedes Volk ſolcher Kuͤnſtler.
§ 457.
Niemand kann aber ſagen, daß er eine Krankheit hei-
len koͤnne, ſo lange er ſie nicht nach ihren Erſcheinungen,
Urſachen und Wuͤrkungen moͤglichſt vollſtaͤndig kennt; und
hierauf geſtuͤtzt, eine allgemeine Richtſchnur ſeines Verfah-
rens feſtſetzt.
§ 458.
Arzt iſt alſo derjenige, welcher die Krankheiten er-
kennt, und nach einem, auf dieſer Kenntniß beruhenden
Plane, durch beſtimmte Mittel heilt.
Fr. Hoffmanni diſſ. de differentia medici et practici me-
dicinae. Hal. 716. 4.
§ 459.
Um alſo Arzt zu ſeyn, wird die Kenntniß der geſamm-
ten Natur, und eine genaue Bekanntſchaft mit dem ganzen
Weſen des Menſchen und ſeiner Krankheiten, ſo wie der
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Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burdach_propaedeutik_1800/155>, abgerufen am 16.07.2024.
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