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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.

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3. Abschnitt.Unendlich viel verdankte das griechische Studium der Officin
des Aldo Manucci zu Venedig, wo die wichtigsten und
umfangreichsten Autoren zum erstenmal griechisch gedruckt
wurden. Aldo wagte seine Habe dabei; er war ein Editor
und Verleger wie die Welt wenige gehabt hat.

Orientalische
Studien.
Daß neben den classischen Studien auch die orientali-
schen einen ziemlich bedeutenden Umfang gewannen, ist we-
nigstens hier mit einem Worte zu erwähnen. An die
dogmatische Polemik gegen die Juden knüpfte sich zuerst
bei Giannozzo Mannetti 1), einem großen florentinischen
Gelehrten und Staatsmann (st. 1459), die Erlernung des
Hebräischen und der ganzen jüdischen Wissenschaft; sein
Sohn Agnolo mußte von Kindheit auf lateinisch, griechisch
und hebräisch lernen; ja Papst Nicolaus V. ließ von
Giannozzo die ganze Bibel neu übersetzen, indem die phi-
lologische Gesinnung jener Zeit darauf hindrängte, die
Vulgata aufzugeben 2). Auch sonst nahm mehr als ein
Humanist das Hebräische lange vor Reuchlin mit in seine
Studien auf und Pico della Mirandola besaß das ganze
talmudische und philosophische Wissen eines gelehrten Rab-
biners. Auf das Arabische kam man am ehesten von Seiten
der Medicin, welche sich mit den ältern lateinischen Ueber-
setzungen der großen arabischen Aerzte nicht mehr begnügen
wollte; den äußern Anlaß boten etwa die venezianischen
Consulate im Orient, welche italienische Aerzte unterhielten.
Hieronimo Ramusio, ein venezianischer Arzt, übersetzte aus
dem Arabischen und starb in Damascus. Andrea Mongajo

II, p. 19 der Einleitung. -- Für Rimini bleibt es ungewiß, ob
griechisch docirt wurde; vgl. Anced. litt. II, p. 300.
1) Vespas. Fior. p. 48. 476. 578. 614. -- Auch Fra Ambrogio
Camaldolese konnte hebräisch. Ibid. p. 320.
2) Sixtus IV, der das Gebäude für die Vaticana errichtete und die-
selbe durch viele Ankäufe vermehrte, warf auch Besoldungen für la-
teinische, griechische und hebräische Scriptoren (librarios) aus. Pla-
tina, vita Sixti IV, p.
332.

3. Abſchnitt.Unendlich viel verdankte das griechiſche Studium der Officin
des Aldo Manucci zu Venedig, wo die wichtigſten und
umfangreichſten Autoren zum erſtenmal griechiſch gedruckt
wurden. Aldo wagte ſeine Habe dabei; er war ein Editor
und Verleger wie die Welt wenige gehabt hat.

Orientaliſche
Studien.
Daß neben den claſſiſchen Studien auch die orientali-
ſchen einen ziemlich bedeutenden Umfang gewannen, iſt we-
nigſtens hier mit einem Worte zu erwähnen. An die
dogmatiſche Polemik gegen die Juden knüpfte ſich zuerſt
bei Giannozzo Mannetti 1), einem großen florentiniſchen
Gelehrten und Staatsmann (ſt. 1459), die Erlernung des
Hebräiſchen und der ganzen jüdiſchen Wiſſenſchaft; ſein
Sohn Agnolo mußte von Kindheit auf lateiniſch, griechiſch
und hebräiſch lernen; ja Papſt Nicolaus V. ließ von
Giannozzo die ganze Bibel neu überſetzen, indem die phi-
lologiſche Geſinnung jener Zeit darauf hindrängte, die
Vulgata aufzugeben 2). Auch ſonſt nahm mehr als ein
Humaniſt das Hebräiſche lange vor Reuchlin mit in ſeine
Studien auf und Pico della Mirandola beſaß das ganze
talmudiſche und philoſophiſche Wiſſen eines gelehrten Rab-
biners. Auf das Arabiſche kam man am eheſten von Seiten
der Medicin, welche ſich mit den ältern lateiniſchen Ueber-
ſetzungen der großen arabiſchen Aerzte nicht mehr begnügen
wollte; den äußern Anlaß boten etwa die venezianiſchen
Conſulate im Orient, welche italieniſche Aerzte unterhielten.
Hieronimo Ramuſio, ein venezianiſcher Arzt, überſetzte aus
dem Arabiſchen und ſtarb in Damascus. Andrea Mongajo

II, p. 19 der Einleitung. — Für Rimini bleibt es ungewiß, ob
griechiſch docirt wurde; vgl. Anced. litt. II, p. 300.
1) Vespas. Fior. p. 48. 476. 578. 614. — Auch Fra Ambrogio
Camaldoleſe konnte hebräiſch. Ibid. p. 320.
2) Sixtus IV, der das Gebäude für die Vaticana errichtete und die-
ſelbe durch viele Ankäufe vermehrte, warf auch Beſoldungen für la-
teiniſche, griechiſche und hebräiſche Scriptoren (librarios) aus. Pla-
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[196/0206] Unendlich viel verdankte das griechiſche Studium der Officin des Aldo Manucci zu Venedig, wo die wichtigſten und umfangreichſten Autoren zum erſtenmal griechiſch gedruckt wurden. Aldo wagte ſeine Habe dabei; er war ein Editor und Verleger wie die Welt wenige gehabt hat. 3. Abſchnitt. Daß neben den claſſiſchen Studien auch die orientali- ſchen einen ziemlich bedeutenden Umfang gewannen, iſt we- nigſtens hier mit einem Worte zu erwähnen. An die dogmatiſche Polemik gegen die Juden knüpfte ſich zuerſt bei Giannozzo Mannetti 1), einem großen florentiniſchen Gelehrten und Staatsmann (ſt. 1459), die Erlernung des Hebräiſchen und der ganzen jüdiſchen Wiſſenſchaft; ſein Sohn Agnolo mußte von Kindheit auf lateiniſch, griechiſch und hebräiſch lernen; ja Papſt Nicolaus V. ließ von Giannozzo die ganze Bibel neu überſetzen, indem die phi- lologiſche Geſinnung jener Zeit darauf hindrängte, die Vulgata aufzugeben 2). Auch ſonſt nahm mehr als ein Humaniſt das Hebräiſche lange vor Reuchlin mit in ſeine Studien auf und Pico della Mirandola beſaß das ganze talmudiſche und philoſophiſche Wiſſen eines gelehrten Rab- biners. Auf das Arabiſche kam man am eheſten von Seiten der Medicin, welche ſich mit den ältern lateiniſchen Ueber- ſetzungen der großen arabiſchen Aerzte nicht mehr begnügen wollte; den äußern Anlaß boten etwa die venezianiſchen Conſulate im Orient, welche italieniſche Aerzte unterhielten. Hieronimo Ramuſio, ein venezianiſcher Arzt, überſetzte aus dem Arabiſchen und ſtarb in Damascus. Andrea Mongajo 3) Orientaliſche Studien. 1) Vespas. Fior. p. 48. 476. 578. 614. — Auch Fra Ambrogio Camaldoleſe konnte hebräiſch. Ibid. p. 320. 2) Sixtus IV, der das Gebäude für die Vaticana errichtete und die- ſelbe durch viele Ankäufe vermehrte, warf auch Beſoldungen für la- teiniſche, griechiſche und hebräiſche Scriptoren (librarios) aus. Pla- tina, vita Sixti IV, p. 332. 3) II, p. 19 der Einleitung. — Für Rimini bleibt es ungewiß, ob griechiſch docirt wurde; vgl. Anced. litt. II, p. 300.

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/206>, abgerufen am 26.04.2024.