Im wahren Sinne des Wortes führt diese Schrift denVorbemer- kung. Titel eines bloßen Versuches, und der Verfasser ist sich deutlich genug bewußt, daß er mit sehr mäßigen Mitteln und Kräften sich einer überaus großen Aufgabe unterzogen hat. Aber auch wenn er mit stärkerer Zuversicht auf seine Forschung hinblicken könnte, so wäre ihm der Beifall der Kenner kaum sicherer. Die geistigen Umrisse einer Cultur- epoche geben vielleicht für jedes Auge ein verschiedenes Bild, und wenn es sich vollends um eine Civilisation handelt, welche als nächste Mutter der unsrigen noch jetzt fortwirkt, so muß sich das subjektive Urtheilen und Empfinden jeden Augenblick beim Darsteller wie beim Leser einmischen. Auf dem weiten Meere in welches wir uns hinauswagen, sind der möglichen Wege und Richtungen viele, und leicht könnten dieselben Studien, welche für diese Arbeit gemacht wurden, unter den Händen eines Andern nicht nur eine ganz andere Benützung und Behandlung erfahren, sondern auch zu wesentlich verschiedenen Schlüssen Anlaß geben. Der Gegen- stand an sich wäre wichtig genug, um noch viele Bearbei- tungen wünschbar zu machen, Forscher der verschiedensten Standpuncte zum Reden aufzufordern. Einstweilen sind wir zufrieden, wenn uns ein geduldiges Gehör gewährt und dieses Buch als ein Ganzes aufgefaßt wird. Es ist die wesentlichste Schwierigkeit der Culturgeschichte, daß sie
Cultur der Renaissance. 1
Erſter Abſchnitt. Der Staat als Kunſtwerk.
Im wahren Sinne des Wortes führt dieſe Schrift denVorbemer- kung. Titel eines bloßen Verſuches, und der Verfaſſer iſt ſich deutlich genug bewußt, daß er mit ſehr mäßigen Mitteln und Kräften ſich einer überaus großen Aufgabe unterzogen hat. Aber auch wenn er mit ſtärkerer Zuverſicht auf ſeine Forſchung hinblicken könnte, ſo wäre ihm der Beifall der Kenner kaum ſicherer. Die geiſtigen Umriſſe einer Cultur- epoche geben vielleicht für jedes Auge ein verſchiedenes Bild, und wenn es ſich vollends um eine Civiliſation handelt, welche als nächſte Mutter der unſrigen noch jetzt fortwirkt, ſo muß ſich das ſubjektive Urtheilen und Empfinden jeden Augenblick beim Darſteller wie beim Leſer einmiſchen. Auf dem weiten Meere in welches wir uns hinauswagen, ſind der möglichen Wege und Richtungen viele, und leicht könnten dieſelben Studien, welche für dieſe Arbeit gemacht wurden, unter den Händen eines Andern nicht nur eine ganz andere Benützung und Behandlung erfahren, ſondern auch zu weſentlich verſchiedenen Schlüſſen Anlaß geben. Der Gegen- ſtand an ſich wäre wichtig genug, um noch viele Bearbei- tungen wünſchbar zu machen, Forſcher der verſchiedenſten Standpuncte zum Reden aufzufordern. Einſtweilen ſind wir zufrieden, wenn uns ein geduldiges Gehör gewährt und dieſes Buch als ein Ganzes aufgefaßt wird. Es iſt die weſentlichſte Schwierigkeit der Culturgeſchichte, daß ſie
Cultur der Renaiſſance. 1
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Erſter Abſchnitt.
Der Staat als Kunſtwerk.
Im wahren Sinne des Wortes führt dieſe Schrift den
Titel eines bloßen Verſuches, und der Verfaſſer iſt ſich
deutlich genug bewußt, daß er mit ſehr mäßigen Mitteln
und Kräften ſich einer überaus großen Aufgabe unterzogen
hat. Aber auch wenn er mit ſtärkerer Zuverſicht auf ſeine
Forſchung hinblicken könnte, ſo wäre ihm der Beifall der
Kenner kaum ſicherer. Die geiſtigen Umriſſe einer Cultur-
epoche geben vielleicht für jedes Auge ein verſchiedenes Bild,
und wenn es ſich vollends um eine Civiliſation handelt,
welche als nächſte Mutter der unſrigen noch jetzt fortwirkt,
ſo muß ſich das ſubjektive Urtheilen und Empfinden jeden
Augenblick beim Darſteller wie beim Leſer einmiſchen. Auf
dem weiten Meere in welches wir uns hinauswagen, ſind
der möglichen Wege und Richtungen viele, und leicht könnten
dieſelben Studien, welche für dieſe Arbeit gemacht wurden,
unter den Händen eines Andern nicht nur eine ganz andere
Benützung und Behandlung erfahren, ſondern auch zu
weſentlich verſchiedenen Schlüſſen Anlaß geben. Der Gegen-
ſtand an ſich wäre wichtig genug, um noch viele Bearbei-
tungen wünſchbar zu machen, Forſcher der verſchiedenſten
Standpuncte zum Reden aufzufordern. Einſtweilen ſind
wir zufrieden, wenn uns ein geduldiges Gehör gewährt
und dieſes Buch als ein Ganzes aufgefaßt wird. Es iſt
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Vorbemer-
kung.
Cultur der Renaiſſance. 1
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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/11>, abgerufen am 17.11.2024.
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