Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Burckhardt, Walther: Die Organisation der Rechtsgemeinschaft. Basel, 1927.

Bild:
<< vorherige Seite
III. Abschnitt.
Die Verantwortlichkeit der organisierten
Verbände.

1. Kapitel.
Die landesrechtliche Haftung des Staates und der
privaten Verbände.

Wir haben (oben S. 386) festgestellt, daß das Verhalten der
privaten Verbände durch eine nach objektivem Recht über-
geordnete Instanz beurteilt werden kann, das der Staaten selbst
aber nicht. Dieser Unterschied ist von Bedeutung für die Beur-
teilung der Folgen rechtswidrigen Verhaltens des Staates und
der privaten Verbände.

Wenn eine staatliche Behörde einen Rechtssatz aufstellt
oder, in Anwendung eines geltenden Rechtssatzes, eine Verfügung
trifft, so kann ihre Zuständigkeit erörtert werden; war sie
nicht zuständig, so ist die Anordnung unverbindlich; war sie nur
bedingt zuständig (unter der Bedingung nämlich, daß nicht eine
höhere Instanz widerspreche), so ist die Anordnung nur bedingt
gültig; und wenn sie unbedingt zuständig war, so ist ihre Anord-
nung unbedingt gültig. Wenn aber die (endgültige) Zuständigkeit
feststeht, kann die Richtigkeit der Anordnung nicht mehr erörtert
werden. Wenn dem aber so ist, wie kann nun der Staat rechts-
widrig
handeln? Rechtswidrig wäre die Anordnung, die zwar
formell gültig, aber inhaltlich fehlerhaft wäre. Allein eben diese
Fehlerhaftigkeit soll nach der Feststellung der endgültigen Zu-
ständigkeit nicht mehr diskutiert werden. Die Zuständigkeit
hätte keinen Sinn, wenn sie die materielle Frage (was rechtens

Burckhardt, Organisation. 27
III. Abschnitt.
Die Verantwortlichkeit der organisierten
Verbände.

1. Kapitel.
Die landesrechtliche Haftung des Staates und der
privaten Verbände.

Wir haben (oben S. 386) festgestellt, daß das Verhalten der
privaten Verbände durch eine nach objektivem Recht über-
geordnete Instanz beurteilt werden kann, das der Staaten selbst
aber nicht. Dieser Unterschied ist von Bedeutung für die Beur-
teilung der Folgen rechtswidrigen Verhaltens des Staates und
der privaten Verbände.

Wenn eine staatliche Behörde einen Rechtssatz aufstellt
oder, in Anwendung eines geltenden Rechtssatzes, eine Verfügung
trifft, so kann ihre Zuständigkeit erörtert werden; war sie
nicht zuständig, so ist die Anordnung unverbindlich; war sie nur
bedingt zuständig (unter der Bedingung nämlich, daß nicht eine
höhere Instanz widerspreche), so ist die Anordnung nur bedingt
gültig; und wenn sie unbedingt zuständig war, so ist ihre Anord-
nung unbedingt gültig. Wenn aber die (endgültige) Zuständigkeit
feststeht, kann die Richtigkeit der Anordnung nicht mehr erörtert
werden. Wenn dem aber so ist, wie kann nun der Staat rechts-
widrig
handeln? Rechtswidrig wäre die Anordnung, die zwar
formell gültig, aber inhaltlich fehlerhaft wäre. Allein eben diese
Fehlerhaftigkeit soll nach der Feststellung der endgültigen Zu-
ständigkeit nicht mehr diskutiert werden. Die Zuständigkeit
hätte keinen Sinn, wenn sie die materielle Frage (was rechtens

Burckhardt, Organisation. 27
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0432" n="[417]"/>
        <div n="2">
          <head>III. <hi rendition="#g">Abschnitt</hi>.<lb/>
Die Verantwortlichkeit der organisierten<lb/>
Verbände.</head>
          <div n="3"><lb/>
            <head>1. <hi rendition="#g">Kapitel</hi>.<lb/>
Die landesrechtliche Haftung des Staates und der<lb/>
privaten Verbände.</head><lb/>
            <p>Wir haben (oben S. 386) festgestellt, daß das Verhalten der<lb/>
privaten Verbände durch eine nach objektivem Recht über-<lb/>
geordnete Instanz beurteilt werden kann, das der Staaten selbst<lb/>
aber nicht. Dieser Unterschied ist von Bedeutung für die Beur-<lb/>
teilung der Folgen rechtswidrigen Verhaltens des Staates und<lb/>
der privaten Verbände.</p><lb/>
            <p>Wenn eine staatliche Behörde einen Rechtssatz aufstellt<lb/>
oder, in Anwendung eines geltenden Rechtssatzes, eine Verfügung<lb/>
trifft, so kann <hi rendition="#g">ihre Zuständigkeit</hi> erörtert werden; war sie<lb/>
nicht zuständig, so ist die Anordnung unverbindlich; war sie nur<lb/>
bedingt zuständig (unter der Bedingung nämlich, daß nicht eine<lb/>
höhere Instanz widerspreche), so ist die Anordnung nur bedingt<lb/>
gültig; und wenn sie unbedingt zuständig war, so ist ihre Anord-<lb/>
nung unbedingt gültig. Wenn aber die (endgültige) Zuständigkeit<lb/>
feststeht, kann die Richtigkeit der Anordnung nicht mehr erörtert<lb/>
werden. Wenn dem aber so ist, wie kann nun der Staat <hi rendition="#g">rechts-<lb/>
widrig</hi> handeln? Rechtswidrig wäre die Anordnung, die zwar<lb/>
formell gültig, aber inhaltlich fehlerhaft wäre. Allein eben diese<lb/>
Fehlerhaftigkeit soll nach der Feststellung der endgültigen Zu-<lb/>
ständigkeit nicht mehr diskutiert werden. Die Zuständigkeit<lb/>
hätte keinen Sinn, wenn sie die materielle Frage (was rechtens<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Burckhardt,</hi> Organisation. 27</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[417]/0432] III. Abschnitt. Die Verantwortlichkeit der organisierten Verbände. 1. Kapitel. Die landesrechtliche Haftung des Staates und der privaten Verbände. Wir haben (oben S. 386) festgestellt, daß das Verhalten der privaten Verbände durch eine nach objektivem Recht über- geordnete Instanz beurteilt werden kann, das der Staaten selbst aber nicht. Dieser Unterschied ist von Bedeutung für die Beur- teilung der Folgen rechtswidrigen Verhaltens des Staates und der privaten Verbände. Wenn eine staatliche Behörde einen Rechtssatz aufstellt oder, in Anwendung eines geltenden Rechtssatzes, eine Verfügung trifft, so kann ihre Zuständigkeit erörtert werden; war sie nicht zuständig, so ist die Anordnung unverbindlich; war sie nur bedingt zuständig (unter der Bedingung nämlich, daß nicht eine höhere Instanz widerspreche), so ist die Anordnung nur bedingt gültig; und wenn sie unbedingt zuständig war, so ist ihre Anord- nung unbedingt gültig. Wenn aber die (endgültige) Zuständigkeit feststeht, kann die Richtigkeit der Anordnung nicht mehr erörtert werden. Wenn dem aber so ist, wie kann nun der Staat rechts- widrig handeln? Rechtswidrig wäre die Anordnung, die zwar formell gültig, aber inhaltlich fehlerhaft wäre. Allein eben diese Fehlerhaftigkeit soll nach der Feststellung der endgültigen Zu- ständigkeit nicht mehr diskutiert werden. Die Zuständigkeit hätte keinen Sinn, wenn sie die materielle Frage (was rechtens Burckhardt, Organisation. 27

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_rechtsgemeinschaft_1927
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_rechtsgemeinschaft_1927/432
Zitationshilfe: Burckhardt, Walther: Die Organisation der Rechtsgemeinschaft. Basel, 1927, S. [417]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_rechtsgemeinschaft_1927/432>, abgerufen am 21.12.2024.