Ich habe oben §. 6 erwähnt, wie nötig es dem Kaufmann sei, die Fallitgeseze der Staaten zu ken- nen, auf welche er handelt. Diese wird ihm inson- derheit in Ansehung der Ausnahme nohtwendig, welche dieselben teils ausdrüklich in den zum Concurs kommenden Gütern machen, teils die bürgerlichen Geseze des Staats angeben. Er hat Ursache inson- derheit in dem Credit behutsam zu sein, welchen er an Kaufleute solcher Staaten giebt, deren Regenten in Geldgeschäften mit denselben verwikkelt sind. Denn da gilt immer die Regel, daß der Regent allen übrigen Gläubigern vorgreift. Dies ist ganz recht, wenn es von dem Falliten bekannt gewesen ist, daß er Banker seines Landesherrn gewesen sei, oder daß er eine Manufactur mit Herrschaftlicher Unterstüzung betrieben habe. Aber es ist sehr unrecht, wenn der Fürst als Privatmann mit ihm Umsäze macht, und der Fallit, der sich bewußt war, eine offene Casse bei dem Landesherren zu haben, durch seinen Aufwand oder durch scheinbar grosses Gewühl in seiner Hand- lung die Augen seiner Gläubiger lange blendete.
Der Credit manches Kaufmanns gründet sich hauptsächlich auf den Umstand, daß man von ihm weiß, er habe reich geheirahtet. Aber nicht immer weiß jeder seiner Gläubiger, daß in dem Staat, wo
Cap. 7. Von den Bankerotten.
§. 8.
Ich habe oben §. 6 erwaͤhnt, wie noͤtig es dem Kaufmann ſei, die Fallitgeſeze der Staaten zu ken- nen, auf welche er handelt. Dieſe wird ihm inſon- derheit in Anſehung der Ausnahme nohtwendig, welche dieſelben teils ausdruͤklich in den zum Concurs kommenden Guͤtern machen, teils die buͤrgerlichen Geſeze des Staats angeben. Er hat Urſache inſon- derheit in dem Credit behutſam zu ſein, welchen er an Kaufleute ſolcher Staaten giebt, deren Regenten in Geldgeſchaͤften mit denſelben verwikkelt ſind. Denn da gilt immer die Regel, daß der Regent allen uͤbrigen Glaͤubigern vorgreift. Dies iſt ganz recht, wenn es von dem Falliten bekannt geweſen iſt, daß er Banker ſeines Landesherrn geweſen ſei, oder daß er eine Manufactur mit Herrſchaftlicher Unterſtuͤzung betrieben habe. Aber es iſt ſehr unrecht, wenn der Fuͤrſt als Privatmann mit ihm Umſaͤze macht, und der Fallit, der ſich bewußt war, eine offene Caſſe bei dem Landesherren zu haben, durch ſeinen Aufwand oder durch ſcheinbar groſſes Gewuͤhl in ſeiner Hand- lung die Augen ſeiner Glaͤubiger lange blendete.
Der Credit manches Kaufmanns gruͤndet ſich hauptſaͤchlich auf den Umſtand, daß man von ihm weiß, er habe reich geheirahtet. Aber nicht immer weiß jeder ſeiner Glaͤubiger, daß in dem Staat, wo
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Cap. 7. Von den Bankerotten.
§. 8.
Ich habe oben §. 6 erwaͤhnt, wie noͤtig es dem
Kaufmann ſei, die Fallitgeſeze der Staaten zu ken-
nen, auf welche er handelt. Dieſe wird ihm inſon-
derheit in Anſehung der Ausnahme nohtwendig,
welche dieſelben teils ausdruͤklich in den zum Concurs
kommenden Guͤtern machen, teils die buͤrgerlichen
Geſeze des Staats angeben. Er hat Urſache inſon-
derheit in dem Credit behutſam zu ſein, welchen er
an Kaufleute ſolcher Staaten giebt, deren Regenten
in Geldgeſchaͤften mit denſelben verwikkelt ſind.
Denn da gilt immer die Regel, daß der Regent allen
uͤbrigen Glaͤubigern vorgreift. Dies iſt ganz recht,
wenn es von dem Falliten bekannt geweſen iſt, daß
er Banker ſeines Landesherrn geweſen ſei, oder daß
er eine Manufactur mit Herrſchaftlicher Unterſtuͤzung
betrieben habe. Aber es iſt ſehr unrecht, wenn der
Fuͤrſt als Privatmann mit ihm Umſaͤze macht, und
der Fallit, der ſich bewußt war, eine offene Caſſe bei
dem Landesherren zu haben, durch ſeinen Aufwand
oder durch ſcheinbar groſſes Gewuͤhl in ſeiner Hand-
lung die Augen ſeiner Glaͤubiger lange blendete.
Der Credit manches Kaufmanns gruͤndet ſich
hauptſaͤchlich auf den Umſtand, daß man von ihm
weiß, er habe reich geheirahtet. Aber nicht immer
weiß jeder ſeiner Glaͤubiger, daß in dem Staat, wo
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Büsch, Johann Georg: Theoretisch-Praktische Darstellung der Handlung in deren mannigfaltigen Geschäften. Bd. 2. Hamburg, 1792, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buesch_handlung02_1792/175>, abgerufen am 21.11.2024.
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