Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Büsch, Johann Georg: Theoretisch-Praktische Darstellung der Handlung in deren mannigfaltigen Geschäften. Bd. 1. Hamburg, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

1. Buch. Vom Gelde.
ligions-Grundsäzze waren vor Zeiten diese Zinsen
verboten. Kein Christ durfte bis an die Zeiten der
Reformation dem andern Geld leihen, und Geld
als Zinsen dafür nehmen. Indessen verpfändete
man sich zuweilen liegende Gründe, deren Ein-
künfte so gut als Zinsen waren. Wer aber auf an-
dere Weise fremdes Geld nötig hatte, muste es bei
den Juden suchen, welche, weil die Gerichte immer
wider sie waren, der Sicherheit halber den Wucher
sehr hoch treiben mußten. Mit der Reformation
änderte sich dieses. Allein sehr lange blieben die
Zinsen äusserst hoch, weil durch die Gesezze noch
nicht hinlänglich für die Sicherheit der Gläubiger
gesorgt war. Die Fürsten unternahmen nach der
Zeit, durch ihre Verordnungen die Zinsen auf be-
stimmte pro Cente zu sezen, doch fast ohne alle
Wirkung.

§. 2.

In unsern Zeiten ist diese Sache in ihrer natür-
lichen Ordnung, sowol bei Katholiken als Protestan-
ten. Die Zinsen aber richten sich nach verschiedenen
Umständen.

1) Nach dem Schuzze, den der Gläubiger von
den Gerichten und Gesezzen wider einen bösen Schuld-
ner zu finden hoffen kann. Wo dieser fehlt, bleiben

1. Buch. Vom Gelde.
ligions-Grundſaͤzze waren vor Zeiten dieſe Zinſen
verboten. Kein Chriſt durfte bis an die Zeiten der
Reformation dem andern Geld leihen, und Geld
als Zinſen dafuͤr nehmen. Indeſſen verpfaͤndete
man ſich zuweilen liegende Gruͤnde, deren Ein-
kuͤnfte ſo gut als Zinſen waren. Wer aber auf an-
dere Weiſe fremdes Geld noͤtig hatte, muſte es bei
den Juden ſuchen, welche, weil die Gerichte immer
wider ſie waren, der Sicherheit halber den Wucher
ſehr hoch treiben mußten. Mit der Reformation
aͤnderte ſich dieſes. Allein ſehr lange blieben die
Zinſen aͤuſſerſt hoch, weil durch die Geſezze noch
nicht hinlaͤnglich fuͤr die Sicherheit der Glaͤubiger
geſorgt war. Die Fuͤrſten unternahmen nach der
Zeit, durch ihre Verordnungen die Zinſen auf be-
ſtimmte pro Cente zu ſezen, doch faſt ohne alle
Wirkung.

§. 2.

In unſern Zeiten iſt dieſe Sache in ihrer natuͤr-
lichen Ordnung, ſowol bei Katholiken als Proteſtan-
ten. Die Zinſen aber richten ſich nach verſchiedenen
Umſtaͤnden.

1) Nach dem Schuzze, den der Glaͤubiger von
den Gerichten und Geſezzen wider einen boͤſen Schuld-
ner zu finden hoffen kann. Wo dieſer fehlt, bleiben

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0054" n="32"/><fw place="top" type="header">1. Buch. Vom Gelde.</fw><lb/>
ligions-Grund&#x017F;a&#x0364;zze waren vor Zeiten die&#x017F;e Zin&#x017F;en<lb/>
verboten. Kein Chri&#x017F;t durfte bis an die Zeiten der<lb/>
Reformation dem andern Geld leihen, und Geld<lb/>
als Zin&#x017F;en dafu&#x0364;r nehmen. Inde&#x017F;&#x017F;en verpfa&#x0364;ndete<lb/>
man &#x017F;ich zuweilen liegende Gru&#x0364;nde, deren Ein-<lb/>
ku&#x0364;nfte &#x017F;o gut als Zin&#x017F;en waren. Wer aber auf an-<lb/>
dere Wei&#x017F;e fremdes Geld no&#x0364;tig hatte, mu&#x017F;te es bei<lb/>
den Juden &#x017F;uchen, welche, weil die Gerichte immer<lb/>
wider &#x017F;ie waren, der Sicherheit halber den Wucher<lb/>
&#x017F;ehr hoch treiben mußten. Mit der Reformation<lb/>
a&#x0364;nderte &#x017F;ich die&#x017F;es. Allein &#x017F;ehr lange blieben die<lb/>
Zin&#x017F;en a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;t hoch, weil durch die Ge&#x017F;ezze noch<lb/>
nicht hinla&#x0364;nglich fu&#x0364;r die Sicherheit der Gla&#x0364;ubiger<lb/>
ge&#x017F;orgt war. Die Fu&#x0364;r&#x017F;ten unternahmen nach der<lb/>
Zeit, durch ihre Verordnungen die Zin&#x017F;en auf be-<lb/>
&#x017F;timmte pro Cente zu &#x017F;ezen, doch fa&#x017F;t ohne alle<lb/>
Wirkung.</p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head>§. 2.</head><lb/>
                <p>In un&#x017F;ern Zeiten i&#x017F;t die&#x017F;e Sache in ihrer natu&#x0364;r-<lb/>
lichen Ordnung, &#x017F;owol bei Katholiken als Prote&#x017F;tan-<lb/>
ten. Die Zin&#x017F;en aber richten &#x017F;ich nach ver&#x017F;chiedenen<lb/>
Um&#x017F;ta&#x0364;nden.</p><lb/>
                <p>1) Nach dem Schuzze, den der Gla&#x0364;ubiger von<lb/>
den Gerichten und Ge&#x017F;ezzen wider einen bo&#x0364;&#x017F;en Schuld-<lb/>
ner zu finden hoffen kann. Wo die&#x017F;er fehlt, bleiben<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[32/0054] 1. Buch. Vom Gelde. ligions-Grundſaͤzze waren vor Zeiten dieſe Zinſen verboten. Kein Chriſt durfte bis an die Zeiten der Reformation dem andern Geld leihen, und Geld als Zinſen dafuͤr nehmen. Indeſſen verpfaͤndete man ſich zuweilen liegende Gruͤnde, deren Ein- kuͤnfte ſo gut als Zinſen waren. Wer aber auf an- dere Weiſe fremdes Geld noͤtig hatte, muſte es bei den Juden ſuchen, welche, weil die Gerichte immer wider ſie waren, der Sicherheit halber den Wucher ſehr hoch treiben mußten. Mit der Reformation aͤnderte ſich dieſes. Allein ſehr lange blieben die Zinſen aͤuſſerſt hoch, weil durch die Geſezze noch nicht hinlaͤnglich fuͤr die Sicherheit der Glaͤubiger geſorgt war. Die Fuͤrſten unternahmen nach der Zeit, durch ihre Verordnungen die Zinſen auf be- ſtimmte pro Cente zu ſezen, doch faſt ohne alle Wirkung. §. 2. In unſern Zeiten iſt dieſe Sache in ihrer natuͤr- lichen Ordnung, ſowol bei Katholiken als Proteſtan- ten. Die Zinſen aber richten ſich nach verſchiedenen Umſtaͤnden. 1) Nach dem Schuzze, den der Glaͤubiger von den Gerichten und Geſezzen wider einen boͤſen Schuld- ner zu finden hoffen kann. Wo dieſer fehlt, bleiben

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buesch_handlung01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buesch_handlung01_1792/54
Zitationshilfe: Büsch, Johann Georg: Theoretisch-Praktische Darstellung der Handlung in deren mannigfaltigen Geschäften. Bd. 1. Hamburg, 1792, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buesch_handlung01_1792/54>, abgerufen am 21.12.2024.