Sie nämlich, das Manuscript so schnell wie möglich zu durch- lesen, es, im Fall Ihnen Ihr Gewissen als Kritiker dieß erlauben sollte, dem Herrn Sauerländer zu em- pfehlen und sogleich zu antworten.
Ueber das Werk selbst kann ich Ihnen nichts weiter sagen, als daß unglückliche Verhältnisse mich zwangen, es in höchstens fünf Wochen zu schreiben. Ich sage dieß, um Ihr Urtheil über den Verfasser, nicht über das Drama an und für sich zu motiviren. Was ich daraus machen soll, weiß ich selbst nicht, nur das weiß ich, daß ich alle Ursache habe, der Geschichte gegenüber roth zu werden; doch tröste ich mich mit dem Gedanken, daß, Shakspeare ausgenommen, alle Dichter vor ihr und der Natur wie Schulknaben dastehen.
Ich wiederhole meine Bitte um schnelle Antwort; im Falle eines günstigen Erfolges können einige Zeilen von Ihrer Hand, wenn sie noch vor nächstem Mittwoch hier eintreffen, einen Unglücklichen vor einer sehr traurigen Lage bewahren.
Sollte Sie vielleicht der Ton dieses Briefes be- fremden, so bedenken Sie, daß es mir leichter fällt, in Lumpen zu betteln, als im Frack eine Supplik zu überreichen, und fast leichter, die Pistole in der Hand: la bourse ou la vie! zu sagen, als mit bebenden Lippen ein: Gott lohn' es! zu flüstern.
G.Büchner.
2.
Straßburg, Juni 1835.
Verehrtester!
Vielleicht haben Sie durch einen Steckbrief im "Frank- furter Journal" meine Abreise von Darmstadt erfahren. Seit einigen Tagen bin ich hier; ob ich bleiben werde, weiß
Sie nämlich, das Manuſcript ſo ſchnell wie möglich zu durch- leſen, es, im Fall Ihnen Ihr Gewiſſen als Kritiker dieß erlauben ſollte, dem Herrn Sauerländer zu em- pfehlen und ſogleich zu antworten.
Ueber das Werk ſelbſt kann ich Ihnen nichts weiter ſagen, als daß unglückliche Verhältniſſe mich zwangen, es in höchſtens fünf Wochen zu ſchreiben. Ich ſage dieß, um Ihr Urtheil über den Verfaſſer, nicht über das Drama an und für ſich zu motiviren. Was ich daraus machen ſoll, weiß ich ſelbſt nicht, nur das weiß ich, daß ich alle Urſache habe, der Geſchichte gegenüber roth zu werden; doch tröſte ich mich mit dem Gedanken, daß, Shakſpeare ausgenommen, alle Dichter vor ihr und der Natur wie Schulknaben daſtehen.
Ich wiederhole meine Bitte um ſchnelle Antwort; im Falle eines günſtigen Erfolges können einige Zeilen von Ihrer Hand, wenn ſie noch vor nächſtem Mittwoch hier eintreffen, einen Unglücklichen vor einer ſehr traurigen Lage bewahren.
Sollte Sie vielleicht der Ton dieſes Briefes be- fremden, ſo bedenken Sie, daß es mir leichter fällt, in Lumpen zu betteln, als im Frack eine Supplik zu überreichen, und faſt leichter, die Piſtole in der Hand: la bourse ou la vie! zu ſagen, als mit bebenden Lippen ein: Gott lohn' es! zu flüſtern.
G.Büchner.
2.
Straßburg, Juni 1835.
Verehrteſter!
Vielleicht haben Sie durch einen Steckbrief im "Frank- furter Journal" meine Abreiſe von Darmſtadt erfahren. Seit einigen Tagen bin ich hier; ob ich bleiben werde, weiß
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Sie nämlich, das Manuſcript ſo ſchnell wie möglich zu durch-
leſen, es, im Fall Ihnen Ihr Gewiſſen als Kritiker
dieß erlauben ſollte, dem Herrn Sauerländer zu em-
pfehlen und ſogleich zu antworten.
Ueber das Werk ſelbſt kann ich Ihnen nichts weiter
ſagen, als daß unglückliche Verhältniſſe mich zwangen, es in
höchſtens fünf Wochen zu ſchreiben. Ich ſage dieß, um Ihr
Urtheil über den Verfaſſer, nicht über das Drama an und
für ſich zu motiviren. Was ich daraus machen ſoll, weiß
ich ſelbſt nicht, nur das weiß ich, daß ich alle Urſache habe,
der Geſchichte gegenüber roth zu werden; doch tröſte ich mich
mit dem Gedanken, daß, Shakſpeare ausgenommen, alle
Dichter vor ihr und der Natur wie Schulknaben daſtehen.
Ich wiederhole meine Bitte um ſchnelle Antwort; im
Falle eines günſtigen Erfolges können einige Zeilen von Ihrer
Hand, wenn ſie noch vor nächſtem Mittwoch hier eintreffen,
einen Unglücklichen vor einer ſehr traurigen Lage bewahren.
Sollte Sie vielleicht der Ton dieſes Briefes be-
fremden, ſo bedenken Sie, daß es mir leichter fällt, in
Lumpen zu betteln, als im Frack eine Supplik zu überreichen,
und faſt leichter, die Piſtole in der Hand: la bourse ou la
vie! zu ſagen, als mit bebenden Lippen ein: Gott lohn' es!
zu flüſtern.
G.Büchner.
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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/578>, abgerufen am 21.12.2024.
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