Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

Bild:
<< vorherige Seite

wegs. Gegen Mittag war ich in Offenbach. Den kleinen
Umweg machte ich, weil es von dieser Seite leichter ist,
in die Stadt zu kommen, ohne angehalten zu werden. Die
Zeit erlaubte mir nicht, mich mit den nöthigen Papieren zu
versehen. .....

19.


.... Ich meine, ich hätte Euch erzählt, daß Minni-
gerode * eine halbe Stunde vor meiner Abreise arretirt
wurde, man hat ihn nach Friedberg abgeführt. Ich begreife
den Grund seiner Verhaftung nicht. Unserem scharfsinnigen
Universitätsrichter fiel es ein, in meiner Reise, wie es scheint,
einen Zusammenhang mit der Verhaftung Minnigerode's zu
finden. Als ich hier ankam, fand ich meinen Schrank ver-
siegelt, und man sagte mir, meine Papiere seien durch-
sucht worden. Auf mein Verlangen wurden die Siegel so-
gleich abgenommen, auch gab man mir meine Papiere (nichts
als Briefe von Euch und meinen Freunden) zurück, nur
einige französische Briefe von W ..., Muston, ** L ...
und B ... wurden zurückbehalten, wahrscheinlich weil die
Leute sich erst einen Sprachlehrer müssen kommen lassen, um
sie zu lesen. Ich bin empört über ein solches Benehmen,
es wird mir übel, wenn ich meine heiligsten Geheimnisse in
den Händen dieser schmutzigen Menschen denke. Und das

* Vrgl. d. Anm. zum "Landboten" S. 283.
** Muston, ein französischer Flüchtling, der am Savoyer-
Zuge Theil genommen hatte, sich in Darmstadt aufhielt und viel
mit dem Briefsteller correspondirte. L. B.
22 *

wegs. Gegen Mittag war ich in Offenbach. Den kleinen
Umweg machte ich, weil es von dieſer Seite leichter iſt,
in die Stadt zu kommen, ohne angehalten zu werden. Die
Zeit erlaubte mir nicht, mich mit den nöthigen Papieren zu
verſehen. .....

19.


.... Ich meine, ich hätte Euch erzählt, daß Minni-
gerode * eine halbe Stunde vor meiner Abreiſe arretirt
wurde, man hat ihn nach Friedberg abgeführt. Ich begreife
den Grund ſeiner Verhaftung nicht. Unſerem ſcharfſinnigen
Univerſitätsrichter fiel es ein, in meiner Reiſe, wie es ſcheint,
einen Zuſammenhang mit der Verhaftung Minnigerode's zu
finden. Als ich hier ankam, fand ich meinen Schrank ver-
ſiegelt, und man ſagte mir, meine Papiere ſeien durch-
ſucht worden. Auf mein Verlangen wurden die Siegel ſo-
gleich abgenommen, auch gab man mir meine Papiere (nichts
als Briefe von Euch und meinen Freunden) zurück, nur
einige franzöſiſche Briefe von W ..., Muſton, ** L ...
und B ... wurden zurückbehalten, wahrſcheinlich weil die
Leute ſich erſt einen Sprachlehrer müſſen kommen laſſen, um
ſie zu leſen. Ich bin empört über ein ſolches Benehmen,
es wird mir übel, wenn ich meine heiligſten Geheimniſſe in
den Händen dieſer ſchmutzigen Menſchen denke. Und das

* Vrgl. d. Anm. zum "Landboten" S. 283.
** Muſton, ein franzöſiſcher Flüchtling, der am Savoyer-
Zuge Theil genommen hatte, ſich in Darmſtadt aufhielt und viel
mit dem Briefſteller correſpondirte. L. B.
22 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0535" n="339"/>
wegs. Gegen Mittag war ich in Offenbach. Den kleinen<lb/>
Umweg machte ich, weil es von die&#x017F;er Seite leichter i&#x017F;t,<lb/>
in die Stadt zu kommen, ohne angehalten zu werden. Die<lb/>
Zeit erlaubte mir nicht, mich mit den nöthigen Papieren zu<lb/>
ver&#x017F;ehen. .....</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#c">19.</hi> </head><lb/>
            <dateline><hi rendition="#g">Gießen</hi>, den 5. Augu&#x017F;t 1834.</dateline><lb/>
            <p>.... Ich meine, ich hätte Euch erzählt, daß <hi rendition="#g">Minni</hi>-<lb/><hi rendition="#g">gerode</hi> <note place="foot" n="*">Vrgl. d. Anm. zum "Landboten" S. 283.</note> eine halbe Stunde vor meiner Abrei&#x017F;e arretirt<lb/>
wurde, man hat ihn nach Friedberg abgeführt. Ich begreife<lb/>
den Grund &#x017F;einer Verhaftung nicht. Un&#x017F;erem &#x017F;charf&#x017F;innigen<lb/>
Univer&#x017F;itätsrichter fiel es ein, in meiner Rei&#x017F;e, wie es &#x017F;cheint,<lb/>
einen Zu&#x017F;ammenhang mit der Verhaftung Minnigerode's zu<lb/>
finden. Als ich hier ankam, fand ich meinen Schrank <hi rendition="#g">ver</hi>-<lb/><hi rendition="#g">&#x017F;iegelt</hi>, und man &#x017F;agte mir, meine Papiere &#x017F;eien durch-<lb/>
&#x017F;ucht worden. Auf mein Verlangen wurden die Siegel &#x017F;o-<lb/>
gleich abgenommen, auch gab man mir meine Papiere (nichts<lb/>
als Briefe von Euch und meinen Freunden) zurück, nur<lb/>
einige franzö&#x017F;i&#x017F;che Briefe von W ..., <hi rendition="#g">Mu&#x017F;ton</hi>, <note place="foot" n="**"><hi rendition="#g">Mu&#x017F;ton</hi>, ein franzö&#x017F;i&#x017F;cher Flüchtling, der am Savoyer-<lb/>
Zuge Theil genommen hatte, &#x017F;ich in Darm&#x017F;tadt aufhielt und viel<lb/>
mit dem Brief&#x017F;teller corre&#x017F;pondirte. <hi rendition="#et">L. B.</hi></note> L ...<lb/>
und B ... wurden zurückbehalten, wahr&#x017F;cheinlich weil die<lb/>
Leute &#x017F;ich er&#x017F;t einen Sprachlehrer mü&#x017F;&#x017F;en kommen la&#x017F;&#x017F;en, um<lb/>
&#x017F;ie zu le&#x017F;en. Ich bin empört über ein &#x017F;olches Benehmen,<lb/>
es wird mir übel, wenn ich meine heilig&#x017F;ten Geheimni&#x017F;&#x017F;e in<lb/>
den Händen die&#x017F;er &#x017F;chmutzigen Men&#x017F;chen denke. Und das<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">22 *</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[339/0535] wegs. Gegen Mittag war ich in Offenbach. Den kleinen Umweg machte ich, weil es von dieſer Seite leichter iſt, in die Stadt zu kommen, ohne angehalten zu werden. Die Zeit erlaubte mir nicht, mich mit den nöthigen Papieren zu verſehen. ..... 19. Gießen, den 5. Auguſt 1834. .... Ich meine, ich hätte Euch erzählt, daß Minni- gerode * eine halbe Stunde vor meiner Abreiſe arretirt wurde, man hat ihn nach Friedberg abgeführt. Ich begreife den Grund ſeiner Verhaftung nicht. Unſerem ſcharfſinnigen Univerſitätsrichter fiel es ein, in meiner Reiſe, wie es ſcheint, einen Zuſammenhang mit der Verhaftung Minnigerode's zu finden. Als ich hier ankam, fand ich meinen Schrank ver- ſiegelt, und man ſagte mir, meine Papiere ſeien durch- ſucht worden. Auf mein Verlangen wurden die Siegel ſo- gleich abgenommen, auch gab man mir meine Papiere (nichts als Briefe von Euch und meinen Freunden) zurück, nur einige franzöſiſche Briefe von W ..., Muſton, ** L ... und B ... wurden zurückbehalten, wahrſcheinlich weil die Leute ſich erſt einen Sprachlehrer müſſen kommen laſſen, um ſie zu leſen. Ich bin empört über ein ſolches Benehmen, es wird mir übel, wenn ich meine heiligſten Geheimniſſe in den Händen dieſer ſchmutzigen Menſchen denke. Und das * Vrgl. d. Anm. zum "Landboten" S. 283. ** Muſton, ein franzöſiſcher Flüchtling, der am Savoyer- Zuge Theil genommen hatte, ſich in Darmſtadt aufhielt und viel mit dem Briefſteller correſpondirte. L. B. 22 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/535
Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/535>, abgerufen am 21.11.2024.