Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879. Valerio (singt im Abgehen). Hei! da sitzt e Fleig' an der Wand! Fleig' an der Wand! Fleig' an der Wand! (Beide Arm in Arm ab.) Vierte Scene. Ein Zimmer. (König Peter wird von zwei Kammerdienern angekleidet). Peter (während er angekleidet wird). Der Mensch muß denken, und ich muß für meine Unterthanen denken; denn sie denken nicht, sie denken nicht. -- Die Substanz ist das An sich, das bin ich. (Er läuft im Zimmer herum.) Begriffen? An sich ist An sich, versteht Ihr? Jetzt kommen meine Attri- bute, Modificationen, Affectionen und Accidenzien, wo sind meine Schuhe, meine Hosen? -- Halt, der freie Wille steht ganz offen. Wo ist die Moral, wo sind die Manschetten? Die Kategorien sind in der schändlichsten Verwirrung, es sind zwei Knöpfe zuviel zugeknöpft, die Dose steckt in der rechten Tasche. Mein ganzes System ist ruinirt. -- He, was be- deutet der Knopf im Schnupftuch? Kerl, was bedeutet der Knopf, an was wollte ich mich erinnern? Erster Kammerdiener. Als Eure Majestät diesen Knopf in Ihr Schnupftuch zu knüpfen geruhten, so wollten Sie -- König. Nun? Erster Kammerdiener. Sich an Etwas erinnern. Valerio (ſingt im Abgehen). Hei! da ſitzt e Fleig' an der Wand! Fleig' an der Wand! Fleig' an der Wand! (Beide Arm in Arm ab.) Vierte Scene. Ein Zimmer. (König Peter wird von zwei Kammerdienern angekleidet). Peter (während er angekleidet wird). Der Menſch muß denken, und ich muß für meine Unterthanen denken; denn ſie denken nicht, ſie denken nicht. — Die Subſtanz iſt das An ſich, das bin ich. (Er läuft im Zimmer herum.) Begriffen? An ſich iſt An ſich, verſteht Ihr? Jetzt kommen meine Attri- bute, Modificationen, Affectionen und Accidenzien, wo ſind meine Schuhe, meine Hoſen? — Halt, der freie Wille ſteht ganz offen. Wo iſt die Moral, wo ſind die Manſchetten? Die Kategorien ſind in der ſchändlichſten Verwirrung, es ſind zwei Knöpfe zuviel zugeknöpft, die Doſe ſteckt in der rechten Taſche. Mein ganzes Syſtem iſt ruinirt. — He, was be- deutet der Knopf im Schnupftuch? Kerl, was bedeutet der Knopf, an was wollte ich mich erinnern? Erſter Kammerdiener. Als Eure Majeſtät dieſen Knopf in Ihr Schnupftuch zu knüpfen geruhten, ſo wollten Sie — König. Nun? Erſter Kammerdiener. Sich an Etwas erinnern. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div type="act" n="3"> <div type="scene" n="4"> <pb facs="#f0317" n="121"/> <sp who="#VAL"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Valerio</hi> </hi> </speaker> <stage>(ſingt im Abgehen).</stage> <p>Hei! da ſitzt e Fleig' an<lb/> der Wand! Fleig' an der Wand! Fleig' an der Wand!</p><lb/> <stage> <hi rendition="#et">(Beide Arm in Arm ab.)</hi> </stage> </sp> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div type="scene" n="4"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Vierte Scene</hi>.</hi> </hi> </hi> </head><lb/> <stage>Ein Zimmer.<lb/> (König <hi rendition="#fr"><hi rendition="#b">Peter</hi></hi> wird von zwei Kammerdienern angekleidet).</stage><lb/> <sp who="#KOENIG"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Peter</hi> </hi> </speaker> <stage>(während er angekleidet wird).</stage> <p>Der Menſch muß<lb/> denken, und ich muß für meine Unterthanen denken; denn<lb/> ſie denken nicht, ſie denken nicht. — Die Subſtanz iſt das<lb/> An ſich, das bin ich. <stage>(Er läuft im Zimmer herum.)</stage> Begriffen?<lb/> An ſich iſt An ſich, verſteht Ihr? Jetzt kommen meine Attri-<lb/> bute, Modificationen, Affectionen und Accidenzien, wo ſind<lb/> meine Schuhe, meine Hoſen? — Halt, der freie Wille ſteht<lb/> ganz offen. Wo iſt die Moral, wo ſind die Manſchetten?<lb/> Die Kategorien ſind in der ſchändlichſten Verwirrung, es ſind<lb/> zwei Knöpfe zuviel zugeknöpft, die Doſe ſteckt in der rechten<lb/> Taſche. Mein ganzes Syſtem iſt ruinirt. — He, was be-<lb/> deutet der Knopf im Schnupftuch? Kerl, was bedeutet der<lb/> Knopf, an was wollte ich mich erinnern?</p> </sp><lb/> <sp who="#ERKAMM"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Erſter Kammerdiener.</hi> </hi> </speaker> <p>Als Eure Majeſtät dieſen<lb/> Knopf in Ihr Schnupftuch zu knüpfen geruhten, ſo wollten<lb/> Sie —</p> </sp><lb/> <sp who="#KOENIG"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">König.</hi> </hi> </speaker> <p>Nun?</p> </sp><lb/> <sp who="#ERKAMM"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Erſter Kammerdiener.</hi> </hi> </speaker> <p>Sich an Etwas erinnern.</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [121/0317]
Valerio (ſingt im Abgehen). Hei! da ſitzt e Fleig' an
der Wand! Fleig' an der Wand! Fleig' an der Wand!
(Beide Arm in Arm ab.)
Vierte Scene.
Ein Zimmer.
(König Peter wird von zwei Kammerdienern angekleidet).
Peter (während er angekleidet wird). Der Menſch muß
denken, und ich muß für meine Unterthanen denken; denn
ſie denken nicht, ſie denken nicht. — Die Subſtanz iſt das
An ſich, das bin ich. (Er läuft im Zimmer herum.) Begriffen?
An ſich iſt An ſich, verſteht Ihr? Jetzt kommen meine Attri-
bute, Modificationen, Affectionen und Accidenzien, wo ſind
meine Schuhe, meine Hoſen? — Halt, der freie Wille ſteht
ganz offen. Wo iſt die Moral, wo ſind die Manſchetten?
Die Kategorien ſind in der ſchändlichſten Verwirrung, es ſind
zwei Knöpfe zuviel zugeknöpft, die Doſe ſteckt in der rechten
Taſche. Mein ganzes Syſtem iſt ruinirt. — He, was be-
deutet der Knopf im Schnupftuch? Kerl, was bedeutet der
Knopf, an was wollte ich mich erinnern?
Erſter Kammerdiener. Als Eure Majeſtät dieſen
Knopf in Ihr Schnupftuch zu knüpfen geruhten, ſo wollten
Sie —
König. Nun?
Erſter Kammerdiener. Sich an Etwas erinnern.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |