Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879. Erster Act. Herault Sechelles, einige Damen (am Spieltische), Danton, Julie, seine Gattin (etwas weiter weg, Danton auf einem Schemel zu den Füßen Julien's). Danton. Sieh die hübsche Dame, wie artig sie die Karten dreht! Ja wahrhaftig. sie versteht's; man sagt, sie halte ihrem Manne immer das Coeur und anderen Leuten immer das Carreau hin. Sie hat ungeschickte Beine und fällt leicht; ihr Mann trägt die Beulen hiefür auf der Stirne, hält sie für Hitzpocken und lacht dazu. Ihr könntet Einen noch in die Lüge verliebt machen. Julie. Glaubst du an mich? Danton. Was weiß ich! Wir wissen wenig von ein- ander. Wir sind Dickhäuter, wir strecken die Hände nach einander aus, aber es ist vergebliche Mühe, wir reiben nur das grobe Leder an einander ab, -- wir sind sehr einsam. Julie. Du kennst mich, Danton. Danton. Ja, was man so kennen heißt. Du hast dunkle Augen und lockiges Haar und einen feinen Teint, und sagst immer zu mir: lieber Georg! Aber (er deutet ihr auf Stirn und Augen) da, da, was liegt hinter dem? Geh', Erſter Act. Hérault Séchelles, einige Damen (am Spieltiſche), Danton, Julie, ſeine Gattin (etwas weiter weg, Danton auf einem Schemel zu den Füßen Julien's). Danton. Sieh die hübſche Dame, wie artig ſie die Karten dreht! Ja wahrhaftig. ſie verſteht's; man ſagt, ſie halte ihrem Manne immer das Coeur und anderen Leuten immer das Carreau hin. Sie hat ungeſchickte Beine und fällt leicht; ihr Mann trägt die Beulen hiefür auf der Stirne, hält ſie für Hitzpocken und lacht dazu. Ihr könntet Einen noch in die Lüge verliebt machen. Julie. Glaubſt du an mich? Danton. Was weiß ich! Wir wiſſen wenig von ein- ander. Wir ſind Dickhäuter, wir ſtrecken die Hände nach einander aus, aber es iſt vergebliche Mühe, wir reiben nur das grobe Leder an einander ab, — wir ſind ſehr einſam. Julie. Du kennſt mich, Danton. Danton. Ja, was man ſo kennen heißt. Du haſt dunkle Augen und lockiges Haar und einen feinen Teint, und ſagſt immer zu mir: lieber Georg! Aber (er deutet ihr auf Stirn und Augen) da, da, was liegt hinter dem? Geh', <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb n="[5]" facs="#f0201"/> <div n="3" type="act"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Erſter Act</hi>.</hi> </hi> </hi> </head><lb/> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> <stage><hi rendition="#fr"><hi rendition="#b">H<hi rendition="#aq">é</hi>rault S<hi rendition="#aq">é</hi>chelles</hi></hi>, einige Damen (am Spieltiſche), <hi rendition="#fr"><hi rendition="#b">Danton,<lb/> Julie,</hi></hi> ſeine Gattin (etwas weiter weg, <hi rendition="#fr"><hi rendition="#b">Danton</hi></hi> auf einem Schemel<lb/> zu den Füßen <hi rendition="#fr"><hi rendition="#b">Julien's</hi></hi>).</stage><lb/> <sp who="#DANTON"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Danton.</hi> </hi> </speaker> <p>Sieh die hübſche Dame, wie artig ſie die<lb/> Karten dreht! Ja wahrhaftig. ſie verſteht's; man ſagt, ſie<lb/> halte ihrem Manne immer das Coeur und anderen Leuten<lb/> immer das Carreau hin. Sie hat ungeſchickte Beine und<lb/> fällt leicht; ihr Mann trägt die Beulen hiefür auf der Stirne,<lb/> hält ſie für Hitzpocken und lacht dazu. Ihr könntet Einen<lb/> noch in die Lüge verliebt machen.</p> </sp><lb/> <sp who="#JUL"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Julie.</hi> </hi> </speaker> <p>Glaubſt du an mich?</p> </sp><lb/> <sp who="#DANTON"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Danton.</hi> </hi> </speaker> <p>Was weiß ich! Wir wiſſen wenig von ein-<lb/> ander. Wir ſind Dickhäuter, wir ſtrecken die Hände nach<lb/> einander aus, aber es iſt vergebliche Mühe, wir reiben nur<lb/> das grobe Leder an einander ab, — wir ſind ſehr einſam.</p> </sp><lb/> <sp who="#JUL"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Julie.</hi> </hi> </speaker> <p>Du kennſt mich, Danton.</p> </sp><lb/> <sp who="#DANTON"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Danton.</hi> </hi> </speaker> <p>Ja, was man ſo kennen heißt. Du haſt<lb/> dunkle Augen und lockiges Haar und einen feinen Teint,<lb/> und ſagſt immer zu mir: lieber Georg! Aber <stage>(er deutet ihr<lb/> auf Stirn und Augen)</stage> da, da, was liegt hinter dem? Geh',<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[5]/0201]
Erſter Act.
Hérault Séchelles, einige Damen (am Spieltiſche), Danton,
Julie, ſeine Gattin (etwas weiter weg, Danton auf einem Schemel
zu den Füßen Julien's).
Danton. Sieh die hübſche Dame, wie artig ſie die
Karten dreht! Ja wahrhaftig. ſie verſteht's; man ſagt, ſie
halte ihrem Manne immer das Coeur und anderen Leuten
immer das Carreau hin. Sie hat ungeſchickte Beine und
fällt leicht; ihr Mann trägt die Beulen hiefür auf der Stirne,
hält ſie für Hitzpocken und lacht dazu. Ihr könntet Einen
noch in die Lüge verliebt machen.
Julie. Glaubſt du an mich?
Danton. Was weiß ich! Wir wiſſen wenig von ein-
ander. Wir ſind Dickhäuter, wir ſtrecken die Hände nach
einander aus, aber es iſt vergebliche Mühe, wir reiben nur
das grobe Leder an einander ab, — wir ſind ſehr einſam.
Julie. Du kennſt mich, Danton.
Danton. Ja, was man ſo kennen heißt. Du haſt
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Zitationshilfe: | Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. [5]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/201>, abgerufen am 03.03.2025. |