Büchner, Georg: Danton's Tod. Frankfurt (Main), 1835.
kampf! Ich bin empfindlich seit einigen Tagen. Nur rasch! (St. Just ab.) Robespierre (allein). Ja wohl, Blutmessias, der opfert und nicht ge- opfert wird. Er hat sie mit seinem Blut erlöst und ich erlöse sie mit ihrem eignen. Er hat sie sündi- gen gemacht und ich nehme die Sünde auf mich. Er hatte die Wollust des Schmerzes, und ich habe die Qual des Henkers. Wer hat sich mehr ver- läugnet? Ich oder er? -- Und doch ist was von Narrheit in dem Gedanken. -- Was sehen wir nur immer nach dem Einen? Wahrlich, des Menschen Sohn wird in uns Allen gekreuzigt, wir ringen Alle im Gethsemane-Garten im blutigen Schweiß, aber es erlöst Keiner den Andern mit seinen Wun- den. Mein Camille! -- Sie gehen Alle von mir -- es ist Alles wüst und leer -- ich bin allein. Ein Zimmer. Danton, Lacroix, Philippeau, Paris, Camille Desmoulins. Camille. Rasch, Danton, wir haben keine Zelt zu verlieren.
kampf! Ich bin empfindlich ſeit einigen Tagen. Nur raſch! (St. Juſt ab.) Robespierre (allein). Ja wohl, Blutmeſſias, der opfert und nicht ge- opfert wird. Er hat ſie mit ſeinem Blut erlöſt und ich erlöſe ſie mit ihrem eignen. Er hat ſie ſündi- gen gemacht und ich nehme die Sünde auf mich. Er hatte die Wolluſt des Schmerzes, und ich habe die Qual des Henkers. Wer hat ſich mehr ver- läugnet? Ich oder er? — Und doch iſt was von Narrheit in dem Gedanken. — Was ſehen wir nur immer nach dem Einen? Wahrlich, des Menſchen Sohn wird in uns Allen gekreuzigt, wir ringen Alle im Gethſemane-Garten im blutigen Schweiß, aber es erlöſt Keiner den Andern mit ſeinen Wun- den. Mein Camille! — Sie gehen Alle von mir — es iſt Alles wüſt und leer — ich bin allein. Ein Zimmer. Danton, Lacroix, Philippeau, Paris, Camille Desmoulins. Camille. Raſch, Danton, wir haben keine Zelt zu verlieren. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#ROB"> <p><pb facs="#f0058" n="54"/> kampf! Ich bin empfindlich ſeit einigen Tagen.<lb/> Nur raſch!</p> <stage>(St. Juſt ab.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#ROB"> <speaker> <hi rendition="#g">Robespierre</hi> </speaker> <stage>(allein).</stage><lb/> <p>Ja wohl, Blutmeſſias, der opfert und nicht ge-<lb/> opfert wird. Er hat ſie mit ſeinem Blut erlöſt und<lb/> ich erlöſe ſie mit ihrem eignen. Er hat ſie ſündi-<lb/> gen gemacht und ich nehme die Sünde auf mich.<lb/> Er hatte die Wolluſt des Schmerzes, und ich habe<lb/> die Qual des Henkers. Wer hat ſich mehr ver-<lb/> läugnet? Ich oder er? — Und doch iſt was von<lb/> Narrheit in dem Gedanken. — Was ſehen wir nur<lb/> immer nach dem Einen? Wahrlich, des Menſchen<lb/> Sohn wird in uns Allen gekreuzigt, wir ringen<lb/> Alle im Gethſemane-Garten im blutigen Schweiß,<lb/> aber es erlöſt Keiner den Andern mit ſeinen Wun-<lb/> den. Mein Camille! — Sie gehen Alle von mir<lb/> — es iſt Alles wüſt und leer — ich bin allein.</p> </sp> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Ein Zimmer</hi>.</hi> </head><lb/> <stage><hi rendition="#g">Danton, Lacroix, Philippeau, Paris,<lb/> Camille Desmoulins</hi>.</stage><lb/> <sp who="#CAM"> <speaker><hi rendition="#g">Camille</hi>.</speaker><lb/> <p>Raſch, Danton, wir haben keine Zelt zu<lb/> verlieren.</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [54/0058]
kampf! Ich bin empfindlich ſeit einigen Tagen.
Nur raſch!(St. Juſt ab.)
Robespierre (allein).
Ja wohl, Blutmeſſias, der opfert und nicht ge-
opfert wird. Er hat ſie mit ſeinem Blut erlöſt und
ich erlöſe ſie mit ihrem eignen. Er hat ſie ſündi-
gen gemacht und ich nehme die Sünde auf mich.
Er hatte die Wolluſt des Schmerzes, und ich habe
die Qual des Henkers. Wer hat ſich mehr ver-
läugnet? Ich oder er? — Und doch iſt was von
Narrheit in dem Gedanken. — Was ſehen wir nur
immer nach dem Einen? Wahrlich, des Menſchen
Sohn wird in uns Allen gekreuzigt, wir ringen
Alle im Gethſemane-Garten im blutigen Schweiß,
aber es erlöſt Keiner den Andern mit ſeinen Wun-
den. Mein Camille! — Sie gehen Alle von mir
— es iſt Alles wüſt und leer — ich bin allein.
Ein Zimmer.
Danton, Lacroix, Philippeau, Paris,
Camille Desmoulins.
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Raſch, Danton, wir haben keine Zelt zu
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