Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.Des Christlichen Teutschen Herkules Achtes und Leztes Buch. ZU Prage auff dem Schloßwahle machten die Polter Geister diese erste Nacht zugeben
Des Chriſtlichen Teutſchen Herkules Achtes und Leztes Buch. ZU Prage auff dem Schloßwahle machten die Polter Geiſter dieſe erſte Nacht zugeben
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Des Chriſtlichen Teutſchen
Herkules
Achtes und Leztes Buch.
ZU Prage auff dem Schloßwahle machten die Polter Geiſter dieſe erſte Nacht
des Beylagers ein ſolches Unweſen/ daß die ausgeſtelleten Schildwachten daꝛ-
auff nicht bleiben kunten/ wie ungerne ſie auch wichen; dann etliche/ die hart
Widerſtand leiſteten/ wurden gar hinunter in den Graben geſtuͤrzet/ daß ſie ſich
durch ſchwimmen erretten muſten; die anderen wurden mit Gewehr und Waffen abge-
trieben/ und ſahen doch keine Hand/ die folche fuͤhrete. Dieſes Geſpenſte-werk hielt uͤber ei-
ne Stunde an/ und kunte keiner von allen anweſenden Kriegsknechten einigen Laut von
ſich geben. Kaum hatte ſich dieſer Aufflauff geſtillet/ als Neda/ dem die Ober Wachtmei-
ſterſchafft anbefohlen wahr/ ſeinen Umgang hielt/ und dieſe ganze Seite des Wahls von
allen Kriegsleuten entbloͤſſet fand/ woruͤber er ſich eiferte/ und ſchon harter Draͤuworte
ſich vernehmen ließ/ ſahe aber eine Schildwache ganz pfuͤtzenaß den Wahl wieder herauff
klimmen/ und fragete mit Troz/ welcher Henker ihm dahinunter gefuͤhret haͤtte; Die ent-
wichene/ welche ſich in das Wachthauß begeben hatten/ hoͤreten ſeine Stimme/ und gin-
gen wieder zu ihm hin/ andeutend/ was ſich kurz vergangen zugetragen; ſo rieffen etliche
jenſeit des Graben gegen den Wahl/ man moͤchte ihnen das Tohr oͤffnen/ weil ſie mit groſ-
ſer Gefahr hinuͤber geſchwummen waͤhren/ und ihr Leben gerettet haͤtten. Neda verwun-
derte ſich deſſen nicht ein geringes/ ſtellete ſich doch gegen die Knechte/ als glaͤubete ers nit/
beſetzete die Wachten auffs neue/ und befahl ihnen/ alsbald anzeige zutuhn/ da ſich deſſen
mehr zutragen wuͤrde; haͤtte es auch den Koͤnigen gerne angedeutet/ aber er durffte ſie nit
ſo fruͤh aus dem Schlaffe wecken; doch ſo bald der helle Tag ſich ſehen ließ/ ging er hin zu
ſeinem Koͤnige auff das Schlaffgemach/ und als er denſelben wachend vernam/ ſagete er:
Gnaͤdigſter Koͤnig; wann ich nit ausgelachet wuͤrde/ muͤſte Ihrer Hocheit ich eine naͤcht-
liche Begebniß anmelden. Iſt es lachens wert/ antwortete er/ ſo ſagets nur her. Die boͤſen
Teuffel/ ſagte Neda/ haben dieſe Nacht ihr Polterwerk auff dem Oſten-wahle getrieben/
und alle daſelbſt ſich befindende Kriegsknechte/ teils in den Graben hinunter geworffen/
teils zum Wahl Tohr hinab gejaget/ daß bey meinem Umgange ich denſelben ganz ledig ge-
funden. Der Koͤnig gab zur Antwort: Ich halte/ daß die Knechte der geſtrigen Hochzeit
mit genoſſen/ und mehr geſoffen/ als ihre Gaͤnſe Koͤpffe vertragen koͤnnen/ daher ſie ſelbſt
zu Polter Geiſtern worden ſind. Nein/ gnaͤdigſter Koͤnig/ ſagte er; ich habe ſcharffe Nach-
frage gehalten/ und befinde/ daß deren keiner im geringſten nicht iſt bezechet geweſen. Als
es hernach der Koͤniglichen Geſelſchafft angemeldet ward/ urteilete Herkules daher/ es
wuͤrde dieſes Beylager dem Teufel zuwideꝛ ſeyn/ weil viel gutes/ zu ausbꝛeitung des Chriſt-
lichen Glaubens daraus entſtehen koͤnte; Nach gehaltener Unterredung aber bahten ſie
Gott/ er wolte dem Teufel ſteuren/ und ſeine ſchaͤdliche Wiꝛkungen von ihnẽ allen in Gnadẽ
abwenden. Sie hatten ſich kaum zur Mahlzeit nidergeſezt/ und begunten die jungen E-
heleute umzutreiben/ ob die Braut ihre Unter- und Oberkleider auch vor dißmahl verlauf-
fen haͤtte/ wie jensmahl auff dem Haͤu; da das fromme Chriſtliche Fraͤulein ihre Antwort
zugeben
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