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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.

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§ 140. Die Heimsuchung.
die Pflicht der Rückgabe erhalten hat und, statt sie zurückzugeben,
den Besitz ableugnet 109. Ein solcher soll dann gleich einem Diebe
bestraft werden 110. Nach westgotischem Rechte werden Handwerker,
welche von den ihnen zur Bearbeitung oder Verarbeitung übergebenen
Sachen etwas unterschlagen, als Diebe behandelt 111.

§ 140. Die Heimsuchung.

Wilda, Strafrecht S. 952. 781. Osenbrüggen, Der Hausfrieden, 1857, S. 60 ff.
Derselbe, Strafrecht der Langobarden S. 139. Schmid, Gesetze d. Angel-
sachsen S. 606. 615. Stemann, Den danske Retshistorie S. 666.

Die Missethat der Heimsuchung 1 war ein strafrechtlich ausge-
zeichneter Bruch des Hausfriedens, nämlich Überfall von Haus und
Hof mit bewaffnetem Gefolge. Ursprünglich zählte sie zu den Banden-
verbrechen. Weil sie eine Bande, ein Heer voraussetzte, hiess sie
fränkisch harizuht 2, hariraida 3 oder collecta 4, langobardisch hari-
traib 5, altdänisch haervirki. Nach fränkischem Rechte geschah sie
durch ein contubernium, nach langobardischem Rechte durch min-
destens fünf, nach dänischem durch mindestens sechs Genossen. Das
bairische Recht unterschied heriraita und heimzuht, je nachdem die
Missethat mit wenigstens 42 Schilden oder mit einer geringeren Zahl
verübt wurde 6.

Das fränkische Recht verlangt einen gewaltsamen Angriff, die
Lex Salica ein adsalire 7, wovon die Heimsuchung auch adsalitura,

109 Leges Eurici fr. 280: sicut fur ea, quae caelavit .., conpositione inplere
cogatur. Lex Baiuw. XV 5.
110 Wer eine Sache ohne den Willen des Eigentümers verkauft, haftet diesem
wegen inlicita venditio nach Leges Eurici fr. 289 und nach Lex Baiuw. XVI 1. 4
für doppelten Ersatz. Siehe oben S. 510.
111 Lex Wisig. VII 6, 3. 4.
1 Mhd. heimsuoche, heimsouchinge, altbair. heimzuht, fries. hamsekenge, ags.
hamsocn oder hamfaru, altnord. heimsokn.
2 Summula de bannis c. 7, Cap. I 224. Vgl. unten Anm. 8.
3 Lex Rib. 64.
4 Conv. Silvac. v. J. 853, c. 3, Pertz, LL I 424: de collectis, quas theudisca
lingua heriszuph appellat. Cap. ad leg. Baw. add. c. 2, I 157: vis per collecta
hominum. Fortia in Cap. Sax. c. 1, I 71.
5 Roth. 379. Vgl. über das Wort Carl Meyer, Sprache und Sprachdenk-
mäler der Langobarden S. 291. Die zu gleichem Zwecke erfolgende Zusammen-
rottung von Knechten heisst concilius rusticanorum. Roth. 279.
6 Siehe oben S. 570, Anm. 36. 37. Reisa vel expeditio heisst die Heim-
suchung in jüngeren deutschen Quellen. Osenbrüggen, Hausfrieden S. 69.
7 Lex Sal. 14, 6.

§ 140. Die Heimsuchung.
die Pflicht der Rückgabe erhalten hat und, statt sie zurückzugeben,
den Besitz ableugnet 109. Ein solcher soll dann gleich einem Diebe
bestraft werden 110. Nach westgotischem Rechte werden Handwerker,
welche von den ihnen zur Bearbeitung oder Verarbeitung übergebenen
Sachen etwas unterschlagen, als Diebe behandelt 111.

§ 140. Die Heimsuchung.

Wilda, Strafrecht S. 952. 781. Osenbrüggen, Der Hausfrieden, 1857, S. 60 ff.
Derselbe, Strafrecht der Langobarden S. 139. Schmid, Gesetze d. Angel-
sachsen S. 606. 615. Stemann, Den danske Retshistorie S. 666.

Die Missethat der Heimsuchung 1 war ein strafrechtlich ausge-
zeichneter Bruch des Hausfriedens, nämlich Überfall von Haus und
Hof mit bewaffnetem Gefolge. Ursprünglich zählte sie zu den Banden-
verbrechen. Weil sie eine Bande, ein Heer voraussetzte, hieſs sie
fränkisch harizuht 2, hariraida 3 oder collecta 4, langobardisch hari-
traib 5, altdänisch hærvirki. Nach fränkischem Rechte geschah sie
durch ein contubernium, nach langobardischem Rechte durch min-
destens fünf, nach dänischem durch mindestens sechs Genossen. Das
bairische Recht unterschied heriraita und heimzuht, je nachdem die
Missethat mit wenigstens 42 Schilden oder mit einer geringeren Zahl
verübt wurde 6.

Das fränkische Recht verlangt einen gewaltsamen Angriff, die
Lex Salica ein adsalire 7, wovon die Heimsuchung auch adsalitura,

109 Leges Eurici fr. 280: sicut fur ea, quae caelavit .., conpositione inplere
cogatur. Lex Baiuw. XV 5.
110 Wer eine Sache ohne den Willen des Eigentümers verkauft, haftet diesem
wegen inlicita venditio nach Leges Eurici fr. 289 und nach Lex Baiuw. XVI 1. 4
für doppelten Ersatz. Siehe oben S. 510.
111 Lex Wisig. VII 6, 3. 4.
1 Mhd. heimsuoche, heimsouchinge, altbair. heimzuht, fries. hamsekenge, ags.
hámsócn oder hámfaru, altnord. heimsókn.
2 Summula de bannis c. 7, Cap. I 224. Vgl. unten Anm. 8.
3 Lex Rib. 64.
4 Conv. Silvac. v. J. 853, c. 3, Pertz, LL I 424: de collectis, quas theudisca
lingua heriszuph appellat. Cap. ad leg. Baw. add. c. 2, I 157: vis per collecta
hominum. Fortia in Cap. Sax. c. 1, I 71.
5 Roth. 379. Vgl. über das Wort Carl Meyer, Sprache und Sprachdenk-
mäler der Langobarden S. 291. Die zu gleichem Zwecke erfolgende Zusammen-
rottung von Knechten heiſst concilius rusticanorum. Roth. 279.
6 Siehe oben S. 570, Anm. 36. 37. Reisa vel expeditio heiſst die Heim-
suchung in jüngeren deutschen Quellen. Osenbrüggen, Hausfrieden S. 69.
7 Lex Sal. 14, 6.
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[651/0669] § 140. Die Heimsuchung. die Pflicht der Rückgabe erhalten hat und, statt sie zurückzugeben, den Besitz ableugnet 109. Ein solcher soll dann gleich einem Diebe bestraft werden 110. Nach westgotischem Rechte werden Handwerker, welche von den ihnen zur Bearbeitung oder Verarbeitung übergebenen Sachen etwas unterschlagen, als Diebe behandelt 111. § 140. Die Heimsuchung. Wilda, Strafrecht S. 952. 781. Osenbrüggen, Der Hausfrieden, 1857, S. 60 ff. Derselbe, Strafrecht der Langobarden S. 139. Schmid, Gesetze d. Angel- sachsen S. 606. 615. Stemann, Den danske Retshistorie S. 666. Die Missethat der Heimsuchung 1 war ein strafrechtlich ausge- zeichneter Bruch des Hausfriedens, nämlich Überfall von Haus und Hof mit bewaffnetem Gefolge. Ursprünglich zählte sie zu den Banden- verbrechen. Weil sie eine Bande, ein Heer voraussetzte, hieſs sie fränkisch harizuht 2, hariraida 3 oder collecta 4, langobardisch hari- traib 5, altdänisch hærvirki. Nach fränkischem Rechte geschah sie durch ein contubernium, nach langobardischem Rechte durch min- destens fünf, nach dänischem durch mindestens sechs Genossen. Das bairische Recht unterschied heriraita und heimzuht, je nachdem die Missethat mit wenigstens 42 Schilden oder mit einer geringeren Zahl verübt wurde 6. Das fränkische Recht verlangt einen gewaltsamen Angriff, die Lex Salica ein adsalire 7, wovon die Heimsuchung auch adsalitura, 109 Leges Eurici fr. 280: sicut fur ea, quae caelavit .., conpositione inplere cogatur. Lex Baiuw. XV 5. 110 Wer eine Sache ohne den Willen des Eigentümers verkauft, haftet diesem wegen inlicita venditio nach Leges Eurici fr. 289 und nach Lex Baiuw. XVI 1. 4 für doppelten Ersatz. Siehe oben S. 510. 111 Lex Wisig. VII 6, 3. 4. 1 Mhd. heimsuoche, heimsouchinge, altbair. heimzuht, fries. hamsekenge, ags. hámsócn oder hámfaru, altnord. heimsókn. 2 Summula de bannis c. 7, Cap. I 224. Vgl. unten Anm. 8. 3 Lex Rib. 64. 4 Conv. Silvac. v. J. 853, c. 3, Pertz, LL I 424: de collectis, quas theudisca lingua heriszuph appellat. Cap. ad leg. Baw. add. c. 2, I 157: vis per collecta hominum. Fortia in Cap. Sax. c. 1, I 71. 5 Roth. 379. Vgl. über das Wort Carl Meyer, Sprache und Sprachdenk- mäler der Langobarden S. 291. Die zu gleichem Zwecke erfolgende Zusammen- rottung von Knechten heiſst concilius rusticanorum. Roth. 279. 6 Siehe oben S. 570, Anm. 36. 37. Reisa vel expeditio heiſst die Heim- suchung in jüngeren deutschen Quellen. Osenbrüggen, Hausfrieden S. 69. 7 Lex Sal. 14, 6.

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 651. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/669>, abgerufen am 23.11.2024.