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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.

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§ 86. Reste der römischen Städteverfassung.
Westfrancien noch 884 44, in Italien 923 45 genannt. Missi ad hoc
lassen sich in dem gesamten Gebiete des fränkischen Reiches bis zu
dessen Auflösung nachweisen. Im ostfränkischen Reiche kommen
ausser ihnen nur ständige Missi vor 46. Die ordentlichen wandern-
den Missi sind hier schon unter Ludwig dem Deutschen für immer in
Abgang geraten.

Die Gestaltung, welche das missatische Institut der nachfrän-
kischen Zeit in Italien aufweist, schliesst sich an die karolingischen
Einrichtungen an 47. Dass diese auch im westfränkischen Reiche nicht
auf die Dauer untergingen, sondern einer Wiederbelebung fähig blie-
ben und teilhaftig wurden, bezeugen die reisenden Richter der nor-
mannischen und der anglo-normannischen Gerichtsverfassung, die in den
fränkischen Missi ihr deutlich erkennbares Vorbild haben 48. Von den
spurenhaften Nachwirkungen, welche die Institution der Missi in der
Verfassung des deutschen Reiches erkennen lässt, wird in einem fol-
genden Bande dieses Handbuches zu handeln sein.

§ 86. Reste der römischen Städteverfassung.

Savigny, Geschichte des röm. Rechts I 38. 105. 301 ff., 310 ff. Karlowa, Röm.
RG I 896. Mommsen, Ostgoth. Studien NA XIV 494. Raynouard, Hist. du
droit municipal en France 1829. Klimrath, Travaux sur l'histoire du droit
francais 1843, I 443. Glasson, Histoire II 381. Viollet, Histoire I 315.
Hegel, Städteverfassung von Italien I 136 ff. Diehl, L'administration byzantine
S. 93 ff. Ludo Hartmann, Untersuchungen zur Gesch. der byzant. Verwaltung
in Italien 1889, S. 45 f. Dahn, Könige VI 301 ff. H. Brunner, RG der Ur-
kunde I 139 f. und Z2 f. RG V 74. Chenon, Etude historique sur le defensor
civitatis, Nouv. Revue histor. de droit francais 1889, S. 321 ff. 515 ff.

Die spätrömische Provinzialstadt hatte einen Quasisenat, curia

Dass sie durch Bestätigung des Papienser Kapitulars in der Synode von Ponthieu,
Pertz, LL I 533, auf die westfränkischen Bischöfe ausgedehnt worden sei, muss
bezweifelt werden.
44 Karlomanni Cap. ad Vernis palatium v. J. 884, Pertz, LL I 552, c. 9: ut
missi dominici suis in locis ex hoc fideliter adiuvent.
45 Cod. dipl. Lang. I col. 859 f. Ficker, Forschungen II 39. Krause S. 57.
46 Waitz, VG VI 355. In Wartmann II 397, Nr. 21, v. J. 842--872 ein
Graf als missus neben einem Abt. An Stelle desselben Grafen in Wartmann III
685, Nr. 4, v. J. 839--845 ein missus comitis in vice eiusdem comitis a parte pa-
lacii missus. A. O. II 229, Nr. 620, v. J. 882: R. missum imperatoris in vicem comitis.
Fasst man den Grafen hier als Königsboten auf, so kann er nicht ein ausserordent-
licher gewesen sein. Denn dann hätte es keinen Sinn gehabt, einen vom Hof ge-
sandten missus als seinen Vertreter zu bezeichnen.
47 Ficker, Forschungen II 119 ff.
48 H. Brunner, Entstehung der Schwurgerichte S. 154 f.

§ 86. Reste der römischen Städteverfassung.
Westfrancien noch 884 44, in Italien 923 45 genannt. Missi ad hoc
lassen sich in dem gesamten Gebiete des fränkischen Reiches bis zu
dessen Auflösung nachweisen. Im ostfränkischen Reiche kommen
auſser ihnen nur ständige Missi vor 46. Die ordentlichen wandern-
den Missi sind hier schon unter Ludwig dem Deutschen für immer in
Abgang geraten.

Die Gestaltung, welche das missatische Institut der nachfrän-
kischen Zeit in Italien aufweist, schlieſst sich an die karolingischen
Einrichtungen an 47. Daſs diese auch im westfränkischen Reiche nicht
auf die Dauer untergingen, sondern einer Wiederbelebung fähig blie-
ben und teilhaftig wurden, bezeugen die reisenden Richter der nor-
mannischen und der anglo-normannischen Gerichtsverfassung, die in den
fränkischen Missi ihr deutlich erkennbares Vorbild haben 48. Von den
spurenhaften Nachwirkungen, welche die Institution der Missi in der
Verfassung des deutschen Reiches erkennen läſst, wird in einem fol-
genden Bande dieses Handbuches zu handeln sein.

§ 86. Reste der römischen Städteverfassung.

Savigny, Geschichte des röm. Rechts I 38. 105. 301 ff., 310 ff. Karlowa, Röm.
RG I 896. Mommsen, Ostgoth. Studien NA XIV 494. Raynouard, Hist. du
droit municipal en France 1829. Klimrath, Travaux sur l’histoire du droit
français 1843, I 443. Glasson, Histoire II 381. Viollet, Histoire I 315.
Hegel, Städteverfassung von Italien I 136 ff. Diehl, L’administration byzantine
S. 93 ff. Ludo Hartmann, Untersuchungen zur Gesch. der byzant. Verwaltung
in Italien 1889, S. 45 f. Dahn, Könige VI 301 ff. H. Brunner, RG der Ur-
kunde I 139 f. und Z2 f. RG V 74. Chénon, Étude historique sur le defensor
civitatis, Nouv. Revue histor. de droit français 1889, S. 321 ff. 515 ff.

Die spätrömische Provinzialstadt hatte einen Quasisenat, curia

Daſs sie durch Bestätigung des Papienser Kapitulars in der Synode von Ponthieu,
Pertz, LL I 533, auf die westfränkischen Bischöfe ausgedehnt worden sei, muſs
bezweifelt werden.
44 Karlomanni Cap. ad Vernis palatium v. J. 884, Pertz, LL I 552, c. 9: ut
missi dominici suis in locis ex hoc fideliter adiuvent.
45 Cod. dipl. Lang. I col. 859 f. Ficker, Forschungen II 39. Krause S. 57.
46 Waitz, VG VI 355. In Wartmann II 397, Nr. 21, v. J. 842—872 ein
Graf als missus neben einem Abt. An Stelle desselben Grafen in Wartmann III
685, Nr. 4, v. J. 839—845 ein missus comitis in vice eiusdem comitis a parte pa-
lacii missus. A. O. II 229, Nr. 620, v. J. 882: R. missum imperatoris in vicem comitis.
Faſst man den Grafen hier als Königsboten auf, so kann er nicht ein auſserordent-
licher gewesen sein. Denn dann hätte es keinen Sinn gehabt, einen vom Hof ge-
sandten missus als seinen Vertreter zu bezeichnen.
47 Ficker, Forschungen II 119 ff.
48 H. Brunner, Entstehung der Schwurgerichte S. 154 f.
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[197/0215] § 86. Reste der römischen Städteverfassung. Westfrancien noch 884 44, in Italien 923 45 genannt. Missi ad hoc lassen sich in dem gesamten Gebiete des fränkischen Reiches bis zu dessen Auflösung nachweisen. Im ostfränkischen Reiche kommen auſser ihnen nur ständige Missi vor 46. Die ordentlichen wandern- den Missi sind hier schon unter Ludwig dem Deutschen für immer in Abgang geraten. Die Gestaltung, welche das missatische Institut der nachfrän- kischen Zeit in Italien aufweist, schlieſst sich an die karolingischen Einrichtungen an 47. Daſs diese auch im westfränkischen Reiche nicht auf die Dauer untergingen, sondern einer Wiederbelebung fähig blie- ben und teilhaftig wurden, bezeugen die reisenden Richter der nor- mannischen und der anglo-normannischen Gerichtsverfassung, die in den fränkischen Missi ihr deutlich erkennbares Vorbild haben 48. Von den spurenhaften Nachwirkungen, welche die Institution der Missi in der Verfassung des deutschen Reiches erkennen läſst, wird in einem fol- genden Bande dieses Handbuches zu handeln sein. § 86. Reste der römischen Städteverfassung. Savigny, Geschichte des röm. Rechts I 38. 105. 301 ff., 310 ff. Karlowa, Röm. RG I 896. Mommsen, Ostgoth. Studien NA XIV 494. Raynouard, Hist. du droit municipal en France 1829. Klimrath, Travaux sur l’histoire du droit français 1843, I 443. Glasson, Histoire II 381. Viollet, Histoire I 315. Hegel, Städteverfassung von Italien I 136 ff. Diehl, L’administration byzantine S. 93 ff. Ludo Hartmann, Untersuchungen zur Gesch. der byzant. Verwaltung in Italien 1889, S. 45 f. Dahn, Könige VI 301 ff. H. Brunner, RG der Ur- kunde I 139 f. und Z2 f. RG V 74. Chénon, Étude historique sur le defensor civitatis, Nouv. Revue histor. de droit français 1889, S. 321 ff. 515 ff. Die spätrömische Provinzialstadt hatte einen Quasisenat, curia 43 44 Karlomanni Cap. ad Vernis palatium v. J. 884, Pertz, LL I 552, c. 9: ut missi dominici suis in locis ex hoc fideliter adiuvent. 45 Cod. dipl. Lang. I col. 859 f. Ficker, Forschungen II 39. Krause S. 57. 46 Waitz, VG VI 355. In Wartmann II 397, Nr. 21, v. J. 842—872 ein Graf als missus neben einem Abt. An Stelle desselben Grafen in Wartmann III 685, Nr. 4, v. J. 839—845 ein missus comitis in vice eiusdem comitis a parte pa- lacii missus. A. O. II 229, Nr. 620, v. J. 882: R. missum imperatoris in vicem comitis. Faſst man den Grafen hier als Königsboten auf, so kann er nicht ein auſserordent- licher gewesen sein. Denn dann hätte es keinen Sinn gehabt, einen vom Hof ge- sandten missus als seinen Vertreter zu bezeichnen. 47 Ficker, Forschungen II 119 ff. 48 H. Brunner, Entstehung der Schwurgerichte S. 154 f. 43 Daſs sie durch Bestätigung des Papienser Kapitulars in der Synode von Ponthieu, Pertz, LL I 533, auf die westfränkischen Bischöfe ausgedehnt worden sei, muſs bezweifelt werden.

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/215>, abgerufen am 21.11.2024.