J. H. Müller, Deutsche Münzgeschichte I, 1860. Waitz, Über die Münzverhält- nisse in den älteren Rechtsbüchern des fränkischen Reiches, 1861 Abhandl. der Gött. Gesellschaft der Wissensch. IX; derselbe, Verfassungsgesch. II 2 S 305 ff., IV 77 ff. Soetbeer, Beiträge zur Geschichte des Geld- und Münzwesens in Deutschland, Forschungen I. II. IV. VI. v. Richthofen, Zur Lex Sax. S 28 ff. v. Inama-Sternegg, Deutsche Wirtschaftsgeschichte S 183. 450. Guerard, Polyptyque de l'abbe Irminon I 109 ff. 941 ff.
Durch den Verkehr mit den Römern hatten die Germanen das römische Metallgeld kennen und schätzen gelernt. Unter den Gold- münzen römischen Gepräges, welche man in Deutschland aufgefunden hat, sind namentlich die Goldsolidi des konstantinischen Münzfusses häufig vertreten. Von den Sibermünzen nahmen die Germanen mit Vorliebe die schwereren älteren Silberdenare1 und hielten daran fest, als sie im römischen Reiche ausser Kurs gesetzt und durch Denare geringeren Silbergehaltes verdrängt worden waren. Bald nach der Eroberung Galliens führten die Salfranken eine Neuordnung des da- selbst herrschenden Münzwesens durch, indem sie vierzig Silberdenare einem Goldsolidus gleichsetzten. In Gallien zirkulierten vor dieser Reform neben den Goldsolidi und neben Kupfermünzen, die für die Geschichte des deutschen Münzwesens nicht weiter in Betracht kamen, Silbermünzen, siliquae genannt, deren 24 auf den Goldsolidus ge- rechnet wurden. Es ist wahrscheinlich, dass die Salier an diese siliqua anknüpften, indem sie dieselbe, weil sie minderwertig aus- geprägt war, mit Rücksicht auf ihren wirklichen Metallgehalt und mit Rücksicht auf das damalige Wertverhältnis des Silbers zum Golde als den vierzigsten Teil des Goldsolidus in Rechnung stellten und als Denar bezeichneten. Das deutsche Wort für Solidus war Schilling. Aus dem Pfund Goldes wurden anfänglich 72, seit der 2. Hälfte des 6. Jahrhunderts 84 Schillinge geschlagen. Öfter als der Solidus dürfte der Goldtriens, das Drittel des Solidus2, ausgeprägt worden sein.
Im Gegensatz zu den Franken scheinen die oberdeutschen Stämme an der Rechnung nach schweren Silberdenaren festgehalten zu haben. Die Baiern und die Alamannen zählen nämlich auf den Goldsolidus
1 Tacitus, Germ. c. 5: pecuniam probant veterem et diu notam, serratos biga- tosque (Denare mit zackigem Rande und mit dem Gepräge des Zweigespanns). argentum quoque magis quam aurum sequuntur, nulla affectione animi, sed quia numerus argenteorum facilior usui est promiscua ac vilia mercantibus.
2 Auch tremissis genannt. Lex Rib. 23; Pactus pro tenore pacis c. 6 Cap. I 4. Tremissus sagt die Recap. zur Lex Sal. A 4 und B 5 statt triens in Lex Sal. 35, 4 (Cod. 6).
§ 27. Geld- und Münzwesen.
J. H. Müller, Deutsche Münzgeschichte I, 1860. Waitz, Über die Münzverhält- nisse in den älteren Rechtsbüchern des fränkischen Reiches, 1861 Abhandl. der Gött. Gesellschaft der Wissensch. IX; derselbe, Verfassungsgesch. II 2 S 305 ff., IV 77 ff. Soetbeer, Beiträge zur Geschichte des Geld- und Münzwesens in Deutschland, Forschungen I. II. IV. VI. v. Richthofen, Zur Lex Sax. S 28 ff. v. Inama-Sternegg, Deutsche Wirtschaftsgeschichte S 183. 450. Guérard, Polyptyque de l’abbé Irminon I 109 ff. 941 ff.
Durch den Verkehr mit den Römern hatten die Germanen das römische Metallgeld kennen und schätzen gelernt. Unter den Gold- münzen römischen Gepräges, welche man in Deutschland aufgefunden hat, sind namentlich die Goldsolidi des konstantinischen Münzfuſses häufig vertreten. Von den Sibermünzen nahmen die Germanen mit Vorliebe die schwereren älteren Silberdenare1 und hielten daran fest, als sie im römischen Reiche auſser Kurs gesetzt und durch Denare geringeren Silbergehaltes verdrängt worden waren. Bald nach der Eroberung Galliens führten die Salfranken eine Neuordnung des da- selbst herrschenden Münzwesens durch, indem sie vierzig Silberdenare einem Goldsolidus gleichsetzten. In Gallien zirkulierten vor dieser Reform neben den Goldsolidi und neben Kupfermünzen, die für die Geschichte des deutschen Münzwesens nicht weiter in Betracht kamen, Silbermünzen, siliquae genannt, deren 24 auf den Goldsolidus ge- rechnet wurden. Es ist wahrscheinlich, daſs die Salier an diese siliqua anknüpften, indem sie dieselbe, weil sie minderwertig aus- geprägt war, mit Rücksicht auf ihren wirklichen Metallgehalt und mit Rücksicht auf das damalige Wertverhältnis des Silbers zum Golde als den vierzigsten Teil des Goldsolidus in Rechnung stellten und als Denar bezeichneten. Das deutsche Wort für Solidus war Schilling. Aus dem Pfund Goldes wurden anfänglich 72, seit der 2. Hälfte des 6. Jahrhunderts 84 Schillinge geschlagen. Öfter als der Solidus dürfte der Goldtriens, das Drittel des Solidus2, ausgeprägt worden sein.
Im Gegensatz zu den Franken scheinen die oberdeutschen Stämme an der Rechnung nach schweren Silberdenaren festgehalten zu haben. Die Baiern und die Alamannen zählen nämlich auf den Goldsolidus
1 Tacitus, Germ. c. 5: pecuniam probant veterem et diu notam, serratos biga- tosque (Denare mit zackigem Rande und mit dem Gepräge des Zweigespanns). argentum quoque magis quam aurum sequuntur, nulla affectione animi, sed quia numerus argenteorum facilior usui est promiscua ac vilia mercantibus.
2 Auch tremissis genannt. Lex Rib. 23; Pactus pro tenore pacis c. 6 Cap. I 4. Tremissus sagt die Recap. zur Lex Sal. A 4 und B 5 statt triens in Lex Sal. 35, 4 (Cod. 6).
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J. H. Müller, Deutsche Münzgeschichte I, 1860. Waitz, Über die Münzverhält-
nisse in den älteren Rechtsbüchern des fränkischen Reiches, 1861 Abhandl. der
Gött. Gesellschaft der Wissensch. IX; derselbe, Verfassungsgesch. II 2 S 305 ff.,
IV 77 ff. Soetbeer, Beiträge zur Geschichte des Geld- und Münzwesens in
Deutschland, Forschungen I. II. IV. VI. v. Richthofen, Zur Lex Sax. S 28 ff.
v. Inama-Sternegg, Deutsche Wirtschaftsgeschichte S 183. 450. Guérard,
Polyptyque de l’abbé Irminon I 109 ff. 941 ff.
Durch den Verkehr mit den Römern hatten die Germanen das
römische Metallgeld kennen und schätzen gelernt. Unter den Gold-
münzen römischen Gepräges, welche man in Deutschland aufgefunden
hat, sind namentlich die Goldsolidi des konstantinischen Münzfuſses
häufig vertreten. Von den Sibermünzen nahmen die Germanen mit
Vorliebe die schwereren älteren Silberdenare 1 und hielten daran fest,
als sie im römischen Reiche auſser Kurs gesetzt und durch Denare
geringeren Silbergehaltes verdrängt worden waren. Bald nach der
Eroberung Galliens führten die Salfranken eine Neuordnung des da-
selbst herrschenden Münzwesens durch, indem sie vierzig Silberdenare
einem Goldsolidus gleichsetzten. In Gallien zirkulierten vor dieser
Reform neben den Goldsolidi und neben Kupfermünzen, die für die
Geschichte des deutschen Münzwesens nicht weiter in Betracht kamen,
Silbermünzen, siliquae genannt, deren 24 auf den Goldsolidus ge-
rechnet wurden. Es ist wahrscheinlich, daſs die Salier an diese
siliqua anknüpften, indem sie dieselbe, weil sie minderwertig aus-
geprägt war, mit Rücksicht auf ihren wirklichen Metallgehalt und mit
Rücksicht auf das damalige Wertverhältnis des Silbers zum Golde als
den vierzigsten Teil des Goldsolidus in Rechnung stellten und als
Denar bezeichneten. Das deutsche Wort für Solidus war Schilling.
Aus dem Pfund Goldes wurden anfänglich 72, seit der 2. Hälfte des
6. Jahrhunderts 84 Schillinge geschlagen. Öfter als der Solidus dürfte
der Goldtriens, das Drittel des Solidus 2, ausgeprägt worden sein.
Im Gegensatz zu den Franken scheinen die oberdeutschen Stämme
an der Rechnung nach schweren Silberdenaren festgehalten zu haben.
Die Baiern und die Alamannen zählen nämlich auf den Goldsolidus
1 Tacitus, Germ. c. 5: pecuniam probant veterem et diu notam, serratos biga-
tosque (Denare mit zackigem Rande und mit dem Gepräge des Zweigespanns).
argentum quoque magis quam aurum sequuntur, nulla affectione animi, sed quia
numerus argenteorum facilior usui est promiscua ac vilia mercantibus.
2 Auch tremissis genannt. Lex Rib. 23; Pactus pro tenore pacis c. 6 Cap. I 4.
Tremissus sagt die Recap. zur Lex Sal. A 4 und B 5 statt triens in Lex Sal. 35,
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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1887, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte01_1887/231>, abgerufen am 02.03.2025.
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