Brümmer, Franz: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Bd. 5. 6. Aufl. Leipzig, 1913.
Phi zeitig Strafanstaltsprediger daselbst;seit 1910 wirkt er als Pfarrer in Wiesbaden. S: Einfache Geschich- Philippson, Ludwig, Sohn eines Phi unter dem Titel "Siloah"), durchdas im Jahre 1834 begründete "Js- raelitische Predigt- und Schulmaga- zin", durch die 1836 an dessen Stelle gesetzte "Allgemeine Zeitung des Ju- dentums", insonderheit aber durch seine großartigen Bemühungen zur Verbesserung der sozialen und poli- tischen Zustände seiner Glaubens- genossen in außerdeutschen Ländern eine weitverbreitete und segensreiche Wirksamkeit entwickelte. Die Ereig- nisse des Jahres 1848 trafen P. auf der gemäßigt-liberalen Seite; er nahm sich damals besonders der ge- werblichen Verhältnisse an, wurde 1849 Mitglied des Gewerberates u. 1850 des inneren Gewerberates, auch Präsident des allgemeinen Lehrer- vereins der Provinz Sachsen. Jm Winter 1850-51 u. 1852-53 hielt er wieder öffentliche Vorlesungen, er- krankte aber infolge seiner vielseiti- gen, anstrengenden Tätigkeit. Nach seiner Genesung machte er 1853 eine Reise nach Prag u. Wien, 1854 nach Paris und 1855 nach Brüssel, wo er in maßgebenden Kreisen für die rus- sischen u. orientalischen Juden wirkte; auch gründete er 1855 das Jnstitut zur Förderung israelitischer Litera- tur, das sich durch 18 Jahre seines Bestehens schöner Erfolge erfreute. Das Unglück, beinahe gänzlich zu er- blinden, nötigte ihn, 1862 sein Amt niederzulegen; er siedelte nach Bonn über, wo er seitdem, von seiner Gat- tin unterstützt, seine schriftstellerische Tätigkeit fortsetzte u. am 29. Dezbr. 1889 starb. S: Stimmen und Stim- *
Phi zeitig Strafanſtaltsprediger daſelbſt;ſeit 1910 wirkt er als Pfarrer in Wiesbaden. S: Einfache Geſchich- Philippſon, Ludwig, Sohn eines Phi unter dem Titel „Siloah“), durchdas im Jahre 1834 begründete „Js- raelitiſche Predigt- und Schulmaga- zin“, durch die 1836 an deſſen Stelle geſetzte „Allgemeine Zeitung des Ju- dentums“, inſonderheit aber durch ſeine großartigen Bemühungen zur Verbeſſerung der ſozialen und poli- tiſchen Zuſtände ſeiner Glaubens- genoſſen in außerdeutſchen Ländern eine weitverbreitete und ſegensreiche Wirkſamkeit entwickelte. Die Ereig- niſſe des Jahres 1848 trafen P. auf der gemäßigt-liberalen Seite; er nahm ſich damals beſonders der ge- werblichen Verhältniſſe an, wurde 1849 Mitglied des Gewerberates u. 1850 des inneren Gewerberates, auch Präſident des allgemeinen Lehrer- vereins der Provinz Sachſen. Jm Winter 1850‒51 u. 1852‒53 hielt er wieder öffentliche Vorleſungen, er- krankte aber infolge ſeiner vielſeiti- gen, anſtrengenden Tätigkeit. Nach ſeiner Geneſung machte er 1853 eine Reiſe nach Prag u. Wien, 1854 nach Paris und 1855 nach Brüſſel, wo er in maßgebenden Kreiſen für die ruſ- ſiſchen u. orientaliſchen Juden wirkte; auch gründete er 1855 das Jnſtitut zur Förderung israelitiſcher Litera- tur, das ſich durch 18 Jahre ſeines Beſtehens ſchöner Erfolge erfreute. Das Unglück, beinahe gänzlich zu er- blinden, nötigte ihn, 1862 ſein Amt niederzulegen; er ſiedelte nach Bonn über, wo er ſeitdem, von ſeiner Gat- tin unterſtützt, ſeine ſchriftſtelleriſche Tätigkeit fortſetzte u. am 29. Dezbr. 1889 ſtarb. S: Stimmen und Stim- *
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Phi
Phi
zeitig Strafanſtaltsprediger daſelbſt;
ſeit 1910 wirkt er als Pfarrer in
Wiesbaden.
S: Einfache Geſchich-
ten, 1899. ‒ Aus der Stille (Lr.),
1902. ‒ Haſſelbach und Wildendorn
(Erzählungen aus dem Weſterwälder
Volksleben), 1903. ‒ Jeremia (Dra-
mat. D.), 1905. ‒ Unter den langen
Dächern (Neue Erzähl. vom Weſter-
wald), 1906. ‒ Menſchenlied (Neue
Ge.), 1906. ‒ Weſterwälder Volks-
erzählungen. Eingeleitet v. Walther
Schulte vom Brühl; 1. Tl., 1906 (Jn-
halt: I. „Freibier“. ‒ Das Stoppel-
kalb). ‒ Adam Notmann. Ein Leben
in der Zelle (R.), 1906. ‒ Von der
Erde und vom Menſchen (Bauern-
geſchn.), 1907. ‒ Auf der Jnſel (Zucht-
hausgeſchn.), 1910. ‒ Vom Weibe biſt
du (R.), 1911. ‒ Jm Netz (Nn.), 1912.
Philippſon, Ludwig, Sohn eines
jüdiſchen Lehrers an der herzoglichen
Franz-Schule und Schriftſtellers in
deutſcher und hebräiſcher Sprache,
wurde am 28. Dezbr. 1811 zu Deſſau
geboren, verlor ſeinen Vater bereits
im dritten Jahre u. wurde von ſeiner
Mutter u. ſeinem älteren Bruder in
der Liebe zur Wiſſenſchaft erzogen.
Jm Jahre 1825 kam er auf die latei-
niſche Schule des Waiſenhauſes in
Halle, als deren Zögling er „Die
Propheten Hoſea, Joel, Jona, Obad-
ja und Nahum in metriſch-deutſcher
Überſetzung“ veröffentlichte u. unter
dem Namen ſeines Bruders Phöbus,
der in Halle Medizin ſtudierte, her-
ausgab. Ludwig ſtudierte dann von
1829‒33 in Berlin Philologie, Philo-
ſophie, Naturwiſſenſchaften, Geſchichte
und jüdiſche Theologie. Jn dieſe Zeit
fallen mehrere ſeiner gelehrten Schrif-
ten, deren Bedeutung die Univerſität
Jena durch Verleihung der Doktor-
würde anerkannte. Jm Herbſt 1833
folgte er einem Rufe als Prediger u.
Dirigent der Religionsſchule, ſowie
als Rabbiner des Magdeburger Sy-
nagogenbezirks nach Magdeburg, wo
er durch ſeine Predigten (erſchienen
unter dem Titel „Siloah“), durch
das im Jahre 1834 begründete „Js-
raelitiſche Predigt- und Schulmaga-
zin“, durch die 1836 an deſſen Stelle
geſetzte „Allgemeine Zeitung des Ju-
dentums“, inſonderheit aber durch
ſeine großartigen Bemühungen zur
Verbeſſerung der ſozialen und poli-
tiſchen Zuſtände ſeiner Glaubens-
genoſſen in außerdeutſchen Ländern
eine weitverbreitete und ſegensreiche
Wirkſamkeit entwickelte. Die Ereig-
niſſe des Jahres 1848 trafen P. auf
der gemäßigt-liberalen Seite; er
nahm ſich damals beſonders der ge-
werblichen Verhältniſſe an, wurde
1849 Mitglied des Gewerberates u.
1850 des inneren Gewerberates, auch
Präſident des allgemeinen Lehrer-
vereins der Provinz Sachſen. Jm
Winter 1850‒51 u. 1852‒53 hielt er
wieder öffentliche Vorleſungen, er-
krankte aber infolge ſeiner vielſeiti-
gen, anſtrengenden Tätigkeit. Nach
ſeiner Geneſung machte er 1853 eine
Reiſe nach Prag u. Wien, 1854 nach
Paris und 1855 nach Brüſſel, wo er
in maßgebenden Kreiſen für die ruſ-
ſiſchen u. orientaliſchen Juden wirkte;
auch gründete er 1855 das Jnſtitut
zur Förderung israelitiſcher Litera-
tur, das ſich durch 18 Jahre ſeines
Beſtehens ſchöner Erfolge erfreute.
Das Unglück, beinahe gänzlich zu er-
blinden, nötigte ihn, 1862 ſein Amt
niederzulegen; er ſiedelte nach Bonn
über, wo er ſeitdem, von ſeiner Gat-
tin unterſtützt, ſeine ſchriftſtelleriſche
Tätigkeit fortſetzte u. am 29. Dezbr.
1889 ſtarb.
S: Stimmen und Stim-
mungen aus der Zeit (Ge.), 1849. ‒
Saron (Geſammelte Dn., mit ſeinem
Bruder hrsg.); V, 1843‒63. ‒ Das
Jch (Dd. G.), 1859. ‒ Sepphoris u.
Rom (Hiſtor. R.); II, 2. A. 1866. ‒
Jakob Tirado (Hiſt. R.), 1867. ‒ An
den Strömen durch drei Jahrhun-
derte (En.), 1872. ‒ Die Entthronten
(Tr.), 1869. ‒ Geſammelte Schriften
(hrsg. v. Martin Philippſon), 1891 ff.
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