Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brümmer, Franz: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Bd. 4. 6. Aufl. Leipzig, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite


[Spaltenumbruch]

Mey
Gymnasial- und medizinischen Uni-
versitätsstudien, letztere besonders
unter Hyrtl u. Rokitansky. Jm Jahre
1861 wurde er zum Dr, med. et chir.
promoviert. Seine ärztliche Praxis
begann er als Sekundararzt im Ru-
dolfs-Spital. Jm Jahre 1865 habi-
litierte er sich als Privatdozent für
Bau und Leistung des menschlichen
Gehirns und wurde schon im folgen-
den Jahre auf Rokitanskys Empfeh-
lung Prosektor an der niederöster-
reichischen Jrrenanstalt. Seit 1868
dozierte er auch Psychiatrie, u. 1870
wurde er zum außerordentlichen Pro-
fessor der Psychiatrie und Vorstande
der psychiatrischen Klinik ernannt.
Seine Heilanstalt in Wien genoß
einen ganz ungewöhnlichen Ruf, und
sein Urteil und Rat wurde von Tau-
senden nachgesucht. Jm Jahre 1873
wurde er zum ordentlichen Professor
ernannt, und als er 1874 einen Ruf
an die psychiatrische Klinik in Zürich
erhielt, wußte man ihn durch Neu-
einrichtung der jetzigen psychiatrischen
Klinik im Allgemeinen Wiener Kran-
kenhause in Wien zu erhalten. Er
übernahm dieselbe noch in demselben
Jahre und fügte 1887 seiner Klinik
die organisch so eng dazu gehörende
Abteilung für Nervenkranke an. M.
war inzwischen 1885 zum Hofrat er-
nannt und wurde am 30. Mai 1892
zum ordentlichen Mitgliede der kai-
serlichen Akademie der Wissenschaften
erwählt. Er war auch Mitglied des
obersten Sanitätsrates, Präsident des
Vereins für Psychiatrie u. forensische
Psychologie u. Vizepräsident der k. k.
Gesellschaft der Ärzte. Er starb am 31.
Mai 1892 an der Lungenentzündung
in seiner Villa in Klosterneuburg.
Seine zahlreichen Gedichte wurden
erst lange nach seinem Tode von sei-
ner Tochter herausgegeben und durch
ein Vorwort eingeleitet.

S:

Gedichte,
1905.

Meyr, Melchior,

wurde am 28.
Juni 1810 zu Ehringen bei Nördlin-
[Spaltenumbruch]

Mey
gen in Bayern geboren, woselbst sein
Vater ein Bauerngut besaß, besuchte
die deutsche und lateinische Schule zu
Nördlingen, die Gymnasien zu Ans-
bach und Augsburg und bezog dann
die Universität München, wo er das
Studium der Rechte begann. Die
Vorlesungen Schellings wandten in-
des M.s Jnteresse bald ausschließlich
der Philosophie zu, und er gab das
Studium der Jurisprudenz auf.
Während des Jahres 1837 weilte er
in Erlangen u. stand hier in freund-
schaftlichem Verkehr mit Rückert, der
ihn auch zu poetischem Schaffen er-
munterte. Nachdem er dann drei
Jahre in München verlebt hatte, sie-
delte er 1840 nach Berlin über, wo
er ausschließlich der Literatur lebte,
im Verkehr mit den bedeutendsten
Männern in Kunst und Wissenschaft
zwölf Jahre verweilte und an allen
politischen u. philosophischen Kämp-
fen dieser Jahre den regsten Anteil
nahm. Seit 1852 lebte er abwech-
selnd in München oder in seiner Hei-
mat, mit literarischen Arbeiten und
philosophischen Forschungen beschäf-
tigt. Von letzteren zeugen seine Schrif-
ten "Gott und sein Reich" (1860) und
"Emilie. Drei Gespräche über Wahr-
heit, Güte u. Schönheit" (1863). Jm
Jahre 1866 veranlaßten ihn die Zeit-
ereignisse und die brennenden Tages-
fragen zu den "Gesprächen mit einem
Grobian" (2. A. 1867), denen er dann
ein "Neuestes Gespräch mit einem
Grobian" (1867) anonym folgen ließ.
Jn den letzten Jahren wandte sich
seine schriftstellerische Tätigkeit immer
ausschließlicher den wichtigsten Fra-
gen des geistigen u. gesellschaftlichen
Lebens zu. Nachdem er die Duellfrage
in einem geistvollen Roman behandelt
hatte, veröffentlichte er die Früchte
seiner philosophischen Studien in den
Schriften "Die Fortdauer nach dem
Tode" (1869), "Die Religion u. ihre
jetzt gebotene Fortbildung" (1871),
während seine "Gedanken über Kunst,

*


[Spaltenumbruch]

Mey
Gymnaſial- und mediziniſchen Uni-
verſitätsſtudien, letztere beſonders
unter Hyrtl u. Rokitansky. Jm Jahre
1861 wurde er zum Dr, med. et chir.
promoviert. Seine ärztliche Praxis
begann er als Sekundararzt im Ru-
dolfs-Spital. Jm Jahre 1865 habi-
litierte er ſich als Privatdozent für
Bau und Leiſtung des menſchlichen
Gehirns und wurde ſchon im folgen-
den Jahre auf Rokitanskys Empfeh-
lung Proſektor an der niederöſter-
reichiſchen Jrrenanſtalt. Seit 1868
dozierte er auch Pſychiatrie, u. 1870
wurde er zum außerordentlichen Pro-
feſſor der Pſychiatrie und Vorſtande
der pſychiatriſchen Klinik ernannt.
Seine Heilanſtalt in Wien genoß
einen ganz ungewöhnlichen Ruf, und
ſein Urteil und Rat wurde von Tau-
ſenden nachgeſucht. Jm Jahre 1873
wurde er zum ordentlichen Profeſſor
ernannt, und als er 1874 einen Ruf
an die pſychiatriſche Klinik in Zürich
erhielt, wußte man ihn durch Neu-
einrichtung der jetzigen pſychiatriſchen
Klinik im Allgemeinen Wiener Kran-
kenhauſe in Wien zu erhalten. Er
übernahm dieſelbe noch in demſelben
Jahre und fügte 1887 ſeiner Klinik
die organiſch ſo eng dazu gehörende
Abteilung für Nervenkranke an. M.
war inzwiſchen 1885 zum Hofrat er-
nannt und wurde am 30. Mai 1892
zum ordentlichen Mitgliede der kai-
ſerlichen Akademie der Wiſſenſchaften
erwählt. Er war auch Mitglied des
oberſten Sanitätsrates, Präſident des
Vereins für Pſychiatrie u. forenſiſche
Pſychologie u. Vizepräſident der k. k.
Geſellſchaft der Ärzte. Er ſtarb am 31.
Mai 1892 an der Lungenentzündung
in ſeiner Villa in Kloſterneuburg.
Seine zahlreichen Gedichte wurden
erſt lange nach ſeinem Tode von ſei-
ner Tochter herausgegeben und durch
ein Vorwort eingeleitet.

S:

Gedichte,
1905.

Meyr, Melchior,

wurde am 28.
Juni 1810 zu Ehringen bei Nördlin-
[Spaltenumbruch]

Mey
gen in Bayern geboren, woſelbſt ſein
Vater ein Bauerngut beſaß, beſuchte
die deutſche und lateiniſche Schule zu
Nördlingen, die Gymnaſien zu Ans-
bach und Augsburg und bezog dann
die Univerſität München, wo er das
Studium der Rechte begann. Die
Vorleſungen Schellings wandten in-
des M.s Jntereſſe bald ausſchließlich
der Philoſophie zu, und er gab das
Studium der Jurisprudenz auf.
Während des Jahres 1837 weilte er
in Erlangen u. ſtand hier in freund-
ſchaftlichem Verkehr mit Rückert, der
ihn auch zu poetiſchem Schaffen er-
munterte. Nachdem er dann drei
Jahre in München verlebt hatte, ſie-
delte er 1840 nach Berlin über, wo
er ausſchließlich der Literatur lebte,
im Verkehr mit den bedeutendſten
Männern in Kunſt und Wiſſenſchaft
zwölf Jahre verweilte und an allen
politiſchen u. philoſophiſchen Kämp-
fen dieſer Jahre den regſten Anteil
nahm. Seit 1852 lebte er abwech-
ſelnd in München oder in ſeiner Hei-
mat, mit literariſchen Arbeiten und
philoſophiſchen Forſchungen beſchäf-
tigt. Von letzteren zeugen ſeine Schrif-
ten „Gott und ſein Reich‟ (1860) und
„Emilie. Drei Geſpräche über Wahr-
heit, Güte u. Schönheit‟ (1863). Jm
Jahre 1866 veranlaßten ihn die Zeit-
ereigniſſe und die brennenden Tages-
fragen zu den „Geſprächen mit einem
Grobian‟ (2. A. 1867), denen er dann
ein „Neueſtes Geſpräch mit einem
Grobian‟ (1867) anonym folgen ließ.
Jn den letzten Jahren wandte ſich
ſeine ſchriftſtelleriſche Tätigkeit immer
ausſchließlicher den wichtigſten Fra-
gen des geiſtigen u. geſellſchaftlichen
Lebens zu. Nachdem er die Duellfrage
in einem geiſtvollen Roman behandelt
hatte, veröffentlichte er die Früchte
ſeiner philoſophiſchen Studien in den
Schriften „Die Fortdauer nach dem
Tode‟ (1869), „Die Religion u. ihre
jetzt gebotene Fortbildung‟ (1871),
während ſeine „Gedanken über Kunſt,

*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="index" n="1">
        <p><pb facs="#f0467" n="463"/><lb/><cb/><lb/>
<fw type="header" place="top"><hi rendition="#g">Mey</hi></fw><lb/>
Gymna&#x017F;ial- und medizini&#x017F;chen Uni-<lb/>
ver&#x017F;itäts&#x017F;tudien, letztere be&#x017F;onders<lb/>
unter Hyrtl u. Rokitansky. Jm Jahre<lb/>
1861 wurde er zum <hi rendition="#aq">Dr, med. et chir.</hi><lb/>
promoviert. Seine ärztliche Praxis<lb/>
begann er als Sekundararzt im Ru-<lb/>
dolfs-Spital. Jm Jahre 1865 habi-<lb/>
litierte er &#x017F;ich als Privatdozent für<lb/>
Bau und Lei&#x017F;tung des men&#x017F;chlichen<lb/>
Gehirns und wurde &#x017F;chon im folgen-<lb/>
den Jahre auf Rokitanskys Empfeh-<lb/>
lung Pro&#x017F;ektor an der niederö&#x017F;ter-<lb/>
reichi&#x017F;chen Jrrenan&#x017F;talt. Seit 1868<lb/>
dozierte er auch P&#x017F;ychiatrie, u. 1870<lb/>
wurde er zum außerordentlichen Pro-<lb/>
fe&#x017F;&#x017F;or der P&#x017F;ychiatrie und Vor&#x017F;tande<lb/>
der p&#x017F;ychiatri&#x017F;chen Klinik ernannt.<lb/>
Seine Heilan&#x017F;talt in Wien genoß<lb/>
einen ganz ungewöhnlichen Ruf, und<lb/>
&#x017F;ein Urteil und Rat wurde von Tau-<lb/>
&#x017F;enden nachge&#x017F;ucht. Jm Jahre 1873<lb/>
wurde er zum ordentlichen Profe&#x017F;&#x017F;or<lb/>
ernannt, und als er 1874 einen Ruf<lb/>
an die p&#x017F;ychiatri&#x017F;che Klinik in Zürich<lb/>
erhielt, wußte man ihn durch Neu-<lb/>
einrichtung der jetzigen p&#x017F;ychiatri&#x017F;chen<lb/>
Klinik im Allgemeinen Wiener Kran-<lb/>
kenhau&#x017F;e in Wien zu erhalten. Er<lb/>
übernahm die&#x017F;elbe noch in dem&#x017F;elben<lb/>
Jahre und fügte 1887 &#x017F;einer Klinik<lb/>
die organi&#x017F;ch &#x017F;o eng dazu gehörende<lb/>
Abteilung für Nervenkranke an. M.<lb/>
war inzwi&#x017F;chen 1885 zum Hofrat er-<lb/>
nannt und wurde am 30. Mai 1892<lb/>
zum ordentlichen Mitgliede der kai-<lb/>
&#x017F;erlichen Akademie der Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften<lb/>
erwählt. Er war auch Mitglied des<lb/>
ober&#x017F;ten Sanitätsrates, Prä&#x017F;ident des<lb/>
Vereins für P&#x017F;ychiatrie u. foren&#x017F;i&#x017F;che<lb/>
P&#x017F;ychologie u. Vizeprä&#x017F;ident der k. k.<lb/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft der Ärzte. Er &#x017F;tarb am 31.<lb/>
Mai 1892 an der Lungenentzündung<lb/>
in &#x017F;einer Villa in Klo&#x017F;terneuburg.<lb/>
Seine zahlreichen Gedichte wurden<lb/>
er&#x017F;t lange nach &#x017F;einem Tode von &#x017F;ei-<lb/>
ner Tochter herausgegeben und durch<lb/>
ein Vorwort eingeleitet. </p>
      </div><lb/>
      <div type="bibliography" n="1">
        <head> <hi rendition="#i">S:</hi> </head>
        <p> Gedichte,<lb/>
1905.</p><lb/>
      </div><lb/>
      <div type="index" n="1">
        <head><hi rendition="#b">Meyr,</hi> Melchior,</head>
        <p> wurde am 28.<lb/>
Juni 1810 zu Ehringen bei Nördlin-<lb/><cb/><lb/>
<fw type="header" place="top"><hi rendition="#g">Mey</hi></fw><lb/>
gen in Bayern geboren, wo&#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ein<lb/>
Vater ein Bauerngut be&#x017F;aß, be&#x017F;uchte<lb/>
die deut&#x017F;che und lateini&#x017F;che Schule zu<lb/>
Nördlingen, die Gymna&#x017F;ien zu Ans-<lb/>
bach und Augsburg und bezog dann<lb/>
die Univer&#x017F;ität München, wo er das<lb/>
Studium der Rechte begann. Die<lb/>
Vorle&#x017F;ungen Schellings wandten in-<lb/>
des M.s Jntere&#x017F;&#x017F;e bald aus&#x017F;chließlich<lb/>
der Philo&#x017F;ophie zu, und er gab das<lb/>
Studium der Jurisprudenz auf.<lb/>
Während des Jahres 1837 weilte er<lb/>
in Erlangen u. &#x017F;tand hier in freund-<lb/>
&#x017F;chaftlichem Verkehr mit Rückert, der<lb/>
ihn auch zu poeti&#x017F;chem Schaffen er-<lb/>
munterte. Nachdem er dann drei<lb/>
Jahre in München verlebt hatte, &#x017F;ie-<lb/>
delte er 1840 nach Berlin über, wo<lb/>
er aus&#x017F;chließlich der Literatur lebte,<lb/>
im Verkehr mit den bedeutend&#x017F;ten<lb/>
Männern in Kun&#x017F;t und Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft<lb/>
zwölf Jahre verweilte und an allen<lb/>
politi&#x017F;chen u. philo&#x017F;ophi&#x017F;chen Kämp-<lb/>
fen die&#x017F;er Jahre den reg&#x017F;ten Anteil<lb/>
nahm. Seit 1852 lebte er abwech-<lb/>
&#x017F;elnd in München oder in &#x017F;einer Hei-<lb/>
mat, mit literari&#x017F;chen Arbeiten und<lb/>
philo&#x017F;ophi&#x017F;chen For&#x017F;chungen be&#x017F;chäf-<lb/>
tigt. Von letzteren zeugen &#x017F;eine Schrif-<lb/>
ten &#x201E;Gott und &#x017F;ein Reich&#x201F; (1860) und<lb/>
&#x201E;Emilie. Drei Ge&#x017F;präche über Wahr-<lb/>
heit, Güte u. Schönheit&#x201F; (1863). Jm<lb/>
Jahre 1866 veranlaßten ihn die Zeit-<lb/>
ereigni&#x017F;&#x017F;e und die brennenden Tages-<lb/>
fragen zu den &#x201E;Ge&#x017F;prächen mit einem<lb/>
Grobian&#x201F; (2. A. 1867), denen er dann<lb/>
ein &#x201E;Neue&#x017F;tes Ge&#x017F;präch mit einem<lb/>
Grobian&#x201F; (1867) anonym folgen ließ.<lb/>
Jn den letzten Jahren wandte &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;eine &#x017F;chrift&#x017F;telleri&#x017F;che Tätigkeit immer<lb/>
aus&#x017F;chließlicher den wichtig&#x017F;ten Fra-<lb/>
gen des gei&#x017F;tigen u. ge&#x017F;ell&#x017F;chaftlichen<lb/>
Lebens zu. Nachdem er die Duellfrage<lb/>
in einem gei&#x017F;tvollen Roman behandelt<lb/>
hatte, veröffentlichte er die Früchte<lb/>
&#x017F;einer philo&#x017F;ophi&#x017F;chen Studien in den<lb/>
Schriften &#x201E;Die Fortdauer nach dem<lb/>
Tode&#x201F; (1869), &#x201E;Die Religion u. ihre<lb/>
jetzt gebotene Fortbildung&#x201F; (1871),<lb/>
während &#x017F;eine &#x201E;Gedanken über Kun&#x017F;t,<lb/>
<fw type="sig" place="bottom">*</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[463/0467] Mey Mey Gymnaſial- und mediziniſchen Uni- verſitätsſtudien, letztere beſonders unter Hyrtl u. Rokitansky. Jm Jahre 1861 wurde er zum Dr, med. et chir. promoviert. Seine ärztliche Praxis begann er als Sekundararzt im Ru- dolfs-Spital. Jm Jahre 1865 habi- litierte er ſich als Privatdozent für Bau und Leiſtung des menſchlichen Gehirns und wurde ſchon im folgen- den Jahre auf Rokitanskys Empfeh- lung Proſektor an der niederöſter- reichiſchen Jrrenanſtalt. Seit 1868 dozierte er auch Pſychiatrie, u. 1870 wurde er zum außerordentlichen Pro- feſſor der Pſychiatrie und Vorſtande der pſychiatriſchen Klinik ernannt. Seine Heilanſtalt in Wien genoß einen ganz ungewöhnlichen Ruf, und ſein Urteil und Rat wurde von Tau- ſenden nachgeſucht. Jm Jahre 1873 wurde er zum ordentlichen Profeſſor ernannt, und als er 1874 einen Ruf an die pſychiatriſche Klinik in Zürich erhielt, wußte man ihn durch Neu- einrichtung der jetzigen pſychiatriſchen Klinik im Allgemeinen Wiener Kran- kenhauſe in Wien zu erhalten. Er übernahm dieſelbe noch in demſelben Jahre und fügte 1887 ſeiner Klinik die organiſch ſo eng dazu gehörende Abteilung für Nervenkranke an. M. war inzwiſchen 1885 zum Hofrat er- nannt und wurde am 30. Mai 1892 zum ordentlichen Mitgliede der kai- ſerlichen Akademie der Wiſſenſchaften erwählt. Er war auch Mitglied des oberſten Sanitätsrates, Präſident des Vereins für Pſychiatrie u. forenſiſche Pſychologie u. Vizepräſident der k. k. Geſellſchaft der Ärzte. Er ſtarb am 31. Mai 1892 an der Lungenentzündung in ſeiner Villa in Kloſterneuburg. Seine zahlreichen Gedichte wurden erſt lange nach ſeinem Tode von ſei- ner Tochter herausgegeben und durch ein Vorwort eingeleitet. S: Gedichte, 1905. Meyr, Melchior, wurde am 28. Juni 1810 zu Ehringen bei Nördlin- gen in Bayern geboren, woſelbſt ſein Vater ein Bauerngut beſaß, beſuchte die deutſche und lateiniſche Schule zu Nördlingen, die Gymnaſien zu Ans- bach und Augsburg und bezog dann die Univerſität München, wo er das Studium der Rechte begann. Die Vorleſungen Schellings wandten in- des M.s Jntereſſe bald ausſchließlich der Philoſophie zu, und er gab das Studium der Jurisprudenz auf. Während des Jahres 1837 weilte er in Erlangen u. ſtand hier in freund- ſchaftlichem Verkehr mit Rückert, der ihn auch zu poetiſchem Schaffen er- munterte. Nachdem er dann drei Jahre in München verlebt hatte, ſie- delte er 1840 nach Berlin über, wo er ausſchließlich der Literatur lebte, im Verkehr mit den bedeutendſten Männern in Kunſt und Wiſſenſchaft zwölf Jahre verweilte und an allen politiſchen u. philoſophiſchen Kämp- fen dieſer Jahre den regſten Anteil nahm. Seit 1852 lebte er abwech- ſelnd in München oder in ſeiner Hei- mat, mit literariſchen Arbeiten und philoſophiſchen Forſchungen beſchäf- tigt. Von letzteren zeugen ſeine Schrif- ten „Gott und ſein Reich‟ (1860) und „Emilie. Drei Geſpräche über Wahr- heit, Güte u. Schönheit‟ (1863). Jm Jahre 1866 veranlaßten ihn die Zeit- ereigniſſe und die brennenden Tages- fragen zu den „Geſprächen mit einem Grobian‟ (2. A. 1867), denen er dann ein „Neueſtes Geſpräch mit einem Grobian‟ (1867) anonym folgen ließ. Jn den letzten Jahren wandte ſich ſeine ſchriftſtelleriſche Tätigkeit immer ausſchließlicher den wichtigſten Fra- gen des geiſtigen u. geſellſchaftlichen Lebens zu. Nachdem er die Duellfrage in einem geiſtvollen Roman behandelt hatte, veröffentlichte er die Früchte ſeiner philoſophiſchen Studien in den Schriften „Die Fortdauer nach dem Tode‟ (1869), „Die Religion u. ihre jetzt gebotene Fortbildung‟ (1871), während ſeine „Gedanken über Kunſt, *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bruemmer_lexikon04_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bruemmer_lexikon04_1913/467
Zitationshilfe: Brümmer, Franz: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Bd. 4. 6. Aufl. Leipzig, 1913, S. 463. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruemmer_lexikon04_1913/467>, abgerufen am 21.12.2024.