Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.Vermischte Gedichte Neujahrs-Gedicht, 1746. Gott Lob! es nähert unsre Fläche der Erde sich zur Sonne wieder! Der kürzste Tag ist schon verschwunden, wir treten in ihr Stralenreich, Das Leben, Wärm' und Licht erfüllen. Jhr Erdenbür- ger, freuet euch, Und singt dem, der so Welt als Sonne erschuf und len- ket, Lobeslieder! Da wir nun, durch die Wunderordnung des Schöpfers, in dem Drehn der Erden Nach unsrer Sonne Lebenslicht itzt wiederum gewendet werden, Und wir durch diesen weisen Wechsel bald ihrer Stralen Kraft verspüren; So lasset die beträchtliche, bewundernswerthe Wechsel- zeit Jn ehrerbietiger Bewundrung uns zu der Sonnen Son- ne führen, Um uns ein würdigs Bild zu machen von seiner Uner- mäßlichkeit. Ein Bild, das statt verworfner Bilder der Gottheit nicht unwürdig sey. Ein Bild, das wir verehren können, ohn' Jrrthum, ohn' Abgötterey! Ein Mensch, wenn er vernünftig denkt, trifft, in der allgemeinen Welt, Zwey Wesen an, die Welt und Sich. Wie sehr ihm er- stere gefällt, Gefällt
Vermiſchte Gedichte Neujahrs-Gedicht, 1746. Gott Lob! es naͤhert unſre Flaͤche der Erde ſich zur Sonne wieder! Der kuͤrzſte Tag iſt ſchon verſchwunden, wir treten in ihr Stralenreich, Das Leben, Waͤrm’ und Licht erfuͤllen. Jhr Erdenbuͤr- ger, freuet euch, Und ſingt dem, der ſo Welt als Sonne erſchuf und len- ket, Lobeslieder! Da wir nun, durch die Wunderordnung des Schoͤpfers, in dem Drehn der Erden Nach unſrer Sonne Lebenslicht itzt wiederum gewendet werden, Und wir durch dieſen weiſen Wechſel bald ihrer Stralen Kraft verſpuͤren; So laſſet die betraͤchtliche, bewundernswerthe Wechſel- zeit Jn ehrerbietiger Bewundrung uns zu der Sonnen Son- ne fuͤhren, Um uns ein wuͤrdigs Bild zu machen von ſeiner Uner- maͤßlichkeit. Ein Bild, das ſtatt verworfner Bilder der Gottheit nicht unwuͤrdig ſey. Ein Bild, das wir verehren koͤnnen, ohn’ Jrrthum, ohn’ Abgoͤtterey! Ein Menſch, wenn er vernuͤnftig denkt, trifft, in der allgemeinen Welt, Zwey Weſen an, die Welt und Sich. Wie ſehr ihm er- ſtere gefaͤllt, Gefaͤllt
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Vermiſchte Gedichte
Neujahrs-Gedicht,
1746.
Gott Lob! es naͤhert unſre Flaͤche der Erde ſich zur
Sonne wieder!
Der kuͤrzſte Tag iſt ſchon verſchwunden, wir treten in ihr
Stralenreich,
Das Leben, Waͤrm’ und Licht erfuͤllen. Jhr Erdenbuͤr-
ger, freuet euch,
Und ſingt dem, der ſo Welt als Sonne erſchuf und len-
ket, Lobeslieder!
Da wir nun, durch die Wunderordnung des Schoͤpfers,
in dem Drehn der Erden
Nach unſrer Sonne Lebenslicht itzt wiederum gewendet
werden,
Und wir durch dieſen weiſen Wechſel bald ihrer Stralen
Kraft verſpuͤren;
So laſſet die betraͤchtliche, bewundernswerthe Wechſel-
zeit
Jn ehrerbietiger Bewundrung uns zu der Sonnen Son-
ne fuͤhren,
Um uns ein wuͤrdigs Bild zu machen von ſeiner Uner-
maͤßlichkeit.
Ein Bild, das ſtatt verworfner Bilder der Gottheit nicht
unwuͤrdig ſey.
Ein Bild, das wir verehren koͤnnen, ohn’ Jrrthum, ohn’
Abgoͤtterey!
Ein Menſch, wenn er vernuͤnftig denkt, trifft, in der
allgemeinen Welt,
Zwey Weſen an, die Welt und Sich. Wie ſehr ihm er-
ſtere gefaͤllt,
Gefaͤllt
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