Die Ursach, warum itzt die Lehren, Die Atheisten zu bekehren, Sich fast an allen Orten häufen, Kann ich nicht gar zu wohl begreifen, Da doch so viel, als wie man hört, Sich ihre Schaar nicht eben mehrt. Ja sollte letzters auch geschehen, Jst es noch ungewiß, ob selbe nicht entstehen Dadurch, daß man, was Gott, so wunderlich erklärt. Es scheint, wenn wir es recht ergründen, Daß, wenn dieß ohne Noth geschicht, Mehr Stolz als Nutz darinn zu finden; Wer braucht beym Sonnenstral ein Licht? Man glaubt, die Sprache der Natur Sey, gegen unsre Schlüsse, nur Ein unverständlich dunkles Wesen, Und, sonder unsrer Schlüsse Kraft, Das Kreaturbuch nicht zu lesen. Da in der Geister Eigenschaft Doch ganz verschiedene Gedanken, Ein ärgerlichs beständigs Zanken, Und nichts als Jrrungen entstehn, Wie leider! überall zu sehn. Wann in den wunderbaren Werken Der Schöpfer überall zu merken, Er selbst sich überall entdeckt; So scheint, als ob in dem Betragen, Von andrer Schwachheit nichts zu sagen, Kein andrer Grund als dieser steckt:
Ein
zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Atheiſtenkriege unnuͤtz und unnoͤthig.
Die Urſach, warum itzt die Lehren, Die Atheiſten zu bekehren, Sich faſt an allen Orten haͤufen, Kann ich nicht gar zu wohl begreifen, Da doch ſo viel, als wie man hoͤrt, Sich ihre Schaar nicht eben mehrt. Ja ſollte letzters auch geſchehen, Jſt es noch ungewiß, ob ſelbe nicht entſtehen Dadurch, daß man, was Gott, ſo wunderlich erklaͤrt. Es ſcheint, wenn wir es recht ergruͤnden, Daß, wenn dieß ohne Noth geſchicht, Mehr Stolz als Nutz darinn zu finden; Wer braucht beym Sonnenſtral ein Licht? Man glaubt, die Sprache der Natur Sey, gegen unſre Schluͤſſe, nur Ein unverſtaͤndlich dunkles Weſen, Und, ſonder unſrer Schluͤſſe Kraft, Das Kreaturbuch nicht zu leſen. Da in der Geiſter Eigenſchaft Doch ganz verſchiedene Gedanken, Ein aͤrgerlichs beſtaͤndigs Zanken, Und nichts als Jrrungen entſtehn, Wie leider! uͤberall zu ſehn. Wann in den wunderbaren Werken Der Schoͤpfer uͤberall zu merken, Er ſelbſt ſich uͤberall entdeckt; So ſcheint, als ob in dem Betragen, Von andrer Schwachheit nichts zu ſagen, Kein andrer Grund als dieſer ſteckt:
Ein
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zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Atheiſtenkriege unnuͤtz und
unnoͤthig.
Die Urſach, warum itzt die Lehren,
Die Atheiſten zu bekehren,
Sich faſt an allen Orten haͤufen,
Kann ich nicht gar zu wohl begreifen,
Da doch ſo viel, als wie man hoͤrt,
Sich ihre Schaar nicht eben mehrt.
Ja ſollte letzters auch geſchehen,
Jſt es noch ungewiß, ob ſelbe nicht entſtehen
Dadurch, daß man, was Gott, ſo wunderlich erklaͤrt.
Es ſcheint, wenn wir es recht ergruͤnden,
Daß, wenn dieß ohne Noth geſchicht,
Mehr Stolz als Nutz darinn zu finden;
Wer braucht beym Sonnenſtral ein Licht?
Man glaubt, die Sprache der Natur
Sey, gegen unſre Schluͤſſe, nur
Ein unverſtaͤndlich dunkles Weſen,
Und, ſonder unſrer Schluͤſſe Kraft,
Das Kreaturbuch nicht zu leſen.
Da in der Geiſter Eigenſchaft
Doch ganz verſchiedene Gedanken,
Ein aͤrgerlichs beſtaͤndigs Zanken,
Und nichts als Jrrungen entſtehn,
Wie leider! uͤberall zu ſehn.
Wann in den wunderbaren Werken
Der Schoͤpfer uͤberall zu merken,
Er ſelbſt ſich uͤberall entdeckt;
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/451>, abgerufen am 22.02.2025.
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