Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.

Bild:
<< vorherige Seite
zum irdischen Vergnügen in Gott.
Atheistenkriege unnütz und
unnöthig.
Die Ursach, warum itzt die Lehren,
Die Atheisten zu bekehren,
Sich fast an allen Orten häufen,
Kann ich nicht gar zu wohl begreifen,
Da doch so viel, als wie man hört,
Sich ihre Schaar nicht eben mehrt.
Ja sollte letzters auch geschehen,
Jst es noch ungewiß, ob selbe nicht entstehen
Dadurch, daß man, was Gott, so wunderlich erklärt.
Es scheint, wenn wir es recht ergründen,
Daß, wenn dieß ohne Noth geschicht,
Mehr Stolz als Nutz darinn zu finden;
Wer braucht beym Sonnenstral ein Licht?
Man glaubt, die Sprache der Natur
Sey, gegen unsre Schlüsse, nur
Ein unverständlich dunkles Wesen,
Und, sonder unsrer Schlüsse Kraft,
Das Kreaturbuch nicht zu lesen.
Da in der Geister Eigenschaft
Doch ganz verschiedene Gedanken,
Ein ärgerlichs beständigs Zanken,
Und nichts als Jrrungen entstehn,
Wie leider! überall zu sehn.
Wann in den wunderbaren Werken
Der Schöpfer überall zu merken,
Er selbst sich überall entdeckt;
So scheint, als ob in dem Betragen,
Von andrer Schwachheit nichts zu sagen,
Kein andrer Grund als dieser steckt:
Ein
zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Atheiſtenkriege unnuͤtz und
unnoͤthig.
Die Urſach, warum itzt die Lehren,
Die Atheiſten zu bekehren,
Sich faſt an allen Orten haͤufen,
Kann ich nicht gar zu wohl begreifen,
Da doch ſo viel, als wie man hoͤrt,
Sich ihre Schaar nicht eben mehrt.
Ja ſollte letzters auch geſchehen,
Jſt es noch ungewiß, ob ſelbe nicht entſtehen
Dadurch, daß man, was Gott, ſo wunderlich erklaͤrt.
Es ſcheint, wenn wir es recht ergruͤnden,
Daß, wenn dieß ohne Noth geſchicht,
Mehr Stolz als Nutz darinn zu finden;
Wer braucht beym Sonnenſtral ein Licht?
Man glaubt, die Sprache der Natur
Sey, gegen unſre Schluͤſſe, nur
Ein unverſtaͤndlich dunkles Weſen,
Und, ſonder unſrer Schluͤſſe Kraft,
Das Kreaturbuch nicht zu leſen.
Da in der Geiſter Eigenſchaft
Doch ganz verſchiedene Gedanken,
Ein aͤrgerlichs beſtaͤndigs Zanken,
Und nichts als Jrrungen entſtehn,
Wie leider! uͤberall zu ſehn.
Wann in den wunderbaren Werken
Der Schoͤpfer uͤberall zu merken,
Er ſelbſt ſich uͤberall entdeckt;
So ſcheint, als ob in dem Betragen,
Von andrer Schwachheit nichts zu ſagen,
Kein andrer Grund als dieſer ſteckt:
Ein
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0451" n="431"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">zum irdi&#x017F;chen Vergnu&#x0364;gen in Gott.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#b">Athei&#x017F;tenkriege unnu&#x0364;tz und</hi><lb/>
unno&#x0364;thig.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>ie Ur&#x017F;ach, warum itzt die Lehren,</l><lb/>
            <l>Die Athei&#x017F;ten zu bekehren,</l><lb/>
            <l>Sich fa&#x017F;t an allen Orten ha&#x0364;ufen,</l><lb/>
            <l>Kann ich nicht gar zu wohl begreifen,</l><lb/>
            <l>Da doch &#x017F;o viel, als wie man ho&#x0364;rt,</l><lb/>
            <l>Sich ihre Schaar nicht eben mehrt.</l><lb/>
            <l>Ja &#x017F;ollte letzters auch ge&#x017F;chehen,</l><lb/>
            <l>J&#x017F;t es noch ungewiß, ob &#x017F;elbe nicht ent&#x017F;tehen</l><lb/>
            <l>Dadurch, daß man, was Gott, &#x017F;o wunderlich erkla&#x0364;rt.</l><lb/>
            <l>Es &#x017F;cheint, wenn wir es recht ergru&#x0364;nden,</l><lb/>
            <l>Daß, wenn dieß ohne Noth ge&#x017F;chicht,</l><lb/>
            <l>Mehr Stolz als Nutz darinn zu finden;</l><lb/>
            <l>Wer braucht beym Sonnen&#x017F;tral ein Licht?</l><lb/>
            <l>Man glaubt, die Sprache der Natur</l><lb/>
            <l>Sey, gegen un&#x017F;re Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, nur</l><lb/>
            <l>Ein unver&#x017F;ta&#x0364;ndlich dunkles We&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Und, &#x017F;onder un&#x017F;rer Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e Kraft,</l><lb/>
            <l>Das Kreaturbuch nicht zu le&#x017F;en.</l><lb/>
            <l>Da in der Gei&#x017F;ter Eigen&#x017F;chaft</l><lb/>
            <l>Doch ganz ver&#x017F;chiedene Gedanken,</l><lb/>
            <l>Ein a&#x0364;rgerlichs be&#x017F;ta&#x0364;ndigs Zanken,</l><lb/>
            <l>Und nichts als Jrrungen ent&#x017F;tehn,</l><lb/>
            <l>Wie leider! u&#x0364;berall zu &#x017F;ehn.</l><lb/>
            <l>Wann in den wunderbaren Werken</l><lb/>
            <l>Der Scho&#x0364;pfer u&#x0364;berall zu merken,</l><lb/>
            <l>Er &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ich u&#x0364;berall entdeckt;</l><lb/>
            <l>So &#x017F;cheint, als ob in dem Betragen,</l><lb/>
            <l>Von andrer Schwachheit nichts zu &#x017F;agen,</l><lb/>
            <l>Kein andrer Grund als die&#x017F;er &#x017F;teckt:</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Ein</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[431/0451] zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott. Atheiſtenkriege unnuͤtz und unnoͤthig. Die Urſach, warum itzt die Lehren, Die Atheiſten zu bekehren, Sich faſt an allen Orten haͤufen, Kann ich nicht gar zu wohl begreifen, Da doch ſo viel, als wie man hoͤrt, Sich ihre Schaar nicht eben mehrt. Ja ſollte letzters auch geſchehen, Jſt es noch ungewiß, ob ſelbe nicht entſtehen Dadurch, daß man, was Gott, ſo wunderlich erklaͤrt. Es ſcheint, wenn wir es recht ergruͤnden, Daß, wenn dieß ohne Noth geſchicht, Mehr Stolz als Nutz darinn zu finden; Wer braucht beym Sonnenſtral ein Licht? Man glaubt, die Sprache der Natur Sey, gegen unſre Schluͤſſe, nur Ein unverſtaͤndlich dunkles Weſen, Und, ſonder unſrer Schluͤſſe Kraft, Das Kreaturbuch nicht zu leſen. Da in der Geiſter Eigenſchaft Doch ganz verſchiedene Gedanken, Ein aͤrgerlichs beſtaͤndigs Zanken, Und nichts als Jrrungen entſtehn, Wie leider! uͤberall zu ſehn. Wann in den wunderbaren Werken Der Schoͤpfer uͤberall zu merken, Er ſelbſt ſich uͤberall entdeckt; So ſcheint, als ob in dem Betragen, Von andrer Schwachheit nichts zu ſagen, Kein andrer Grund als dieſer ſteckt: Ein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/451
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/451>, abgerufen am 21.12.2024.