Osüßer Sinn, der allgemein, Jn welchem Riechen, Hören, Sehen Und Schmecken eigentlich bestehen Und recht darinn vereinet seyn! Durch dich wird noch insonderheit Mit ganz besondrer Lieblichkeit Von Gott auf unsre Lust gezielet, Denn unser ganzer Körper fühlet. Doch scheinest du mit unsrer Hand Jm ganz besonderem Verband Und in der regen Finger Spitzen, Als deinem Aufenthalt, zu sitzen. Wodurch wir offenbar entdecken, Daß in der Nerven äußern Ecken Des Geistes Kräfte sich erstrecken: Wie wir, wenn linde Winde kühlen, Auch wenn uns laue Wärme schmeichelt, Von beyden angenehm gestreichelt, An allen äußern Theilen fühlen. Man muß in dir auch nicht vergessen, Die Lust der Liebe zu ermessen, Die, wenn man sie nur nach der Pflicht, Die vorgeschrieben ist, verricht, Mit Recht ein Wundergut zu nennen, Die, daß das menschliche Geschlechte Auf Erden fortgepflanzt seyn möchte, Uns Gott auf Erden wollen gönnen. Auf! laßt uns denn im Fühlen, Schmecken, Jm Hören, Riechen, Sehn, entdecken, Was sich darinn für Wunder fügen; Und wie uns, auf so manche Weise, Der Schöpfer suche zu vergnügen. Gebraucht sie denn zu seinem Preise!
Ver-
zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
5. Des Gefuͤhls.
Oſuͤßer Sinn, der allgemein, Jn welchem Riechen, Hoͤren, Sehen Und Schmecken eigentlich beſtehen Und recht darinn vereinet ſeyn! Durch dich wird noch inſonderheit Mit ganz beſondrer Lieblichkeit Von Gott auf unſre Luſt gezielet, Denn unſer ganzer Koͤrper fuͤhlet. Doch ſcheineſt du mit unſrer Hand Jm ganz beſonderem Verband Und in der regen Finger Spitzen, Als deinem Aufenthalt, zu ſitzen. Wodurch wir offenbar entdecken, Daß in der Nerven aͤußern Ecken Des Geiſtes Kraͤfte ſich erſtrecken: Wie wir, wenn linde Winde kuͤhlen, Auch wenn uns laue Waͤrme ſchmeichelt, Von beyden angenehm geſtreichelt, An allen aͤußern Theilen fuͤhlen. Man muß in dir auch nicht vergeſſen, Die Luſt der Liebe zu ermeſſen, Die, wenn man ſie nur nach der Pflicht, Die vorgeſchrieben iſt, verricht, Mit Recht ein Wundergut zu nennen, Die, daß das menſchliche Geſchlechte Auf Erden fortgepflanzt ſeyn moͤchte, Uns Gott auf Erden wollen goͤnnen. Auf! laßt uns denn im Fuͤhlen, Schmecken, Jm Hoͤren, Riechen, Sehn, entdecken, Was ſich darinn fuͤr Wunder fuͤgen; Und wie uns, auf ſo manche Weiſe, Der Schoͤpfer ſuche zu vergnuͤgen. Gebraucht ſie denn zu ſeinem Preiſe!
Ver-
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zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
5. Des Gefuͤhls.
Oſuͤßer Sinn, der allgemein,
Jn welchem Riechen, Hoͤren, Sehen
Und Schmecken eigentlich beſtehen
Und recht darinn vereinet ſeyn!
Durch dich wird noch inſonderheit
Mit ganz beſondrer Lieblichkeit
Von Gott auf unſre Luſt gezielet,
Denn unſer ganzer Koͤrper fuͤhlet.
Doch ſcheineſt du mit unſrer Hand
Jm ganz beſonderem Verband
Und in der regen Finger Spitzen,
Als deinem Aufenthalt, zu ſitzen.
Wodurch wir offenbar entdecken,
Daß in der Nerven aͤußern Ecken
Des Geiſtes Kraͤfte ſich erſtrecken:
Wie wir, wenn linde Winde kuͤhlen,
Auch wenn uns laue Waͤrme ſchmeichelt,
Von beyden angenehm geſtreichelt,
An allen aͤußern Theilen fuͤhlen.
Man muß in dir auch nicht vergeſſen,
Die Luſt der Liebe zu ermeſſen,
Die, wenn man ſie nur nach der Pflicht,
Die vorgeſchrieben iſt, verricht,
Mit Recht ein Wundergut zu nennen,
Die, daß das menſchliche Geſchlechte
Auf Erden fortgepflanzt ſeyn moͤchte,
Uns Gott auf Erden wollen goͤnnen.
Auf! laßt uns denn im Fuͤhlen, Schmecken,
Jm Hoͤren, Riechen, Sehn, entdecken,
Was ſich darinn fuͤr Wunder fuͤgen;
Und wie uns, auf ſo manche Weiſe,
Der Schoͤpfer ſuche zu vergnuͤgen.
Gebraucht ſie denn zu ſeinem Preiſe!
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/419>, abgerufen am 03.03.2025.
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