Die Sonne zeigt sich uns nunmehr in ihrer größten Kraft und Pracht; Man kann sie an des Himmels Höhen, Gekrönt von Millionen Stralen, recht majestätisch herr- schen sehen; Sie triumphirt, in langen Tagen, besieget und verkürzt die Nacht. Zwar blendet uns ihr naher Glanz, und ihre Kraft macht alles schwül; Doch ist es bloß zu unferm Besten, daß sie so hell und strenge blitzet, Die Säfte kocht, die Luft erhitzet. Sie hat in ihrer heißen Wirkung die Thier und Men- schen wohl zum Ziel. Jndem sich ihre Stralen häufen Und bleyrecht fallen, bringet sie so Frücht' als Korn für uns zum Reifen. Da uns nun die Erfahrung lehrt, Daß Gott in dieser schönen Zeit, auf so bewunderns- werthe Weise, Den Kreaturen Trank und Speise, Durch Drehung unsrer Erdenfläche ins heiße Sonnen- reich beschert; Gereichen denn nicht solche Wunder dem, der sie wirkt, zum Ruhm und Preise? Sind sie nicht unserer Betrachtung, nicht unserer Erkennt- lichkeit, Nicht unserer Bewunderung, nicht unsers Danks und Lobes werth?
Auf!
zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Der Sommer.
Die Sonne zeigt ſich uns nunmehr in ihrer groͤßten Kraft und Pracht; Man kann ſie an des Himmels Hoͤhen, Gekroͤnt von Millionen Stralen, recht majeſtaͤtiſch herr- ſchen ſehen; Sie triumphirt, in langen Tagen, beſieget und verkuͤrzt die Nacht. Zwar blendet uns ihr naher Glanz, und ihre Kraft macht alles ſchwuͤl; Doch iſt es bloß zu unferm Beſten, daß ſie ſo hell und ſtrenge blitzet, Die Saͤfte kocht, die Luft erhitzet. Sie hat in ihrer heißen Wirkung die Thier und Men- ſchen wohl zum Ziel. Jndem ſich ihre Stralen haͤufen Und bleyrecht fallen, bringet ſie ſo Fruͤcht’ als Korn fuͤr uns zum Reifen. Da uns nun die Erfahrung lehrt, Daß Gott in dieſer ſchoͤnen Zeit, auf ſo bewunderns- werthe Weiſe, Den Kreaturen Trank und Speiſe, Durch Drehung unſrer Erdenflaͤche ins heiße Sonnen- reich beſchert; Gereichen denn nicht ſolche Wunder dem, der ſie wirkt, zum Ruhm und Preiſe? Sind ſie nicht unſerer Betrachtung, nicht unſerer Erkennt- lichkeit, Nicht unſerer Bewunderung, nicht unſers Danks und Lobes werth?
Auf!
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zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Der Sommer.
Die Sonne zeigt ſich uns nunmehr in ihrer groͤßten
Kraft und Pracht;
Man kann ſie an des Himmels Hoͤhen,
Gekroͤnt von Millionen Stralen, recht majeſtaͤtiſch herr-
ſchen ſehen;
Sie triumphirt, in langen Tagen, beſieget und verkuͤrzt
die Nacht.
Zwar blendet uns ihr naher Glanz, und ihre Kraft
macht alles ſchwuͤl;
Doch iſt es bloß zu unferm Beſten, daß ſie ſo hell und
ſtrenge blitzet,
Die Saͤfte kocht, die Luft erhitzet.
Sie hat in ihrer heißen Wirkung die Thier und Men-
ſchen wohl zum Ziel.
Jndem ſich ihre Stralen haͤufen
Und bleyrecht fallen, bringet ſie ſo Fruͤcht’ als Korn
fuͤr uns zum Reifen.
Da uns nun die Erfahrung lehrt,
Daß Gott in dieſer ſchoͤnen Zeit, auf ſo bewunderns-
werthe Weiſe,
Den Kreaturen Trank und Speiſe,
Durch Drehung unſrer Erdenflaͤche ins heiße Sonnen-
reich beſchert;
Gereichen denn nicht ſolche Wunder dem, der ſie wirkt,
zum Ruhm und Preiſe?
Sind ſie nicht unſerer Betrachtung, nicht unſerer Erkennt-
lichkeit,
Nicht unſerer Bewunderung, nicht unſers Danks und
Lobes werth?
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/385>, abgerufen am 22.02.2025.
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