Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.

Bild:
<< vorherige Seite
zum irdischen Vergnügen in Gott.
Der Sommer.
Die Sonne zeigt sich uns nunmehr in ihrer größten
Kraft und Pracht;

Man kann sie an des Himmels Höhen,
Gekrönt von Millionen Stralen, recht majestätisch herr-
schen sehen;

Sie triumphirt, in langen Tagen, besieget und verkürzt
die Nacht.

Zwar blendet uns ihr naher Glanz, und ihre Kraft
macht alles schwül;

Doch ist es bloß zu unferm Besten, daß sie so hell und
strenge blitzet,

Die Säfte kocht, die Luft erhitzet.
Sie hat in ihrer heißen Wirkung die Thier und Men-
schen wohl zum Ziel.

Jndem sich ihre Stralen häufen
Und bleyrecht fallen, bringet sie so Frücht' als Korn
für uns zum Reifen.

Da uns nun die Erfahrung lehrt,
Daß Gott in dieser schönen Zeit, auf so bewunderns-
werthe Weise,

Den Kreaturen Trank und Speise,
Durch Drehung unsrer Erdenfläche ins heiße Sonnen-
reich beschert;

Gereichen denn nicht solche Wunder dem, der sie wirkt,
zum Ruhm und Preise?

Sind sie nicht unserer Betrachtung, nicht unserer Erkennt-
lichkeit,

Nicht unserer Bewunderung, nicht unsers Danks und
Lobes werth?
Auf!
zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Der Sommer.
Die Sonne zeigt ſich uns nunmehr in ihrer groͤßten
Kraft und Pracht;

Man kann ſie an des Himmels Hoͤhen,
Gekroͤnt von Millionen Stralen, recht majeſtaͤtiſch herr-
ſchen ſehen;

Sie triumphirt, in langen Tagen, beſieget und verkuͤrzt
die Nacht.

Zwar blendet uns ihr naher Glanz, und ihre Kraft
macht alles ſchwuͤl;

Doch iſt es bloß zu unferm Beſten, daß ſie ſo hell und
ſtrenge blitzet,

Die Saͤfte kocht, die Luft erhitzet.
Sie hat in ihrer heißen Wirkung die Thier und Men-
ſchen wohl zum Ziel.

Jndem ſich ihre Stralen haͤufen
Und bleyrecht fallen, bringet ſie ſo Fruͤcht’ als Korn
fuͤr uns zum Reifen.

Da uns nun die Erfahrung lehrt,
Daß Gott in dieſer ſchoͤnen Zeit, auf ſo bewunderns-
werthe Weiſe,

Den Kreaturen Trank und Speiſe,
Durch Drehung unſrer Erdenflaͤche ins heiße Sonnen-
reich beſchert;

Gereichen denn nicht ſolche Wunder dem, der ſie wirkt,
zum Ruhm und Preiſe?

Sind ſie nicht unſerer Betrachtung, nicht unſerer Erkennt-
lichkeit,

Nicht unſerer Bewunderung, nicht unſers Danks und
Lobes werth?
Auf!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0385" n="365"/>
        <fw place="top" type="header">zum irdi&#x017F;chen Vergnu&#x0364;gen in Gott.</fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Der Sommer.</hi> </head><lb/>
          <lg n="5">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>ie Sonne zeigt &#x017F;ich uns nunmehr in ihrer gro&#x0364;ßten<lb/><hi rendition="#et">Kraft und Pracht;</hi></l><lb/>
            <l>Man kann &#x017F;ie an des Himmels Ho&#x0364;hen,</l><lb/>
            <l>Gekro&#x0364;nt von Millionen Stralen, recht maje&#x017F;ta&#x0364;ti&#x017F;ch herr-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chen &#x017F;ehen;</hi></l><lb/>
            <l>Sie triumphirt, in langen Tagen, be&#x017F;ieget und verku&#x0364;rzt<lb/><hi rendition="#et">die Nacht.</hi></l><lb/>
            <l>Zwar blendet uns ihr naher Glanz, und ihre Kraft<lb/><hi rendition="#et">macht alles &#x017F;chwu&#x0364;l;</hi></l><lb/>
            <l>Doch i&#x017F;t es bloß zu unferm Be&#x017F;ten, daß &#x017F;ie &#x017F;o hell und<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;trenge blitzet,</hi></l><lb/>
            <l>Die Sa&#x0364;fte kocht, die Luft erhitzet.</l><lb/>
            <l>Sie hat in ihrer heißen Wirkung die Thier und Men-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chen wohl zum Ziel.</hi></l><lb/>
            <l>Jndem &#x017F;ich ihre Stralen ha&#x0364;ufen</l><lb/>
            <l>Und bleyrecht fallen, bringet &#x017F;ie &#x017F;o Fru&#x0364;cht&#x2019; als Korn<lb/><hi rendition="#et">fu&#x0364;r uns zum Reifen.</hi></l><lb/>
            <l>Da uns nun die Erfahrung lehrt,</l><lb/>
            <l>Daß Gott in die&#x017F;er &#x017F;cho&#x0364;nen Zeit, auf &#x017F;o bewunderns-<lb/><hi rendition="#et">werthe Wei&#x017F;e,</hi></l><lb/>
            <l>Den Kreaturen Trank und Spei&#x017F;e,</l><lb/>
            <l>Durch Drehung un&#x017F;rer Erdenfla&#x0364;che ins heiße Sonnen-<lb/><hi rendition="#et">reich be&#x017F;chert;</hi></l><lb/>
            <l>Gereichen denn nicht &#x017F;olche Wunder dem, der &#x017F;ie wirkt,<lb/><hi rendition="#et">zum Ruhm und Prei&#x017F;e?</hi></l><lb/>
            <l>Sind &#x017F;ie nicht un&#x017F;erer Betrachtung, nicht un&#x017F;erer Erkennt-<lb/><hi rendition="#et">lichkeit,</hi></l><lb/>
            <l>Nicht un&#x017F;erer Bewunderung, nicht un&#x017F;ers Danks und<lb/><hi rendition="#et">Lobes werth?</hi></l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Auf!</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[365/0385] zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott. Der Sommer. Die Sonne zeigt ſich uns nunmehr in ihrer groͤßten Kraft und Pracht; Man kann ſie an des Himmels Hoͤhen, Gekroͤnt von Millionen Stralen, recht majeſtaͤtiſch herr- ſchen ſehen; Sie triumphirt, in langen Tagen, beſieget und verkuͤrzt die Nacht. Zwar blendet uns ihr naher Glanz, und ihre Kraft macht alles ſchwuͤl; Doch iſt es bloß zu unferm Beſten, daß ſie ſo hell und ſtrenge blitzet, Die Saͤfte kocht, die Luft erhitzet. Sie hat in ihrer heißen Wirkung die Thier und Men- ſchen wohl zum Ziel. Jndem ſich ihre Stralen haͤufen Und bleyrecht fallen, bringet ſie ſo Fruͤcht’ als Korn fuͤr uns zum Reifen. Da uns nun die Erfahrung lehrt, Daß Gott in dieſer ſchoͤnen Zeit, auf ſo bewunderns- werthe Weiſe, Den Kreaturen Trank und Speiſe, Durch Drehung unſrer Erdenflaͤche ins heiße Sonnen- reich beſchert; Gereichen denn nicht ſolche Wunder dem, der ſie wirkt, zum Ruhm und Preiſe? Sind ſie nicht unſerer Betrachtung, nicht unſerer Erkennt- lichkeit, Nicht unſerer Bewunderung, nicht unſers Danks und Lobes werth? Auf!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/385
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/385>, abgerufen am 03.12.2024.