Wo eins von allen andern Thieren den Menschen was Beträchtlichs zeiget, So ist es dieß besondre Thier; indem, was man an ihm erblickt, Fast alles das, was Thierisch heißt, in seinem Bauen übersteiget, Da solches nicht allein von ihm bewundernswürdig zuge- schickt, Da es die größten Bäume fällt, das Holz in richt'ge Stücke theilet, Sie auf die breite Schwänze legt, mit ihnen nach der Wohnung eilet, Sie künstlich, regelmäßig fügt; ja, daß die Flut sie nicht verschwemmet, Mit großer Vorsicht, Müh und Fleiß oft einen ganzen Fluß verdämmet. Sie theilen ihre Wohnung selbst in unterschiedne Stock- werk ein, Damit sie in dem obersten, bey feuchten Zeiten, sicher seyn. Verwunderlich ist die Geduld, da, wenn sie sich, ge- scheucht, verstecken, Sie sich in zwey bis dreyen Tagen nicht wieder aus der Flut entdecken. Die Wilden, welche diesen Vorthel denselbigen nun ab- gemerkt, Sind durch dieß Beyspiel der Geduld, in einer Art Ge- duld gestärkt, Da sie sich für geschimpfet halten, von Bibern sich be- siegt zu sehn:
Da-
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uͤber das Reich der Thiere.
Der Biber.
Wo eins von allen andern Thieren den Menſchen was Betraͤchtlichs zeiget, So iſt es dieß beſondre Thier; indem, was man an ihm erblickt, Faſt alles das, was Thieriſch heißt, in ſeinem Bauen uͤberſteiget, Da ſolches nicht allein von ihm bewundernswuͤrdig zuge- ſchickt, Da es die groͤßten Baͤume faͤllt, das Holz in richt’ge Stuͤcke theilet, Sie auf die breite Schwaͤnze legt, mit ihnen nach der Wohnung eilet, Sie kuͤnſtlich, regelmaͤßig fuͤgt; ja, daß die Flut ſie nicht verſchwemmet, Mit großer Vorſicht, Muͤh und Fleiß oft einen ganzen Fluß verdaͤmmet. Sie theilen ihre Wohnung ſelbſt in unterſchiedne Stock- werk ein, Damit ſie in dem oberſten, bey feuchten Zeiten, ſicher ſeyn. Verwunderlich iſt die Geduld, da, wenn ſie ſich, ge- ſcheucht, verſtecken, Sie ſich in zwey bis dreyen Tagen nicht wieder aus der Flut entdecken. Die Wilden, welche dieſen Vorthel denſelbigen nun ab- gemerkt, Sind durch dieß Beyſpiel der Geduld, in einer Art Ge- duld geſtaͤrkt, Da ſie ſich fuͤr geſchimpfet halten, von Bibern ſich be- ſiegt zu ſehn:
Da-
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uͤber das Reich der Thiere.
Der Biber.
Wo eins von allen andern Thieren den Menſchen was
Betraͤchtlichs zeiget,
So iſt es dieß beſondre Thier; indem, was man an ihm
erblickt,
Faſt alles das, was Thieriſch heißt, in ſeinem Bauen
uͤberſteiget,
Da ſolches nicht allein von ihm bewundernswuͤrdig zuge-
ſchickt,
Da es die groͤßten Baͤume faͤllt, das Holz in richt’ge
Stuͤcke theilet,
Sie auf die breite Schwaͤnze legt, mit ihnen nach der
Wohnung eilet,
Sie kuͤnſtlich, regelmaͤßig fuͤgt; ja, daß die Flut ſie
nicht verſchwemmet,
Mit großer Vorſicht, Muͤh und Fleiß oft einen ganzen
Fluß verdaͤmmet.
Sie theilen ihre Wohnung ſelbſt in unterſchiedne Stock-
werk ein,
Damit ſie in dem oberſten, bey feuchten Zeiten, ſicher
ſeyn.
Verwunderlich iſt die Geduld, da, wenn ſie ſich, ge-
ſcheucht, verſtecken,
Sie ſich in zwey bis dreyen Tagen nicht wieder aus der
Flut entdecken.
Die Wilden, welche dieſen Vorthel denſelbigen nun ab-
gemerkt,
Sind durch dieß Beyſpiel der Geduld, in einer Art Ge-
duld geſtaͤrkt,
Da ſie ſich fuͤr geſchimpfet halten, von Bibern ſich be-
ſiegt zu ſehn:
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/329>, abgerufen am 22.02.2025.
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