Ob wir gleich von Ochs- und Kühen etwas schon ge- meldet haben; Scheint der Auer doch besonders unserer Erwähnung werth, Als worinn, obgleich er wild, mancher Nutzen uns beschert. Mit bewundrungswerther Größe wollt' ihn die Natur be- gaben Und mit ungemeiner Stärke. Es geht fast kein ander Thier, Außer einem Elephanten, ihm an Stärk' und Kräften für Zwischen seiner starken Hörner mehr als eisenharten Spitzen Können zwey ja gar drey Männer füglich bey einander sitzen. Um den festen Unterkiefern ist er fürchterlich behaart. Jhm giebt ein verwildert Ansehn sein verworrner schwarzer Bart. Auf desselben rauhen Stirne wird ein Büschel Haar ge- funden, Welcher recht als Biesam riecht. Ob er nun gleich noch so groß, Und so stark, daß er auch Bäume stürzt mit einem einz'gen Stoß; Wird er doch von Menschenhänden oft getödtet, oft ge- bunden, Und sein Fleisch, das sonders niedlich, wird von uns mit Lust verzehrt. Jst demnach auch dieses Thier dankens- und bewun- dernswerth.
Der
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uͤber das Reich der Thiere.
Der Auerochs.
Ob wir gleich von Ochſ- und Kuͤhen etwas ſchon ge- meldet haben; Scheint der Auer doch beſonders unſerer Erwaͤhnung werth, Als worinn, obgleich er wild, mancher Nutzen uns beſchert. Mit bewundrungswerther Groͤße wollt’ ihn die Natur be- gaben Und mit ungemeiner Staͤrke. Es geht faſt kein ander Thier, Außer einem Elephanten, ihm an Staͤrk’ und Kraͤften fuͤr Zwiſchen ſeiner ſtarken Hoͤrner mehr als eiſenharten Spitzen Koͤnnen zwey ja gar drey Maͤnner fuͤglich bey einander ſitzen. Um den feſten Unterkiefern iſt er fuͤrchterlich behaart. Jhm giebt ein verwildert Anſehn ſein verworrner ſchwarzer Bart. Auf deſſelben rauhen Stirne wird ein Buͤſchel Haar ge- funden, Welcher recht als Bieſam riecht. Ob er nun gleich noch ſo groß, Und ſo ſtark, daß er auch Baͤume ſtuͤrzt mit einem einz’gen Stoß; Wird er doch von Menſchenhaͤnden oft getoͤdtet, oft ge- bunden, Und ſein Fleiſch, das ſonders niedlich, wird von uns mit Luſt verzehrt. Jſt demnach auch dieſes Thier dankens- und bewun- dernswerth.
Der
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uͤber das Reich der Thiere.
Der Auerochs.
Ob wir gleich von Ochſ- und Kuͤhen etwas ſchon ge-
meldet haben;
Scheint der Auer doch beſonders unſerer Erwaͤhnung werth,
Als worinn, obgleich er wild, mancher Nutzen uns beſchert.
Mit bewundrungswerther Groͤße wollt’ ihn die Natur be-
gaben
Und mit ungemeiner Staͤrke. Es geht faſt kein ander
Thier,
Außer einem Elephanten, ihm an Staͤrk’ und Kraͤften fuͤr
Zwiſchen ſeiner ſtarken Hoͤrner mehr als eiſenharten Spitzen
Koͤnnen zwey ja gar drey Maͤnner fuͤglich bey einander
ſitzen.
Um den feſten Unterkiefern iſt er fuͤrchterlich behaart.
Jhm giebt ein verwildert Anſehn ſein verworrner
ſchwarzer Bart.
Auf deſſelben rauhen Stirne wird ein Buͤſchel Haar ge-
funden,
Welcher recht als Bieſam riecht. Ob er nun gleich noch
ſo groß,
Und ſo ſtark, daß er auch Baͤume ſtuͤrzt mit einem einz’gen
Stoß;
Wird er doch von Menſchenhaͤnden oft getoͤdtet, oft ge-
bunden,
Und ſein Fleiſch, das ſonders niedlich, wird von uns
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Jſt demnach auch dieſes Thier dankens- und bewun-
dernswerth.
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/315>, abgerufen am 22.02.2025.
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