Dieses Thier gleicht fast den Hasen; aber wohnt in Gruben meist, Wie es denn fast jeden Boden theilt, zerwühlet und zer- reißt. Sie bereiten gleichfalls künstlich ihren unterirdschen Bau, Jhr Farb ist weiß entweder, oder sprenklicht, oder grau. Sie sind mehr als andre Thiere von so großer Frucht- barkeit, Daß sie zwölfmal Junge hecken nur in eines Jahres Zeit, Und fast immer fünf bis sechs. Es giebt ihrer zweyer- ley, Wilde nämlich, und auch zahme. Doch ein großer Un- terscheid Jst an ihrem Fleisch zu finden. An Geschmack und Nied- lichkeit Kömmet der gezähmten Fleisch nie dem Fleisch der wil- den bey. Von den wilden wissen Köche, wenn sie sie kunstmäßig mischen, Uns so mancherley Gerichte, die sehr niedlich, aufzuti- schen, Und von ihrem Fell die Kürschner uns im Frost verschied- ne Sachen So zur Wärm' als auch zur Zierde, zur Bequemlichkeit zu machen. Daß demnach auch dieses Thier, wie auch Gott in ihm, uns liebt, Da es uns erwärmt und nähret, eine klare Probe giebt.
Der
Betrachtungen
Das Kaninchen.
Dieſes Thier gleicht faſt den Haſen; aber wohnt in Gruben meiſt, Wie es denn faſt jeden Boden theilt, zerwuͤhlet und zer- reißt. Sie bereiten gleichfalls kuͤnſtlich ihren unterirdſchen Bau, Jhr Farb iſt weiß entweder, oder ſprenklicht, oder grau. Sie ſind mehr als andre Thiere von ſo großer Frucht- barkeit, Daß ſie zwoͤlfmal Junge hecken nur in eines Jahres Zeit, Und faſt immer fuͤnf bis ſechs. Es giebt ihrer zweyer- ley, Wilde naͤmlich, und auch zahme. Doch ein großer Un- terſcheid Jſt an ihrem Fleiſch zu finden. An Geſchmack und Nied- lichkeit Koͤmmet der gezaͤhmten Fleiſch nie dem Fleiſch der wil- den bey. Von den wilden wiſſen Koͤche, wenn ſie ſie kunſtmaͤßig miſchen, Uns ſo mancherley Gerichte, die ſehr niedlich, aufzuti- ſchen, Und von ihrem Fell die Kuͤrſchner uns im Froſt verſchied- ne Sachen So zur Waͤrm’ als auch zur Zierde, zur Bequemlichkeit zu machen. Daß demnach auch dieſes Thier, wie auch Gott in ihm, uns liebt, Da es uns erwaͤrmt und naͤhret, eine klare Probe giebt.
Der
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Betrachtungen
Das Kaninchen.
Dieſes Thier gleicht faſt den Haſen; aber wohnt in
Gruben meiſt,
Wie es denn faſt jeden Boden theilt, zerwuͤhlet und zer-
reißt.
Sie bereiten gleichfalls kuͤnſtlich ihren unterirdſchen Bau,
Jhr Farb iſt weiß entweder, oder ſprenklicht, oder grau.
Sie ſind mehr als andre Thiere von ſo großer Frucht-
barkeit,
Daß ſie zwoͤlfmal Junge hecken nur in eines Jahres Zeit,
Und faſt immer fuͤnf bis ſechs. Es giebt ihrer zweyer-
ley,
Wilde naͤmlich, und auch zahme. Doch ein großer Un-
terſcheid
Jſt an ihrem Fleiſch zu finden. An Geſchmack und Nied-
lichkeit
Koͤmmet der gezaͤhmten Fleiſch nie dem Fleiſch der wil-
den bey.
Von den wilden wiſſen Koͤche, wenn ſie ſie kunſtmaͤßig
miſchen,
Uns ſo mancherley Gerichte, die ſehr niedlich, aufzuti-
ſchen,
Und von ihrem Fell die Kuͤrſchner uns im Froſt verſchied-
ne Sachen
So zur Waͤrm’ als auch zur Zierde, zur Bequemlichkeit
zu machen.
Daß demnach auch dieſes Thier, wie auch Gott in ihm,
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Da es uns erwaͤrmt und naͤhret, eine klare Probe giebt.
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/304>, abgerufen am 22.02.2025.
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