Woraus die Thier', auch wir gebildet, die Art der Fü- gungen ermessen, Erschrickt das Auge, stutzt der Geist. Man wird fast aus sich selbst gerissen, Und muß der Allerunverschämtste, auch wider Willen, hier gestehn, Dieß könne nicht durch Menschenkunst, auch nicht von ungefähr, geschehn. Daher wir ja zu einem weisern und höhern Wesen kom- men müssen, Auch wenn wir noch so ungern wollten. Da dieß uns so zu Paaren treibt, Daß auch dem Allerfrevelhaftsten dennoch kein' Aus- flucht übrig bleibt. Kommt, laßt uns denn, zu diesem Endzweck, der Thiere Körper, näher gehn, Und ihr verwunderlich Gebände, dem der sie schuf zum Ruhm, besehn.
Definition.
Es ist demnach ein Thier ein Wesen, das lebt, das wächst, das sich ernährt, Das sich beweget, das empfindet, und welches sein Ge- schlecht vermehrt.
Eintheilung.
Man pflegt den Unterschied der Thier' auf diese Weise zu bestimmen, Und theilt dieselben insgemein Jn Thiere, (Menschen ausgenommen, die nur mit Zwey begabet seyn)
Die
N 4
uͤber das Reich der Thiere.
Woraus die Thier’, auch wir gebildet, die Art der Fuͤ- gungen ermeſſen, Erſchrickt das Auge, ſtutzt der Geiſt. Man wird faſt aus ſich ſelbſt geriſſen, Und muß der Allerunverſchaͤmtſte, auch wider Willen, hier geſtehn, Dieß koͤnne nicht durch Menſchenkunſt, auch nicht von ungefaͤhr, geſchehn. Daher wir ja zu einem weiſern und hoͤhern Weſen kom- men muͤſſen, Auch wenn wir noch ſo ungern wollten. Da dieß uns ſo zu Paaren treibt, Daß auch dem Allerfrevelhaftſten dennoch kein’ Aus- flucht uͤbrig bleibt. Kommt, laßt uns denn, zu dieſem Endzweck, der Thiere Koͤrper, naͤher gehn, Und ihr verwunderlich Gebaͤnde, dem der ſie ſchuf zum Ruhm, beſehn.
Definition.
Es iſt demnach ein Thier ein Weſen, das lebt, das waͤchſt, das ſich ernaͤhrt, Das ſich beweget, das empfindet, und welches ſein Ge- ſchlecht vermehrt.
Eintheilung.
Man pflegt den Unterſchied der Thier’ auf dieſe Weiſe zu beſtimmen, Und theilt dieſelben insgemein Jn Thiere, (Menſchen ausgenommen, die nur mit Zwey begabet ſeyn)
Die
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uͤber das Reich der Thiere.
Woraus die Thier’, auch wir gebildet, die Art der Fuͤ-
gungen ermeſſen,
Erſchrickt das Auge, ſtutzt der Geiſt. Man wird faſt
aus ſich ſelbſt geriſſen,
Und muß der Allerunverſchaͤmtſte, auch wider Willen,
hier geſtehn,
Dieß koͤnne nicht durch Menſchenkunſt, auch nicht von
ungefaͤhr, geſchehn.
Daher wir ja zu einem weiſern und hoͤhern Weſen kom-
men muͤſſen,
Auch wenn wir noch ſo ungern wollten. Da dieß uns
ſo zu Paaren treibt,
Daß auch dem Allerfrevelhaftſten dennoch kein’ Aus-
flucht uͤbrig bleibt.
Kommt, laßt uns denn, zu dieſem Endzweck, der Thiere
Koͤrper, naͤher gehn,
Und ihr verwunderlich Gebaͤnde, dem der ſie ſchuf zum
Ruhm, beſehn.
Definition.
Es iſt demnach ein Thier ein Weſen, das lebt, das
waͤchſt, das ſich ernaͤhrt,
Das ſich beweget, das empfindet, und welches ſein Ge-
ſchlecht vermehrt.
Eintheilung.
Man pflegt den Unterſchied der Thier’ auf dieſe Weiſe
zu beſtimmen,
Und theilt dieſelben insgemein
Jn Thiere, (Menſchen ausgenommen, die nur mit Zwey
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/219>, abgerufen am 22.02.2025.
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