Was wär die Erde, sonder Licht? Was wären Erd' und Licht, ohn' Augen? Was wären Erd' und Licht und Augen, ohn einen sie verstehnden Geist, Der fähig, im Geschöpf zu finden, daß alles einen Schöpfer weist, Durch überlegen und vergleichen? Könnt wohl, von allen, etwas taugen, Der Wesen Ordnung zu verbinden, Und, in derselbigen Vergleichung, derselben Quelle, Gott, zu finden, Durch Schlüsse, die unwidersprechlich; als diese Kraft, die in uns lebt, Und die uns über alle Dinge, die um und bey uns sind, erhebt?
Hierinn bestehet unser Adel und Vorzugs-Recht vor allen Thieren: "Daß, in Betrachtung Seiner Werke, wir Liebe, Macht und Weisheit spühren, "Und Gott, den wahren Gott, erkennen; wovon sonst keine Creatur Von allen, die auf dieser Welt, da sie nicht schliessen, eine Spuhr Zu finden und zu sehn, vermögend. Nun zeiget uns dieselbe Kraft Der überlegenden Vernunft, zugleich: daß uns die Ei- genschaft,
Von
Der vernuͤnftige Gottes-Dienſt.
Was waͤr die Erde, ſonder Licht? Was waͤren Erd’ und Licht, ohn’ Augen? Was waͤren Erd’ und Licht und Augen, ohn einen ſie verſtehnden Geiſt, Der faͤhig, im Geſchoͤpf zu finden, daß alles einen Schoͤpfer weiſt, Durch uͤberlegen und vergleichen? Koͤnnt wohl, von allen, etwas taugen, Der Weſen Ordnung zu verbinden, Und, in derſelbigen Vergleichung, derſelben Quelle, Gott, zu finden, Durch Schluͤſſe, die unwiderſprechlich; als dieſe Kraft, die in uns lebt, Und die uns uͤber alle Dinge, die um und bey uns ſind, erhebt?
Hierinn beſtehet unſer Adel und Vorzugs-Recht vor allen Thieren: “Daß, in Betrachtung Seiner Werke, wir Liebe, Macht und Weisheit ſpuͤhren, “Und Gott, den wahren Gott, erkennen; wovon ſonſt keine Creatur Von allen, die auf dieſer Welt, da ſie nicht ſchlieſſen, eine Spuhr Zu finden und zu ſehn, vermoͤgend. Nun zeiget uns dieſelbe Kraft Der uͤberlegenden Vernunft, zugleich: daß uns die Ei- genſchaft,
Von
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Der vernuͤnftige Gottes-Dienſt.
Was waͤr die Erde, ſonder Licht? Was waͤren
Erd’ und Licht, ohn’ Augen?
Was waͤren Erd’ und Licht und Augen, ohn einen ſie
verſtehnden Geiſt,
Der faͤhig, im Geſchoͤpf zu finden, daß alles einen
Schoͤpfer weiſt,
Durch uͤberlegen und vergleichen? Koͤnnt wohl, von
allen, etwas taugen,
Der Weſen Ordnung zu verbinden,
Und, in derſelbigen Vergleichung, derſelben Quelle, Gott,
zu finden,
Durch Schluͤſſe, die unwiderſprechlich; als dieſe Kraft,
die in uns lebt,
Und die uns uͤber alle Dinge, die um und bey uns ſind,
erhebt?
Hierinn beſtehet unſer Adel und Vorzugs-Recht vor
allen Thieren:
“Daß, in Betrachtung Seiner Werke, wir Liebe, Macht
und Weisheit ſpuͤhren,
“Und Gott, den wahren Gott, erkennen; wovon ſonſt
keine Creatur
Von allen, die auf dieſer Welt, da ſie nicht ſchlieſſen,
eine Spuhr
Zu finden und zu ſehn, vermoͤgend. Nun zeiget uns
dieſelbe Kraft
Der uͤberlegenden Vernunft, zugleich: daß uns die Ei-
genſchaft,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 614. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/628>, abgerufen am 22.02.2025.
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