Auf ausgespannten Pfirsich-Bäumen sieht man e[s] röthlichs Feuer glühn; Auf hohen Aepfel-Bäumen, blühn, Aus rothen Knospen, weisse Rosen; und auf den Ki[r-] schen-Bäumen scheint Zugleich ein schimmernd Weiß, ein glänzend Grün, Als wären sie dazu vereint, Sich, in die Wette, zu bestreben, Aus den Behältern sich zu heben, Um ein gedoppeltes Vergnügen, dem menschlichen G[e-] sicht, zu geben. Seht, wie die Tulpen, Kaiserkronen, Ranunkeln, Primuln, Anemonen, Aurikeln, Hyacinthen, Crokos, Narcissen, Jrides, Tercette[n] Jonkilchen, güldene Violen, auf grün bebüschten Ga[r-] ten-Betten, Aus schwarzer Erde, triftig dringen! Seht, wie sie, auf den schwanken Stielen, Wenn laue Westen-Winde kühlen, Sanft wankend, glänzen, schimmern, spielen! Es scheint ihr hin und wieder schweben Uns größre Lust, als wenn sie still, zu geben. Es läßt, als ob sie sich bemühn, Jm Wanken, unsern Blick noch mehr auf sich zu zieht Und uns dadurch, von allen Seiten, Der Form und Farben Lieblichkeiten, Zusamt dem Glanz, der ihnen eigen, Noch desto deutlicher zu zeigen; Auch desto kräftiger, da sie sich rühren, Durch ihren Ruch, die Luft zu balsamiren.
Ma[n]
Fruͤhlings-Betrachtungen.
Auf ausgeſpannten Pfirſich-Baͤumen ſieht man e[s] roͤthlichs Feuer gluͤhn; Auf hohen Aepfel-Baͤumen, bluͤhn, Aus rothen Knoſpen, weiſſe Roſen; und auf den Ki[r-] ſchen-Baͤumen ſcheint Zugleich ein ſchimmernd Weiß, ein glaͤnzend Gruͤn, Als waͤren ſie dazu vereint, Sich, in die Wette, zu beſtreben, Aus den Behaͤltern ſich zu heben, Um ein gedoppeltes Vergnuͤgen, dem menſchlichen G[e-] ſicht, zu geben. Seht, wie die Tulpen, Kaiſerkronen, Ranunkeln, Primuln, Anemonen, Aurikeln, Hyacinthen, Crokos, Narciſſen, Jrides, Tercette[n] Jonkilchen, guͤldene Violen, auf gruͤn bebuͤſchten Ga[r-] ten-Betten, Aus ſchwarzer Erde, triftig dringen! Seht, wie ſie, auf den ſchwanken Stielen, Wenn laue Weſten-Winde kuͤhlen, Sanft wankend, glaͤnzen, ſchimmern, ſpielen! Es ſcheint ihr hin und wieder ſchweben Uns groͤßre Luſt, als wenn ſie ſtill, zu geben. Es laͤßt, als ob ſie ſich bemuͤhn, Jm Wanken, unſern Blick noch mehr auf ſich zu zieht Und uns dadurch, von allen Seiten, Der Form und Farben Lieblichkeiten, Zuſamt dem Glanz, der ihnen eigen, Noch deſto deutlicher zu zeigen; Auch deſto kraͤftiger, da ſie ſich ruͤhren, Durch ihren Ruch, die Luft zu balſamiren.
Ma[n]
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Fruͤhlings-Betrachtungen.
Auf ausgeſpannten Pfirſich-Baͤumen ſieht man es
roͤthlichs Feuer gluͤhn;
Auf hohen Aepfel-Baͤumen, bluͤhn,
Aus rothen Knoſpen, weiſſe Roſen; und auf den Kir-
ſchen-Baͤumen ſcheint
Zugleich ein ſchimmernd Weiß, ein glaͤnzend Gruͤn,
Als waͤren ſie dazu vereint,
Sich, in die Wette, zu beſtreben,
Aus den Behaͤltern ſich zu heben,
Um ein gedoppeltes Vergnuͤgen, dem menſchlichen Ge-
ſicht, zu geben.
Seht, wie die Tulpen, Kaiſerkronen,
Ranunkeln, Primuln, Anemonen,
Aurikeln, Hyacinthen, Crokos, Narciſſen, Jrides, Tercetten
Jonkilchen, guͤldene Violen, auf gruͤn bebuͤſchten Gar-
ten-Betten,
Aus ſchwarzer Erde, triftig dringen!
Seht, wie ſie, auf den ſchwanken Stielen,
Wenn laue Weſten-Winde kuͤhlen,
Sanft wankend, glaͤnzen, ſchimmern, ſpielen!
Es ſcheint ihr hin und wieder ſchweben
Uns groͤßre Luſt, als wenn ſie ſtill, zu geben.
Es laͤßt, als ob ſie ſich bemuͤhn,
Jm Wanken, unſern Blick noch mehr auf ſich zu zieht
Und uns dadurch, von allen Seiten,
Der Form und Farben Lieblichkeiten,
Zuſamt dem Glanz, der ihnen eigen,
Noch deſto deutlicher zu zeigen;
Auch deſto kraͤftiger, da ſie ſich ruͤhren,
Durch ihren Ruch, die Luft zu balſamiren.
Man
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/56>, abgerufen am 22.02.2025.
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