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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.

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Die
Ausschweifungen der Leidenschaften.
Jch sahe neulich, im Gesicht, von Menschen, drey
verschiedne Haufen,

Auf dreyen ganz verschiednen Wegen, auf ganz ver-
schiedne Weise, laufen.

Der eine Weg führt in die Höhe, zu einer Boden-losen
Tiefe:

Jn diese stürzte fast ein jeder, der auf dem steilen Wege
liefe,

So bald als er den äussern Rand von dieser hohlen Gruft
berührte.
Nur einige, die sich von ihnen meist selber Philosophen
nennten,

Anstatt sie einen kleinen Fußsteig, der durch die niedre
Tiefe führte,

(Auf welchen sie, in Sicherheit, durch diesen Abgrund
kommen könnten)

Erwählen sollten; wählten einen, der über einen Berg
sich streckte,

Der noch viel höher, welchen man an dieses Abgrunds
Rand entdeckte:

Von welchem sie zuletzt denn alle,
Mit einem desto schwehrern Falle,
Jn höherm Sturz, herunterschossen,
Und ihres Lebens Lauf beschlossen.
Der
Die
Ausſchweifungen der Leidenſchaften.
Jch ſahe neulich, im Geſicht, von Menſchen, drey
verſchiedne Haufen,

Auf dreyen ganz verſchiednen Wegen, auf ganz ver-
ſchiedne Weiſe, laufen.

Der eine Weg fuͤhrt in die Hoͤhe, zu einer Boden-loſen
Tiefe:

Jn dieſe ſtuͤrzte faſt ein jeder, der auf dem ſteilen Wege
liefe,

So bald als er den aͤuſſern Rand von dieſer hohlen Gruft
beruͤhrte.
Nur einige, die ſich von ihnen meiſt ſelber Philoſophen
nennten,

Anſtatt ſie einen kleinen Fußſteig, der durch die niedre
Tiefe fuͤhrte,

(Auf welchen ſie, in Sicherheit, durch dieſen Abgrund
kommen koͤnnten)

Erwaͤhlen ſollten; waͤhlten einen, der uͤber einen Berg
ſich ſtreckte,

Der noch viel hoͤher, welchen man an dieſes Abgrunds
Rand entdeckte:

Von welchem ſie zuletzt denn alle,
Mit einem deſto ſchwehrern Falle,
Jn hoͤherm Sturz, herunterſchoſſen,
Und ihres Lebens Lauf beſchloſſen.
Der
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[510/0524] Die Ausſchweifungen der Leidenſchaften. Jch ſahe neulich, im Geſicht, von Menſchen, drey verſchiedne Haufen, Auf dreyen ganz verſchiednen Wegen, auf ganz ver- ſchiedne Weiſe, laufen. Der eine Weg fuͤhrt in die Hoͤhe, zu einer Boden-loſen Tiefe: Jn dieſe ſtuͤrzte faſt ein jeder, der auf dem ſteilen Wege liefe, So bald als er den aͤuſſern Rand von dieſer hohlen Gruft beruͤhrte. Nur einige, die ſich von ihnen meiſt ſelber Philoſophen nennten, Anſtatt ſie einen kleinen Fußſteig, der durch die niedre Tiefe fuͤhrte, (Auf welchen ſie, in Sicherheit, durch dieſen Abgrund kommen koͤnnten) Erwaͤhlen ſollten; waͤhlten einen, der uͤber einen Berg ſich ſtreckte, Der noch viel hoͤher, welchen man an dieſes Abgrunds Rand entdeckte: Von welchem ſie zuletzt denn alle, Mit einem deſto ſchwehrern Falle, Jn hoͤherm Sturz, herunterſchoſſen, Und ihres Lebens Lauf beſchloſſen. Der

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 510. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/524>, abgerufen am 30.12.2024.