Von uns sind alle Creaturen, (indem sie nicht selbst- ständig schön, Und bloß durch ihren Schöpfer nur) mit Recht, nicht an- ders anzusehn, Als wie, in einer finstern Nacht, wir unsers Mondes Silber-Schein, Wenn wir ihn mit Vernunft betrachten, stets anzusehen, schuldig seyn.
Wir wissen, daß, wie angenehm und reizend gleich sein holdes Licht, Er doch von seinem hellen Schimmer ein eigentlicher Ur- sprung nicht; Als welchen er nur von der Sonnen, und ihrem Lebens- Strahl, erhält. Daher wir, wenn, bey stiller Nacht, der Mondschein uns so wohl gefällt, Wir, voll Vergnügen, billig denken: Daß wir im Son- nenschein spazieren, Und daß uns, in des Mondes Licht, der Sonne Strahlen wirklich rühren.
Auf gleiche Weise müssen wir die Creaturen auch betrachten, Und, in derselben Schönheit, Den, durch Dessen Wollen sie so schön, Gerührt durch ihren Schmuck, doch mehr durch dieses Schmuckes Quelle, sehn, Und, im Vergnügen, ihre Schönheit, doch mehr Den, Der sie schenkt, betrachten.
Noch
8 Theil. S
Vergleichung anderer Creaturen mit dem Mond.
Von uns ſind alle Creaturen, (indem ſie nicht ſelbſt- ſtaͤndig ſchoͤn, Und bloß durch ihren Schoͤpfer nur) mit Recht, nicht an- ders anzuſehn, Als wie, in einer finſtern Nacht, wir unſers Mondes Silber-Schein, Wenn wir ihn mit Vernunft betrachten, ſtets anzuſehen, ſchuldig ſeyn.
Wir wiſſen, daß, wie angenehm und reizend gleich ſein holdes Licht, Er doch von ſeinem hellen Schimmer ein eigentlicher Ur- ſprung nicht; Als welchen er nur von der Sonnen, und ihrem Lebens- Strahl, erhaͤlt. Daher wir, wenn, bey ſtiller Nacht, der Mondſchein uns ſo wohl gefaͤllt, Wir, voll Vergnuͤgen, billig denken: Daß wir im Son- nenſchein ſpazieren, Und daß uns, in des Mondes Licht, der Sonne Strahlen wirklich ruͤhren.
Auf gleiche Weiſe muͤſſen wir die Creaturen auch betrachten, Und, in derſelben Schoͤnheit, Den, durch Deſſen Wollen ſie ſo ſchoͤn, Geruͤhrt durch ihren Schmuck, doch mehr durch dieſes Schmuckes Quelle, ſehn, Und, im Vergnuͤgen, ihre Schoͤnheit, doch mehr Den, Der ſie ſchenkt, betrachten.
Noch
8 Theil. S
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Vergleichung anderer Creaturen
mit dem Mond.
Von uns ſind alle Creaturen, (indem ſie nicht ſelbſt-
ſtaͤndig ſchoͤn,
Und bloß durch ihren Schoͤpfer nur) mit Recht, nicht an-
ders anzuſehn,
Als wie, in einer finſtern Nacht, wir unſers Mondes
Silber-Schein,
Wenn wir ihn mit Vernunft betrachten, ſtets anzuſehen,
ſchuldig ſeyn.
Wir wiſſen, daß, wie angenehm und reizend gleich
ſein holdes Licht,
Er doch von ſeinem hellen Schimmer ein eigentlicher Ur-
ſprung nicht;
Als welchen er nur von der Sonnen, und ihrem Lebens-
Strahl, erhaͤlt.
Daher wir, wenn, bey ſtiller Nacht, der Mondſchein
uns ſo wohl gefaͤllt,
Wir, voll Vergnuͤgen, billig denken: Daß wir im Son-
nenſchein ſpazieren,
Und daß uns, in des Mondes Licht, der Sonne Strahlen
wirklich ruͤhren.
Auf gleiche Weiſe muͤſſen wir die Creaturen auch
betrachten,
Und, in derſelben Schoͤnheit, Den, durch Deſſen Wollen
ſie ſo ſchoͤn,
Geruͤhrt durch ihren Schmuck, doch mehr durch dieſes
Schmuckes Quelle, ſehn,
Und, im Vergnuͤgen, ihre Schoͤnheit, doch mehr Den,
Der ſie ſchenkt, betrachten.
Noch
8 Theil. S
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/287>, abgerufen am 22.02.2025.
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