Da du, fast aller Bluhmen Pracht, besehn, bewun- dert, und beschrieben; Sprich, warum willt denn du, Bevor der Frost mich aufgerieben, Auch meiner Farben Schmuck nicht sehn? rief mir die Honig-Bluhme zu: Als ich, wie ich bisher gethan, Sie nur unachtsam angeblicket, sie unbemerkt vorbey zu gehn, Mich im Begriff befand; Da ich, durch ihren sanften Ruf gerühret, bey ihr stille stand, Um, mit Bedachtsamkeit, auch ihren Schmuck zu sehn.
Jch stutzt', und schämte mich, daß ihres Purpurs Pracht Mich, bis dahero, nicht aufmerksamer gemacht; Da er jedoch recht brennend schön. Jhr ernsthaft Wesen schiene mir was Majestätisches zu zeigen. Der dunkle Schmuck, der ihren Blättern eigen, Kam, in der düstern Röthe, mir, Als wie ein Kleid, das Kronen schmücket, für. Jch schnitte dann verschiedne Bluhmen, den Bau recht zu betrachten, ab; Wovon ein' jede zur Bewundrung Gelegenheit und An- laß gab.
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Die Honig-Bluhme.
Da du, faſt aller Bluhmen Pracht, beſehn, bewun- dert, und beſchrieben; Sprich, warum willt denn du, Bevor der Froſt mich aufgerieben, Auch meiner Farben Schmuck nicht ſehn? rief mir die Honig-Bluhme zu: Als ich, wie ich bisher gethan, Sie nur unachtſam angeblicket, ſie unbemerkt vorbey zu gehn, Mich im Begriff befand; Da ich, durch ihren ſanften Ruf geruͤhret, bey ihr ſtille ſtand, Um, mit Bedachtſamkeit, auch ihren Schmuck zu ſehn.
Jch ſtutzt’, und ſchaͤmte mich, daß ihres Purpurs Pracht Mich, bis dahero, nicht aufmerkſamer gemacht; Da er jedoch recht brennend ſchoͤn. Jhr ernſthaft Weſen ſchiene mir was Majeſtaͤtiſches zu zeigen. Der dunkle Schmuck, der ihren Blaͤttern eigen, Kam, in der duͤſtern Roͤthe, mir, Als wie ein Kleid, das Kronen ſchmuͤcket, fuͤr. Jch ſchnitte dann verſchiedne Bluhmen, den Bau recht zu betrachten, ab; Wovon ein’ jede zur Bewundrung Gelegenheit und An- laß gab.
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Die Honig-Bluhme.
Da du, faſt aller Bluhmen Pracht, beſehn, bewun-
dert, und beſchrieben;
Sprich, warum willt denn du,
Bevor der Froſt mich aufgerieben,
Auch meiner Farben Schmuck nicht ſehn? rief mir die
Honig-Bluhme zu:
Als ich, wie ich bisher gethan,
Sie nur unachtſam angeblicket, ſie unbemerkt vorbey
zu gehn,
Mich im Begriff befand;
Da ich, durch ihren ſanften Ruf geruͤhret, bey ihr ſtille
ſtand,
Um, mit Bedachtſamkeit, auch ihren Schmuck zu ſehn.
Jch ſtutzt’, und ſchaͤmte mich, daß ihres Purpurs
Pracht
Mich, bis dahero, nicht aufmerkſamer gemacht;
Da er jedoch recht brennend ſchoͤn.
Jhr ernſthaft Weſen ſchiene mir was Majeſtaͤtiſches
zu zeigen.
Der dunkle Schmuck, der ihren Blaͤttern eigen,
Kam, in der duͤſtern Roͤthe, mir,
Als wie ein Kleid, das Kronen ſchmuͤcket, fuͤr.
Jch ſchnitte dann verſchiedne Bluhmen, den Bau recht
zu betrachten, ab;
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/257>, abgerufen am 21.12.2024.
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