Wie ich, an einem heitern Tage, Jn stiller Einsamkeit, in ungestöhrter Ruh, Jm kühl- und feuchten Grase lage; Sah' ich, in Pflanzen, Kräutern, Stauden, den Werken unsers Schöpfers zu.
Der Farben Schmuck, der Formen Zierlichkeit, Der Form- und Farben Unterscheid, Erfülleten, durchs Auge, meine Brust, Mit einer Fülle reiner Lust; Weil ihr gehäufter Schmuck der Seelen Jnnres rührte, Und mich zum Ursprung aller Schönheit, zur Quell von allen Wundern, führte.
Vergnügen, Ehrfurcht, Lust, nebst einem heilgen Grauen, Den Schöpfer gleichsam Selbst, in unsichtbarem Schein, Mit Blicken meines Geists, zu schauen, Nahm mein Gemüth, mein ganzes Wesen, ein.
Jch fühlte, wie mein Geist zu einer Stille kam, Die unbeschreiblich süß. Mich füllt' und übernahm Ein rein Vergnügen, eine Lust, Die denen nur, die Gott sich nahn, bewußt.
Ein sanftes Feur, voll einer Gluht, Die aus Bewunderung und Andacht stammte, Begeisterte, beweget' und beflammte Mein für Vergnügen wallend Blut.
Um
Das Kletten-Kraut.
Wie ich, an einem heitern Tage, Jn ſtiller Einſamkeit, in ungeſtoͤhrter Ruh, Jm kuͤhl- und feuchten Graſe lage; Sah’ ich, in Pflanzen, Kraͤutern, Stauden, den Werken unſers Schoͤpfers zu.
Der Farben Schmuck, der Formen Zierlichkeit, Der Form- und Farben Unterſcheid, Erfuͤlleten, durchs Auge, meine Bruſt, Mit einer Fuͤlle reiner Luſt; Weil ihr gehaͤufter Schmuck der Seelen Jnnres ruͤhrte, Und mich zum Urſprung aller Schoͤnheit, zur Quell von allen Wundern, fuͤhrte.
Vergnuͤgen, Ehrfurcht, Luſt, nebſt einem heilgen Grauen, Den Schoͤpfer gleichſam Selbſt, in unſichtbarem Schein, Mit Blicken meines Geiſts, zu ſchauen, Nahm mein Gemuͤth, mein ganzes Weſen, ein.
Jch fuͤhlte, wie mein Geiſt zu einer Stille kam, Die unbeſchreiblich ſuͤß. Mich fuͤllt’ und uͤbernahm Ein rein Vergnuͤgen, eine Luſt, Die denen nur, die Gott ſich nahn, bewußt.
Ein ſanftes Feur, voll einer Gluht, Die aus Bewunderung und Andacht ſtammte, Begeiſterte, beweget’ und beflammte Mein fuͤr Vergnuͤgen wallend Blut.
Um
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Das Kletten-Kraut.
Wie ich, an einem heitern Tage,
Jn ſtiller Einſamkeit, in ungeſtoͤhrter Ruh,
Jm kuͤhl- und feuchten Graſe lage;
Sah’ ich, in Pflanzen, Kraͤutern, Stauden, den Werken
unſers Schoͤpfers zu.
Der Farben Schmuck, der Formen Zierlichkeit,
Der Form- und Farben Unterſcheid,
Erfuͤlleten, durchs Auge, meine Bruſt,
Mit einer Fuͤlle reiner Luſt;
Weil ihr gehaͤufter Schmuck der Seelen Jnnres ruͤhrte,
Und mich zum Urſprung aller Schoͤnheit, zur Quell
von allen Wundern, fuͤhrte.
Vergnuͤgen, Ehrfurcht, Luſt, nebſt einem heilgen
Grauen,
Den Schoͤpfer gleichſam Selbſt, in unſichtbarem Schein,
Mit Blicken meines Geiſts, zu ſchauen,
Nahm mein Gemuͤth, mein ganzes Weſen, ein.
Jch fuͤhlte, wie mein Geiſt zu einer Stille kam,
Die unbeſchreiblich ſuͤß. Mich fuͤllt’ und uͤbernahm
Ein rein Vergnuͤgen, eine Luſt,
Die denen nur, die Gott ſich nahn, bewußt.
Ein ſanftes Feur, voll einer Gluht,
Die aus Bewunderung und Andacht ſtammte,
Begeiſterte, beweget’ und beflammte
Mein fuͤr Vergnuͤgen wallend Blut.
Um
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/142>, abgerufen am 22.02.2025.
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