Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Rose.
Jn einer dick verwachsnen Laube, wo das verschrenkt[e]
Laub so dicht,

Daß dem geschärftsten Sonnen-Strahle, daß dem so schnell[em]
als hellem Licht,

Es allen Durch- und Zugang wehrte,
Herrscht' eine tiefe Dunkelheit,
Die sich, auch selbst zur Mittags-Zeit,
Jn eine falbe Dämmrung nicht; in eine rechte Nacht[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
verkehrte:

So daß, ob gleich, in ihr, ein jeder Vorwurf grün,
Doch jeder Vorwurf schwarz, aufs mindste schwärzlicht
schien.
Jn dieser grünen Nacht saß ich vergnügt, und dachte[,]
Der holden Schatten-Lust, der kühlen Anmuth, nach,
Die dieser Ort mir machte:
Da denn die Dunkelheit so Aug' als Geist mir stärkte,
Daß ich darinn, von selbst, ein Dach,
Voll Kühlung und voll Lust, für mich gewachsen, merkte.
Jch sahe die Bequemlichkeit,
Die Anmuth dieses Orts, für mich bereit.
Jch sahe mit Verstand: Jch fühlte,
Daß, was mich hier, so lieblich, kühlte,
Und die so angenehme Nacht,
Aus weiser Absicht, für die Gluht,
Und für der Sonne schwühles Blitzen,
Auf eine süße Art, mich zu beschützen,
Verwunderlich, hervorgebracht;
Genoß der Lust mit Lust, bewunderte die Zier,
Und dankte Dem, Der sie mir schenkt, dafür.
Wie
Die Roſe.
Jn einer dick verwachſnen Laube, wo das verſchrenkt[e]
Laub ſo dicht,

Daß dem geſchaͤrftſten Sonnen-Strahle, daß dem ſo ſchnell[em]
als hellem Licht,

Es allen Durch- und Zugang wehrte,
Herrſcht’ eine tiefe Dunkelheit,
Die ſich, auch ſelbſt zur Mittags-Zeit,
Jn eine falbe Daͤmmrung nicht; in eine rechte Nacht[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
verkehrte:

So daß, ob gleich, in ihr, ein jeder Vorwurf gruͤn,
Doch jeder Vorwurf ſchwarz, aufs mindſte ſchwaͤrzlicht
ſchien.
Jn dieſer gruͤnen Nacht ſaß ich vergnuͤgt, und dachte[,]
Der holden Schatten-Luſt, der kuͤhlen Anmuth, nach,
Die dieſer Ort mir machte:
Da denn die Dunkelheit ſo Aug’ als Geiſt mir ſtaͤrkte,
Daß ich darinn, von ſelbſt, ein Dach,
Voll Kuͤhlung und voll Luſt, fuͤr mich gewachſen, merkte.
Jch ſahe die Bequemlichkeit,
Die Anmuth dieſes Orts, fuͤr mich bereit.
Jch ſahe mit Verſtand: Jch fuͤhlte,
Daß, was mich hier, ſo lieblich, kuͤhlte,
Und die ſo angenehme Nacht,
Aus weiſer Abſicht, fuͤr die Gluht,
Und fuͤr der Sonne ſchwuͤhles Blitzen,
Auf eine ſuͤße Art, mich zu beſchuͤtzen,
Verwunderlich, hervorgebracht;
Genoß der Luſt mit Luſt, bewunderte die Zier,
Und dankte Dem, Der ſie mir ſchenkt, dafuͤr.
Wie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0126" n="112"/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Die Ro&#x017F;e.</hi> </head><lb/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l><hi rendition="#in">J</hi>n einer dick verwach&#x017F;nen Laube, wo das ver&#x017F;chrenkt<supplied>e</supplied><lb/><hi rendition="#et">Laub &#x017F;o dicht,</hi></l><lb/>
                <l>Daß dem ge&#x017F;cha&#x0364;rft&#x017F;ten Sonnen-Strahle, daß dem &#x017F;o &#x017F;chnell<supplied>em</supplied><lb/><hi rendition="#et">als hellem Licht,</hi></l><lb/>
                <l>Es allen Durch- und Zugang wehrte,</l><lb/>
                <l>Herr&#x017F;cht&#x2019; eine tiefe Dunkelheit,</l><lb/>
                <l>Die &#x017F;ich, auch &#x017F;elb&#x017F;t zur Mittags-Zeit,</l><lb/>
                <l>Jn eine falbe Da&#x0364;mmrung nicht; in eine rechte Nacht<gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/><lb/><hi rendition="#et">verkehrte:</hi></l><lb/>
                <l>So daß, ob gleich, in ihr, ein jeder Vorwurf gru&#x0364;n,</l><lb/>
                <l>Doch jeder Vorwurf &#x017F;chwarz, aufs mind&#x017F;te &#x017F;chwa&#x0364;rzlicht<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chien.</hi></l>
              </lg><lb/>
              <lg n="2">
                <l>Jn die&#x017F;er gru&#x0364;nen Nacht &#x017F;aß ich vergnu&#x0364;gt, und dachte<supplied>,</supplied></l><lb/>
                <l>Der holden Schatten-Lu&#x017F;t, der ku&#x0364;hlen Anmuth, nach,</l><lb/>
                <l>Die die&#x017F;er Ort mir machte:</l><lb/>
                <l>Da denn die Dunkelheit &#x017F;o Aug&#x2019; als Gei&#x017F;t mir &#x017F;ta&#x0364;rkte,</l><lb/>
                <l>Daß ich darinn, von &#x017F;elb&#x017F;t, ein Dach,</l><lb/>
                <l>Voll Ku&#x0364;hlung und voll Lu&#x017F;t, fu&#x0364;r mich gewach&#x017F;en, merkte.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="3">
                <l>Jch &#x017F;ahe die Bequemlichkeit,</l><lb/>
                <l>Die Anmuth die&#x017F;es Orts, fu&#x0364;r mich bereit.</l><lb/>
                <l>Jch &#x017F;ahe mit Ver&#x017F;tand: Jch fu&#x0364;hlte,</l><lb/>
                <l>Daß, was mich hier, &#x017F;o lieblich, ku&#x0364;hlte,</l><lb/>
                <l>Und die &#x017F;o angenehme Nacht,</l><lb/>
                <l>Aus wei&#x017F;er Ab&#x017F;icht, fu&#x0364;r die Gluht,</l><lb/>
                <l>Und fu&#x0364;r der Sonne &#x017F;chwu&#x0364;hles Blitzen,</l><lb/>
                <l>Auf eine &#x017F;u&#x0364;ße Art, mich zu be&#x017F;chu&#x0364;tzen,</l><lb/>
                <l>Verwunderlich, hervorgebracht;</l><lb/>
                <l>Genoß der Lu&#x017F;t mit Lu&#x017F;t, bewunderte die Zier,</l><lb/>
                <l>Und dankte Dem, Der &#x017F;ie mir &#x017F;chenkt, dafu&#x0364;r.</l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Wie</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[112/0126] Die Roſe. Jn einer dick verwachſnen Laube, wo das verſchrenkte Laub ſo dicht, Daß dem geſchaͤrftſten Sonnen-Strahle, daß dem ſo ſchnellem als hellem Licht, Es allen Durch- und Zugang wehrte, Herrſcht’ eine tiefe Dunkelheit, Die ſich, auch ſelbſt zur Mittags-Zeit, Jn eine falbe Daͤmmrung nicht; in eine rechte Nacht_ verkehrte: So daß, ob gleich, in ihr, ein jeder Vorwurf gruͤn, Doch jeder Vorwurf ſchwarz, aufs mindſte ſchwaͤrzlicht ſchien. Jn dieſer gruͤnen Nacht ſaß ich vergnuͤgt, und dachte, Der holden Schatten-Luſt, der kuͤhlen Anmuth, nach, Die dieſer Ort mir machte: Da denn die Dunkelheit ſo Aug’ als Geiſt mir ſtaͤrkte, Daß ich darinn, von ſelbſt, ein Dach, Voll Kuͤhlung und voll Luſt, fuͤr mich gewachſen, merkte. Jch ſahe die Bequemlichkeit, Die Anmuth dieſes Orts, fuͤr mich bereit. Jch ſahe mit Verſtand: Jch fuͤhlte, Daß, was mich hier, ſo lieblich, kuͤhlte, Und die ſo angenehme Nacht, Aus weiſer Abſicht, fuͤr die Gluht, Und fuͤr der Sonne ſchwuͤhles Blitzen, Auf eine ſuͤße Art, mich zu beſchuͤtzen, Verwunderlich, hervorgebracht; Genoß der Luſt mit Luſt, bewunderte die Zier, Und dankte Dem, Der ſie mir ſchenkt, dafuͤr. Wie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/126
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/126>, abgerufen am 21.12.2024.