Jn dieser abgelegnen stillen und angenehmen Ein- samkeit, Wo ich, in ruhigem, vernünftig- und edlem Müßiggang, empfinde, Wie ich, von Unruh, Zank und Sorgen, Verdruß und wildem Lärm befreyt, Recht als im Haven angeländet, mich endlich in mir selber finde.
Es flieht zugleich der Plagen Heer, mit dem Getüm- mel, das ich flieh. Da ich, zu viel erst ausgespannt, mich jetzo in mich sel- ber zieh; So fang' ich erstlich an, zu leben: Jch denk', und fühle, daß ich denke. Die Gegenwürf', auf die ich jetzt, fast einzig, die Ge- danken lenke, Sind Gott, sind die Natur, und ich. Jm Schooß von einem tiefen Frieden Belebt mein Glaube sich aufs neu. Von aller Eitel- keit hienieden, Von der betrieglichen, vergänglich- und überfirnsten Pracht der Welt Wird mir, ohn Firniß, ohne Schminke, ein ähnlich Bild hier vorgestellt.
Oft,
G 5
Gute Gedanken auf dem Lande.
Jn dieſer abgelegnen ſtillen und angenehmen Ein- ſamkeit, Wo ich, in ruhigem, vernuͤnftig- und edlem Muͤßiggang, empfinde, Wie ich, von Unruh, Zank und Sorgen, Verdruß und wildem Laͤrm befreyt, Recht als im Haven angelaͤndet, mich endlich in mir ſelber finde.
Es flieht zugleich der Plagen Heer, mit dem Getuͤm- mel, das ich flieh. Da ich, zu viel erſt ausgeſpannt, mich jetzo in mich ſel- ber zieh; So fang’ ich erſtlich an, zu leben: Jch denk’, und fuͤhle, daß ich denke. Die Gegenwuͤrf’, auf die ich jetzt, faſt einzig, die Ge- danken lenke, Sind Gott, ſind die Natur, und ich. Jm Schooß von einem tiefen Frieden Belebt mein Glaube ſich aufs neu. Von aller Eitel- keit hienieden, Von der betrieglichen, vergaͤnglich- und uͤberfirnſten Pracht der Welt Wird mir, ohn Firniß, ohne Schminke, ein aͤhnlich Bild hier vorgeſtellt.
Oft,
G 5
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[[105]/0119]
Gute Gedanken auf dem Lande.
Jn dieſer abgelegnen ſtillen und angenehmen Ein-
ſamkeit,
Wo ich, in ruhigem, vernuͤnftig- und edlem
Muͤßiggang, empfinde,
Wie ich, von Unruh, Zank und Sorgen, Verdruß und
wildem Laͤrm befreyt,
Recht als im Haven angelaͤndet, mich endlich in mir
ſelber finde.
Es flieht zugleich der Plagen Heer, mit dem Getuͤm-
mel, das ich flieh.
Da ich, zu viel erſt ausgeſpannt, mich jetzo in mich ſel-
ber zieh;
So fang’ ich erſtlich an, zu leben: Jch denk’, und fuͤhle,
daß ich denke.
Die Gegenwuͤrf’, auf die ich jetzt, faſt einzig, die Ge-
danken lenke,
Sind Gott, ſind die Natur, und ich. Jm Schooß
von einem tiefen Frieden
Belebt mein Glaube ſich aufs neu. Von aller Eitel-
keit hienieden,
Von der betrieglichen, vergaͤnglich- und uͤberfirnſten
Pracht der Welt
Wird mir, ohn Firniß, ohne Schminke, ein aͤhnlich Bild
hier vorgeſtellt.
Oft,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. [105]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/119>, abgerufen am 21.12.2024.
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