Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Wider den Hochmuht.
Daß die Begier, zu viel zu wissen, dem Satan als ein
Mittel dienet,
Die ersten Eltern zu verführen, ist unserer Betrachtung
wehrt.
Wer weiß, ob ers nicht noch gebraucht? Es scheint, sobald
man sich erkühnet,
Des Geistes Kräfte zu vergrössern, (da wir, was GOtt uns
hier beschehrt,
Dadurch versäumen zu geniessen) daß bloß allein die Sucht
zu wissen
An allem unsern Unglück schuld. Jndem wir, für den
Geist allein,
Um das, was ausser unsern Schranken, zu fassen nur
besorget seyn;
Wird, nebst der Kraft der Gottheit Werke zu kennen, uns
GOtt selbst entrissen.
Wer kann bewundern? Wer geniessen? Wer kann GOtt
danken? wenn der Geist
Beständig mit sich selbst beschäftigt, sich seiner wahren
Pflicht entreißt,
Die in des Schöpfers Ehr' allein besteht, wozu wir bloß
gemacht?
Wir lassen auf dem hohen Weg, den wir uns bahnen,
aus der Acht
Des Schöpfers weise Macht und Liebe. Wir wollen stets
das Wissen häufen,
Und, was uns wirklich unbegreiflich, des Schöpfers weise
Macht begreifen.
Uns
Wider den Hochmuht.
Daß die Begier, zu viel zu wiſſen, dem Satan als ein
Mittel dienet,
Die erſten Eltern zu verfuͤhren, iſt unſerer Betrachtung
wehrt.
Wer weiß, ob ers nicht noch gebraucht? Es ſcheint, ſobald
man ſich erkuͤhnet,
Des Geiſtes Kraͤfte zu vergroͤſſern, (da wir, was GOtt uns
hier beſchehrt,
Dadurch verſaͤumen zu genieſſen) daß bloß allein die Sucht
zu wiſſen
An allem unſern Ungluͤck ſchuld. Jndem wir, fuͤr den
Geiſt allein,
Um das, was auſſer unſern Schranken, zu faſſen nur
beſorget ſeyn;
Wird, nebſt der Kraft der Gottheit Werke zu kennen, uns
GOtt ſelbſt entriſſen.
Wer kann bewundern? Wer genieſſen? Wer kann GOtt
danken? wenn der Geiſt
Beſtaͤndig mit ſich ſelbſt beſchaͤftigt, ſich ſeiner wahren
Pflicht entreißt,
Die in des Schoͤpfers Ehr’ allein beſteht, wozu wir bloß
gemacht?
Wir laſſen auf dem hohen Weg, den wir uns bahnen,
aus der Acht
Des Schoͤpfers weiſe Macht und Liebe. Wir wollen ſtets
das Wiſſen haͤufen,
Und, was uns wirklich unbegreiflich, des Schoͤpfers weiſe
Macht begreifen.
Uns
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0719" n="701"/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Wider den Hochmuht.</hi> </head><lb/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l><hi rendition="#in">D</hi>aß die Begier, zu viel zu wi&#x017F;&#x017F;en, dem Satan als ein</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Mittel dienet,</hi> </l><lb/>
                <l>Die er&#x017F;ten Eltern zu verfu&#x0364;hren, i&#x017F;t un&#x017F;erer Betrachtung</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">wehrt.</hi> </l><lb/>
                <l>Wer weiß, ob ers nicht noch gebraucht? Es &#x017F;cheint, &#x017F;obald</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">man &#x017F;ich erku&#x0364;hnet,</hi> </l><lb/>
                <l>Des Gei&#x017F;tes Kra&#x0364;fte zu vergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern, (da wir, was GOtt uns</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">hier be&#x017F;chehrt,</hi> </l><lb/>
                <l>Dadurch ver&#x017F;a&#x0364;umen zu genie&#x017F;&#x017F;en) daß bloß allein die Sucht</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">zu wi&#x017F;&#x017F;en</hi> </l><lb/>
                <l>An allem un&#x017F;ern Unglu&#x0364;ck &#x017F;chuld. Jndem wir, fu&#x0364;r den</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Gei&#x017F;t allein,</hi> </l><lb/>
                <l>Um das, was au&#x017F;&#x017F;er un&#x017F;ern Schranken, zu fa&#x017F;&#x017F;en nur</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">be&#x017F;orget &#x017F;eyn;</hi> </l><lb/>
                <l>Wird, neb&#x017F;t der Kraft der Gottheit Werke zu kennen, uns</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">GOtt &#x017F;elb&#x017F;t entri&#x017F;&#x017F;en.</hi> </l><lb/>
                <l>Wer kann bewundern? Wer genie&#x017F;&#x017F;en? Wer kann GOtt</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">danken? wenn der Gei&#x017F;t</hi> </l><lb/>
                <l>Be&#x017F;ta&#x0364;ndig mit &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t be&#x017F;cha&#x0364;ftigt, &#x017F;ich &#x017F;einer wahren</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Pflicht entreißt,</hi> </l><lb/>
                <l>Die in des Scho&#x0364;pfers Ehr&#x2019; allein be&#x017F;teht, wozu wir bloß</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">gemacht?</hi> </l>
              </lg><lb/>
              <lg n="2">
                <l>Wir la&#x017F;&#x017F;en auf dem hohen Weg, den wir uns bahnen,</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">aus der Acht</hi> </l><lb/>
                <l>Des Scho&#x0364;pfers wei&#x017F;e Macht und Liebe. Wir wollen &#x017F;tets</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">das Wi&#x017F;&#x017F;en ha&#x0364;ufen,</hi> </l><lb/>
                <l>Und, was uns wirklich unbegreiflich, des Scho&#x0364;pfers wei&#x017F;e</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Macht begreifen.</hi> </l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Uns</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[701/0719] Wider den Hochmuht. Daß die Begier, zu viel zu wiſſen, dem Satan als ein Mittel dienet, Die erſten Eltern zu verfuͤhren, iſt unſerer Betrachtung wehrt. Wer weiß, ob ers nicht noch gebraucht? Es ſcheint, ſobald man ſich erkuͤhnet, Des Geiſtes Kraͤfte zu vergroͤſſern, (da wir, was GOtt uns hier beſchehrt, Dadurch verſaͤumen zu genieſſen) daß bloß allein die Sucht zu wiſſen An allem unſern Ungluͤck ſchuld. Jndem wir, fuͤr den Geiſt allein, Um das, was auſſer unſern Schranken, zu faſſen nur beſorget ſeyn; Wird, nebſt der Kraft der Gottheit Werke zu kennen, uns GOtt ſelbſt entriſſen. Wer kann bewundern? Wer genieſſen? Wer kann GOtt danken? wenn der Geiſt Beſtaͤndig mit ſich ſelbſt beſchaͤftigt, ſich ſeiner wahren Pflicht entreißt, Die in des Schoͤpfers Ehr’ allein beſteht, wozu wir bloß gemacht? Wir laſſen auf dem hohen Weg, den wir uns bahnen, aus der Acht Des Schoͤpfers weiſe Macht und Liebe. Wir wollen ſtets das Wiſſen haͤufen, Und, was uns wirklich unbegreiflich, des Schoͤpfers weiſe Macht begreifen. Uns

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/719
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 701. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/719>, abgerufen am 03.12.2024.