Ein jeder Tag, jedwede Stunde, Ja eine jegliche Secunde, Sind Theile meiner Lebens-Zeit. Wenn nun, zum Beyspiel, unsre Augen, Mit nöhtiger Aufmerksamkeit, Der Dinge Vollenkommenheit Nur einzeln zu betrachten taugen, Und wie ein jedes Ding dem Geist Am deutlichsten sich Stück-weis weist; So laßt uns, ehe sie vergehen, Von unsrer Daur, die Theile sehn, Und uns vernünftig oft bemühn, Den Aneinanderhang der Zeit, Jn welchem wir von hinnen eilen, Getheilet, in Betracht zu ziehn, Und unsre Dauer einzutheilen. Zumahl wenn, voller Heiterkeit, Ein schöner Tag uns oft erfreut, Jmgleichen, mit gestirnter Pracht, Ein' angenehme schöne Nacht; So wünsch ich, daß man öfters denke: Er (sie) ist ein Theil von meiner Zeit, er (sie) ist ein göttliches Geschenke. Je öfter man nun die Gedanken, Jn Stund- und Viertel-Stunden-Schranken,
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7 Theil. X x
Mittel laͤnger und vergnuͤgt zu leben.
Ein jeder Tag, jedwede Stunde, Ja eine jegliche Secunde, Sind Theile meiner Lebens-Zeit. Wenn nun, zum Beyſpiel, unſre Augen, Mit noͤhtiger Aufmerkſamkeit, Der Dinge Vollenkommenheit Nur einzeln zu betrachten taugen, Und wie ein jedes Ding dem Geiſt Am deutlichſten ſich Stuͤck-weis weiſt; So laßt uns, ehe ſie vergehen, Von unſrer Daur, die Theile ſehn, Und uns vernuͤnftig oft bemuͤhn, Den Aneinanderhang der Zeit, Jn welchem wir von hinnen eilen, Getheilet, in Betracht zu ziehn, Und unſre Dauer einzutheilen. Zumahl wenn, voller Heiterkeit, Ein ſchoͤner Tag uns oft erfreut, Jmgleichen, mit geſtirnter Pracht, Ein’ angenehme ſchoͤne Nacht; So wuͤnſch ich, daß man oͤfters denke: Er (ſie) iſt ein Theil von meiner Zeit, er (ſie) iſt ein goͤttliches Geſchenke. Je oͤfter man nun die Gedanken, Jn Stund- und Viertel-Stunden-Schranken,
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Mittel laͤnger und vergnuͤgt
zu leben.
Ein jeder Tag, jedwede Stunde,
Ja eine jegliche Secunde,
Sind Theile meiner Lebens-Zeit.
Wenn nun, zum Beyſpiel, unſre Augen,
Mit noͤhtiger Aufmerkſamkeit,
Der Dinge Vollenkommenheit
Nur einzeln zu betrachten taugen,
Und wie ein jedes Ding dem Geiſt
Am deutlichſten ſich Stuͤck-weis weiſt;
So laßt uns, ehe ſie vergehen,
Von unſrer Daur, die Theile ſehn,
Und uns vernuͤnftig oft bemuͤhn,
Den Aneinanderhang der Zeit,
Jn welchem wir von hinnen eilen,
Getheilet, in Betracht zu ziehn,
Und unſre Dauer einzutheilen.
Zumahl wenn, voller Heiterkeit,
Ein ſchoͤner Tag uns oft erfreut,
Jmgleichen, mit geſtirnter Pracht,
Ein’ angenehme ſchoͤne Nacht;
So wuͤnſch ich, daß man oͤfters denke:
Er (ſie) iſt ein Theil von meiner Zeit, er (ſie) iſt
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Je oͤfter man nun die Gedanken,
Jn Stund- und Viertel-Stunden-Schranken,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 689. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/707>, abgerufen am 21.12.2024.
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