Betrachtung göttlicher Wunder in Erhaltung des Saamen-Korns im Frost.
Wie ich, in einem starken Frost, die, nur in einem engen Raum, Durchs Eis verschränkte Schwähne füttern, und ihnen Haber geben ließ, Der alsobald mit Eis belief, wann er noch in dem Wasser kaum, Und dennoch an sich selbst nicht fror; erwog ich, was mir dieses wies: Ein gütig Wunder, welches man wohl eben nicht so oft bedenket, Und das gewiß, aus weiser Absicht, zum Nutz der Crea- tur geschenket. Da nemlich solch ein Saamen-Korn, wie hart es friert, doch nicht erfriert. Wovon die ganze Creatur und Menschheit solchen Nutz verspührt, Daß, wenn es frör, als andre Früchte, die wässericher, als wie sie, Nicht nur die Nahrung aller Menschen verdürb', und auch mit aller Müh' Nicht würd' erhalten werden können; nein, auch die Saat fürs künft'ge Jahr Jn augenscheinlicher Gefahr,
Nicht
S s 4
Betrachtung goͤttlicher Wunder in Erhaltung des Saamen-Korns im Froſt.
Wie ich, in einem ſtarken Froſt, die, nur in einem engen Raum, Durchs Eis verſchraͤnkte Schwaͤhne fuͤttern, und ihnen Haber geben ließ, Der alſobald mit Eis belief, wann er noch in dem Waſſer kaum, Und dennoch an ſich ſelbſt nicht fror; erwog ich, was mir dieſes wies: Ein guͤtig Wunder, welches man wohl eben nicht ſo oft bedenket, Und das gewiß, aus weiſer Abſicht, zum Nutz der Crea- tur geſchenket. Da nemlich ſolch ein Saamen-Korn, wie hart es friert, doch nicht erfriert. Wovon die ganze Creatur und Menſchheit ſolchen Nutz verſpuͤhrt, Daß, wenn es froͤr, als andre Fruͤchte, die waͤſſericher, als wie ſie, Nicht nur die Nahrung aller Menſchen verduͤrb’, und auch mit aller Muͤh’ Nicht wuͤrd’ erhalten werden koͤnnen; nein, auch die Saat fuͤrs kuͤnft’ge Jahr Jn augenſcheinlicher Gefahr,
Nicht
S s 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0665"n="647"/><divn="3"><head><hirendition="#b">Betrachtung goͤttlicher Wunder</hi><lb/>
in<lb/><hirendition="#b">Erhaltung des Saamen-Korns<lb/>
im Froſt.</hi></head><lb/><lgtype="poem"><l><hirendition="#in">W</hi>ie ich, in einem ſtarken Froſt, die, nur in einem</l><lb/><l><hirendition="#et">engen Raum,</hi></l><lb/><l>Durchs Eis verſchraͤnkte Schwaͤhne fuͤttern, und ihnen</l><lb/><l><hirendition="#et">Haber geben ließ,</hi></l><lb/><l>Der alſobald mit Eis belief, wann er noch in dem Waſſer</l><lb/><l><hirendition="#et">kaum,</hi></l><lb/><l>Und dennoch an ſich ſelbſt nicht fror; erwog ich, was mir</l><lb/><l><hirendition="#et">dieſes wies:</hi></l><lb/><l>Ein guͤtig Wunder, welches man wohl eben nicht ſo oft</l><lb/><l><hirendition="#et">bedenket,</hi></l><lb/><l>Und das gewiß, aus weiſer Abſicht, zum Nutz der Crea-</l><lb/><l><hirendition="#et">tur geſchenket.</hi></l><lb/><l>Da nemlich ſolch ein Saamen-Korn, wie hart es friert,</l><lb/><l><hirendition="#et">doch nicht erfriert.</hi></l><lb/><l>Wovon die ganze Creatur und Menſchheit ſolchen Nutz</l><lb/><l><hirendition="#et">verſpuͤhrt,</hi></l><lb/><l>Daß, wenn es froͤr, als andre Fruͤchte, die waͤſſericher, als</l><lb/><l><hirendition="#et">wie ſie,</hi></l><lb/><l>Nicht nur die Nahrung aller Menſchen verduͤrb’, und auch</l><lb/><l><hirendition="#et">mit aller Muͤh’</hi></l><lb/><l>Nicht wuͤrd’ erhalten werden koͤnnen; nein, auch die Saat</l><lb/><l><hirendition="#et">fuͤrs kuͤnft’ge Jahr</hi></l><lb/><l>Jn augenſcheinlicher Gefahr,</l></lg><lb/><fwplace="bottom"type="sig">S s 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">Nicht</fw><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[647/0665]
Betrachtung goͤttlicher Wunder
in
Erhaltung des Saamen-Korns
im Froſt.
Wie ich, in einem ſtarken Froſt, die, nur in einem
engen Raum,
Durchs Eis verſchraͤnkte Schwaͤhne fuͤttern, und ihnen
Haber geben ließ,
Der alſobald mit Eis belief, wann er noch in dem Waſſer
kaum,
Und dennoch an ſich ſelbſt nicht fror; erwog ich, was mir
dieſes wies:
Ein guͤtig Wunder, welches man wohl eben nicht ſo oft
bedenket,
Und das gewiß, aus weiſer Abſicht, zum Nutz der Crea-
tur geſchenket.
Da nemlich ſolch ein Saamen-Korn, wie hart es friert,
doch nicht erfriert.
Wovon die ganze Creatur und Menſchheit ſolchen Nutz
verſpuͤhrt,
Daß, wenn es froͤr, als andre Fruͤchte, die waͤſſericher, als
wie ſie,
Nicht nur die Nahrung aller Menſchen verduͤrb’, und auch
mit aller Muͤh’
Nicht wuͤrd’ erhalten werden koͤnnen; nein, auch die Saat
fuͤrs kuͤnft’ge Jahr
Jn augenſcheinlicher Gefahr,
Nicht
S s 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 647. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/665>, abgerufen am 30.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.