Ein wunderschöner Winter-Tag, da es geschneiet und gefroren, Und sich der Wolken grauer Duft zerstückt vom Firma- ment verlohren, So daß der Sonnen heller Glanz den weissen Kreis der Welt bestrahlt', Und dadurch alle schöne Vorwürf' annoch viel hell- und schöner mahlt' Bewegte mich, auf meines Schlosses sehr hoch erhabnen Thurm zu steigen, Damit die schöne weisse Welt sich mir noch mögte schöner zeigen. Jch stieg hinauf, und ward so gleich, als wie von einem Blitz gerührt, Als die von dort entdeckte Weite den Blick durch so viel Schönheit führt. Es ward auf einmahl meinen Augen ein' Erd- und eine Wasser-Welt, Die einem vollen Monden glich, an Glanz und Weisse, vorgestellt. Es schimmerte der Erden Fläche, beschneiter Bäum' und Büsche Reiser, Die Giebel, theils mit rohten Ziegeln bedeckter, theils bemooster Häuser, Die Aecker, deren lange Grenzen gefüllet, eben nur zu sehn, Die liessen ein recht blendend Weiß vom hell- bestrahlten Schnee mir sehn.
Allein
Die Welt im Winter.
Ein wunderſchoͤner Winter-Tag, da es geſchneiet und gefroren, Und ſich der Wolken grauer Duft zerſtuͤckt vom Firma- ment verlohren, So daß der Sonnen heller Glanz den weiſſen Kreis der Welt beſtrahlt’, Und dadurch alle ſchoͤne Vorwuͤrf’ annoch viel hell- und ſchoͤner mahlt’ Bewegte mich, auf meines Schloſſes ſehr hoch erhabnen Thurm zu ſteigen, Damit die ſchoͤne weiſſe Welt ſich mir noch moͤgte ſchoͤner zeigen. Jch ſtieg hinauf, und ward ſo gleich, als wie von einem Blitz geruͤhrt, Als die von dort entdeckte Weite den Blick durch ſo viel Schoͤnheit fuͤhrt. Es ward auf einmahl meinen Augen ein’ Erd- und eine Waſſer-Welt, Die einem vollen Monden glich, an Glanz und Weiſſe, vorgeſtellt. Es ſchimmerte der Erden Flaͤche, beſchneiter Baͤum’ und Buͤſche Reiſer, Die Giebel, theils mit rohten Ziegeln bedeckter, theils bemooſter Haͤuſer, Die Aecker, deren lange Grenzen gefuͤllet, eben nur zu ſehn, Die lieſſen ein recht blendend Weiß vom hell- beſtrahlten Schnee mir ſehn.
Allein
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0637"n="619"/><divn="3"><head><hirendition="#b">Die Welt im Winter.</hi></head><lb/><lgtype="poem"><lgn="1"><l><hirendition="#in">E</hi>in wunderſchoͤner Winter-Tag, da es geſchneiet und</l><lb/><l><hirendition="#et">gefroren,</hi></l><lb/><l>Und ſich der Wolken grauer Duft zerſtuͤckt vom Firma-</l><lb/><l><hirendition="#et">ment verlohren,</hi></l><lb/><l>So daß der Sonnen heller Glanz den weiſſen Kreis der</l><lb/><l><hirendition="#et">Welt beſtrahlt’,</hi></l><lb/><l>Und dadurch alle ſchoͤne Vorwuͤrf’ annoch viel hell- und</l><lb/><l><hirendition="#et">ſchoͤner mahlt’</hi></l><lb/><l>Bewegte mich, auf meines Schloſſes ſehr hoch erhabnen</l><lb/><l><hirendition="#et">Thurm zu ſteigen,</hi></l><lb/><l>Damit die ſchoͤne weiſſe Welt ſich mir noch moͤgte ſchoͤner</l><lb/><l><hirendition="#et">zeigen.</hi></l><lb/><l>Jch ſtieg hinauf, und ward ſo gleich, als wie von einem</l><lb/><l><hirendition="#et">Blitz geruͤhrt,</hi></l><lb/><l>Als die von dort entdeckte Weite den Blick durch ſo viel</l><lb/><l><hirendition="#et">Schoͤnheit fuͤhrt.</hi></l><lb/><l>Es ward auf einmahl meinen Augen ein’ Erd- und eine</l><lb/><l><hirendition="#et">Waſſer-Welt,</hi></l><lb/><l>Die einem vollen Monden glich, an Glanz und Weiſſe,</l><lb/><l><hirendition="#et">vorgeſtellt.</hi></l><lb/><l>Es ſchimmerte der Erden Flaͤche, beſchneiter Baͤum’ und</l><lb/><l><hirendition="#et">Buͤſche Reiſer,</hi></l><lb/><l>Die Giebel, theils mit rohten Ziegeln bedeckter, theils</l><lb/><l><hirendition="#et">bemooſter Haͤuſer,</hi></l><lb/><l>Die Aecker, deren lange Grenzen gefuͤllet, eben nur zu</l><lb/><l><hirendition="#et">ſehn,</hi></l><lb/><l>Die lieſſen ein recht blendend Weiß vom hell- beſtrahlten</l><lb/><l><hirendition="#et">Schnee mir ſehn.</hi></l></lg><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Allein</fw><lb/></lg></div></div></div></body></text></TEI>
[619/0637]
Die Welt im Winter.
Ein wunderſchoͤner Winter-Tag, da es geſchneiet und
gefroren,
Und ſich der Wolken grauer Duft zerſtuͤckt vom Firma-
ment verlohren,
So daß der Sonnen heller Glanz den weiſſen Kreis der
Welt beſtrahlt’,
Und dadurch alle ſchoͤne Vorwuͤrf’ annoch viel hell- und
ſchoͤner mahlt’
Bewegte mich, auf meines Schloſſes ſehr hoch erhabnen
Thurm zu ſteigen,
Damit die ſchoͤne weiſſe Welt ſich mir noch moͤgte ſchoͤner
zeigen.
Jch ſtieg hinauf, und ward ſo gleich, als wie von einem
Blitz geruͤhrt,
Als die von dort entdeckte Weite den Blick durch ſo viel
Schoͤnheit fuͤhrt.
Es ward auf einmahl meinen Augen ein’ Erd- und eine
Waſſer-Welt,
Die einem vollen Monden glich, an Glanz und Weiſſe,
vorgeſtellt.
Es ſchimmerte der Erden Flaͤche, beſchneiter Baͤum’ und
Buͤſche Reiſer,
Die Giebel, theils mit rohten Ziegeln bedeckter, theils
bemooſter Haͤuſer,
Die Aecker, deren lange Grenzen gefuͤllet, eben nur zu
ſehn,
Die lieſſen ein recht blendend Weiß vom hell- beſtrahlten
Schnee mir ſehn.
Allein
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 619. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/637>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.