Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Herbst in Ritzebüttel.
GOtt Lob! ich seh, mit vielen Freuden, aufs neu, im
Herbst, mein fruchtbar Feld
Begraben, wohl bedüngt, gepflügt, besät, beeget und bestellt.
Man sieht, wenn man bedachtsam sieht, anitzt, so weit das
Auge träget,
Ein angenehmes Dunkelbraun von Aeckern, welche theils
geeget,
Theils aufgebrochen, theils gepflügt, das uns, wenn wir es
recht betrachten,
Und auf die gleich-geformte Fläch', und gleich-gemischte
Farben achten,
Uns eine sanft' und fremde Lust in der gerührten Brust
erregt.
Der Himmel, den man, meist bedeckt, in einer klaren Dämm-
rung sieht,
Erreget, nebst dem dunklen Vorwurf der Erden, itzo dem
Gemüht
Ein' Art von angenehmer Schwehrmuht, zufriedner Unzu-
friedenheit,
Ein melancholisches Vergnügen, und eine süsse Trau-
rigkeit.
Mich deucht, daß wenn ich itzt bedachtsam, bey stiller Luft,
spatzieren gehe,
Und rings umher, in solcher Ordnung, von der bestellten
Felder Flur
Die dunkel-braune Weite schau, ich von der emsigen Natur
Ein ernsthaft majestätisch Wesen, mit einer Art von Ehr-
furcht, sehe.
Es
Der Herbſt in Ritzebuͤttel.
GOtt Lob! ich ſeh, mit vielen Freuden, aufs neu, im
Herbſt, mein fruchtbar Feld
Begraben, wohl beduͤngt, gepfluͤgt, beſaͤt, beeget und beſtellt.
Man ſieht, wenn man bedachtſam ſieht, anitzt, ſo weit das
Auge traͤget,
Ein angenehmes Dunkelbraun von Aeckern, welche theils
geeget,
Theils aufgebrochen, theils gepfluͤgt, das uns, wenn wir es
recht betrachten,
Und auf die gleich-geformte Flaͤch’, und gleich-gemiſchte
Farben achten,
Uns eine ſanft’ und fremde Luſt in der geruͤhrten Bruſt
erregt.
Der Himmel, den man, meiſt bedeckt, in einer klaren Daͤmm-
rung ſieht,
Erreget, nebſt dem dunklen Vorwurf der Erden, itzo dem
Gemuͤht
Ein’ Art von angenehmer Schwehrmuht, zufriedner Unzu-
friedenheit,
Ein melancholiſches Vergnuͤgen, und eine ſuͤſſe Trau-
rigkeit.
Mich deucht, daß wenn ich itzt bedachtſam, bey ſtiller Luft,
ſpatzieren gehe,
Und rings umher, in ſolcher Ordnung, von der beſtellten
Felder Flur
Die dunkel-braune Weite ſchau, ich von der emſigen Natur
Ein ernſthaft majeſtaͤtiſch Weſen, mit einer Art von Ehr-
furcht, ſehe.
Es
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0486" n="468"/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Der Herb&#x017F;t in Ritzebu&#x0364;ttel.</hi> </head><lb/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l><hi rendition="#in">G</hi>Ott Lob! ich &#x017F;eh, mit vielen Freuden, aufs neu, im</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Herb&#x017F;t, mein fruchtbar Feld</hi> </l><lb/>
                <l>Begraben, wohl bedu&#x0364;ngt, gepflu&#x0364;gt, be&#x017F;a&#x0364;t, beeget und be&#x017F;tellt.</l><lb/>
                <l>Man &#x017F;ieht, wenn man bedacht&#x017F;am &#x017F;ieht, anitzt, &#x017F;o weit das</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Auge tra&#x0364;get,</hi> </l><lb/>
                <l>Ein angenehmes Dunkelbraun von Aeckern, welche theils</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">geeget,</hi> </l><lb/>
                <l>Theils aufgebrochen, theils gepflu&#x0364;gt, das uns, wenn wir es</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">recht betrachten,</hi> </l><lb/>
                <l>Und auf die gleich-geformte Fla&#x0364;ch&#x2019;, und gleich-gemi&#x017F;chte</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Farben achten,</hi> </l><lb/>
                <l>Uns eine &#x017F;anft&#x2019; und fremde Lu&#x017F;t in der geru&#x0364;hrten Bru&#x017F;t</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">erregt.</hi> </l>
              </lg><lb/>
              <lg n="2">
                <l>Der Himmel, den man, mei&#x017F;t bedeckt, in einer klaren Da&#x0364;mm-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">rung &#x017F;ieht,</hi> </l><lb/>
                <l>Erreget, neb&#x017F;t dem dunklen Vorwurf der Erden, itzo dem</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Gemu&#x0364;ht</hi> </l><lb/>
                <l>Ein&#x2019; Art von angenehmer Schwehrmuht, zufriedner Unzu-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">friedenheit,</hi> </l><lb/>
                <l>Ein melancholi&#x017F;ches Vergnu&#x0364;gen, und eine &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e Trau-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">rigkeit.</hi> </l><lb/>
                <l>Mich deucht, daß wenn ich itzt bedacht&#x017F;am, bey &#x017F;tiller Luft,</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;patzieren gehe,</hi> </l><lb/>
                <l>Und rings umher, in &#x017F;olcher Ordnung, von der be&#x017F;tellten</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Felder Flur</hi> </l><lb/>
                <l>Die dunkel-braune Weite &#x017F;chau, ich von der em&#x017F;igen Natur</l><lb/>
                <l>Ein ern&#x017F;thaft maje&#x017F;ta&#x0364;ti&#x017F;ch We&#x017F;en, mit einer Art von Ehr-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">furcht, &#x017F;ehe.</hi> </l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Es</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[468/0486] Der Herbſt in Ritzebuͤttel. GOtt Lob! ich ſeh, mit vielen Freuden, aufs neu, im Herbſt, mein fruchtbar Feld Begraben, wohl beduͤngt, gepfluͤgt, beſaͤt, beeget und beſtellt. Man ſieht, wenn man bedachtſam ſieht, anitzt, ſo weit das Auge traͤget, Ein angenehmes Dunkelbraun von Aeckern, welche theils geeget, Theils aufgebrochen, theils gepfluͤgt, das uns, wenn wir es recht betrachten, Und auf die gleich-geformte Flaͤch’, und gleich-gemiſchte Farben achten, Uns eine ſanft’ und fremde Luſt in der geruͤhrten Bruſt erregt. Der Himmel, den man, meiſt bedeckt, in einer klaren Daͤmm- rung ſieht, Erreget, nebſt dem dunklen Vorwurf der Erden, itzo dem Gemuͤht Ein’ Art von angenehmer Schwehrmuht, zufriedner Unzu- friedenheit, Ein melancholiſches Vergnuͤgen, und eine ſuͤſſe Trau- rigkeit. Mich deucht, daß wenn ich itzt bedachtſam, bey ſtiller Luft, ſpatzieren gehe, Und rings umher, in ſolcher Ordnung, von der beſtellten Felder Flur Die dunkel-braune Weite ſchau, ich von der emſigen Natur Ein ernſthaft majeſtaͤtiſch Weſen, mit einer Art von Ehr- furcht, ſehe. Es

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/486
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 468. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/486>, abgerufen am 21.11.2024.