Vergnügliche Betrachtung des Herbsts, nebst beygefügten Dank-Gedanken für die erhaltene und glücklich eingeführte Feld-Früchte, 1737.
Wer leugnen will, daß nicht in jeder Jahres-Zeit Die Welt voll Schmuck und Zierlichkeit, Der seh im frühen Herbst, bey aufgeklärtem Wetter, Bey dem durchstrahlten Gras und feuchten Glanz der Blätter, Der Felder leere Flächen an! Dieß Leere selbst zeigt eine neue Fülle Von Lust und Anmuht, welche man Fast fühlen mehr und seh'n, als sie beschreiben, kann.
Es herrschet eine sanft' und angenehme Stille, So weit das Auge reicht. Das umgestürzte Land, Das vormahls höher schien, erhoben, Und, durch der Aehren Fläch', als in die Höh' geschoben, Den Augen gleichsam näher stand, Scheint itzo niedriger. Ein lieblich braun Gewand, Mit langer Furchen dunklern Streifen, Die, durch den regen Pflug, itzt überall sich häufen, Mit grünen Ranken doch noch hie und da bestreut, Jst itzt, in dieser holden Zeit, Der milden Mutter ernsthaft Kleid.
Der
Vergnuͤgliche Betrachtung des Herbſts, nebſt beygefuͤgten Dank-Gedanken fuͤr die erhaltene und gluͤcklich eingefuͤhrte Feld-Fruͤchte, 1737.
Wer leugnen will, daß nicht in jeder Jahres-Zeit Die Welt voll Schmuck und Zierlichkeit, Der ſeh im fruͤhen Herbſt, bey aufgeklaͤrtem Wetter, Bey dem durchſtrahlten Gras und feuchten Glanz der Blaͤtter, Der Felder leere Flaͤchen an! Dieß Leere ſelbſt zeigt eine neue Fuͤlle Von Luſt und Anmuht, welche man Faſt fuͤhlen mehr und ſeh’n, als ſie beſchreiben, kann.
Es herrſchet eine ſanft’ und angenehme Stille, So weit das Auge reicht. Das umgeſtuͤrzte Land, Das vormahls hoͤher ſchien, erhoben, Und, durch der Aehren Flaͤch’, als in die Hoͤh’ geſchoben, Den Augen gleichſam naͤher ſtand, Scheint itzo niedriger. Ein lieblich braun Gewand, Mit langer Furchen dunklern Streifen, Die, durch den regen Pflug, itzt uͤberall ſich haͤufen, Mit gruͤnen Ranken doch noch hie und da beſtreut, Jſt itzt, in dieſer holden Zeit, Der milden Mutter ernſthaft Kleid.
Der
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0447"n="429"/><divn="3"><head><hirendition="#b">Vergnuͤgliche<lb/>
Betrachtung des Herbſts,<lb/>
nebſt<lb/>
beygefuͤgten Dank-Gedanken<lb/>
fuͤr<lb/>
die erhaltene und gluͤcklich eingefuͤhrte<lb/>
Feld-Fruͤchte,<lb/><hirendition="#g">1737</hi>.</hi></head><lb/><lgtype="poem"><lgn="1"><l><hirendition="#in">W</hi>er leugnen will, daß nicht in jeder Jahres-Zeit</l><lb/><l>Die Welt voll Schmuck und Zierlichkeit,</l><lb/><l>Der ſeh im fruͤhen Herbſt, bey aufgeklaͤrtem Wetter,</l><lb/><l>Bey dem durchſtrahlten Gras und feuchten Glanz der</l><lb/><l><hirendition="#et">Blaͤtter,</hi></l><lb/><l>Der Felder leere Flaͤchen an!</l><lb/><l>Dieß Leere ſelbſt zeigt eine neue Fuͤlle</l><lb/><l>Von Luſt und Anmuht, welche man</l><lb/><l>Faſt fuͤhlen mehr und ſeh’n, als ſie beſchreiben, kann.</l></lg><lb/><lgn="2"><l>Es herrſchet eine ſanft’ und angenehme Stille,</l><lb/><l>So weit das Auge reicht. Das umgeſtuͤrzte Land,</l><lb/><l>Das vormahls hoͤher ſchien, erhoben,</l><lb/><l>Und, durch der Aehren Flaͤch’, als in die Hoͤh’ geſchoben,</l><lb/><l>Den Augen gleichſam naͤher ſtand,</l><lb/><l>Scheint itzo niedriger. Ein lieblich braun Gewand,</l><lb/><l>Mit langer Furchen dunklern Streifen,</l><lb/><l>Die, durch den regen Pflug, itzt uͤberall ſich haͤufen,</l><lb/><l>Mit gruͤnen Ranken doch noch hie und da beſtreut,</l><lb/><l>Jſt itzt, in dieſer holden Zeit,</l><lb/><l>Der milden Mutter ernſthaft Kleid.</l></lg><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Der</fw><lb/></lg></div></div></div></body></text></TEI>
[429/0447]
Vergnuͤgliche
Betrachtung des Herbſts,
nebſt
beygefuͤgten Dank-Gedanken
fuͤr
die erhaltene und gluͤcklich eingefuͤhrte
Feld-Fruͤchte,
1737.
Wer leugnen will, daß nicht in jeder Jahres-Zeit
Die Welt voll Schmuck und Zierlichkeit,
Der ſeh im fruͤhen Herbſt, bey aufgeklaͤrtem Wetter,
Bey dem durchſtrahlten Gras und feuchten Glanz der
Blaͤtter,
Der Felder leere Flaͤchen an!
Dieß Leere ſelbſt zeigt eine neue Fuͤlle
Von Luſt und Anmuht, welche man
Faſt fuͤhlen mehr und ſeh’n, als ſie beſchreiben, kann.
Es herrſchet eine ſanft’ und angenehme Stille,
So weit das Auge reicht. Das umgeſtuͤrzte Land,
Das vormahls hoͤher ſchien, erhoben,
Und, durch der Aehren Flaͤch’, als in die Hoͤh’ geſchoben,
Den Augen gleichſam naͤher ſtand,
Scheint itzo niedriger. Ein lieblich braun Gewand,
Mit langer Furchen dunklern Streifen,
Die, durch den regen Pflug, itzt uͤberall ſich haͤufen,
Mit gruͤnen Ranken doch noch hie und da beſtreut,
Jſt itzt, in dieſer holden Zeit,
Der milden Mutter ernſthaft Kleid.
Der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/447>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.