Wie so rauch, verworren, gräßlich ist sein starker Kopf behaart, Es vermehrt sein wildes Ansehn sonderlich sein dicker Baart. Ein gesetzter Muht belebt ihn, ihm ist keine Furcht be- kannt, Er kennt seiner Hörner Kraft, wo er stehet, hält er Stand.
Jst nun das Original recht Bewundernswehrt, so scheinet Die fast lebende Copie minder nicht Bewundernswehrt, Weil in ihr der Menschen Geist sich mit der Natur vereinet. Unser Schöpfer wird in beyden, durch vernünftigs Sehn, geehrt.
Das wilde Pferd.
Bebt und zittert nicht der Boden? Welch ein Strampfen hört man hier? Welch ein Schnauben füllt die Luft! Weicht! ein wild-doch schönes Thier Sprengt daher in vollem Rennen! Halt! es stutzt, es bäumet sich. Scheint es doch sich aufzuhalten, daß man recht und eigent- lich Seines Cörpers schönen Bau, seines Hufs und Schenkels Zier, Seinen edelmüht'gen Anstand, seinen Wuchs betrachten könne, Und gebührende Bewundrung Dem, der es erschaffen, gönne. Welch ein hell- und ernster Strahl blitzt aus seinem Aug' herfür!
Die
C c 4
Der Auer-Ochs.
Wie ſo rauch, verworren, graͤßlich iſt ſein ſtarker Kopf behaart, Es vermehrt ſein wildes Anſehn ſonderlich ſein dicker Baart. Ein geſetzter Muht belebt ihn, ihm iſt keine Furcht be- kannt, Er kennt ſeiner Hoͤrner Kraft, wo er ſtehet, haͤlt er Stand.
Jſt nun das Original recht Bewundernswehrt, ſo ſcheinet Die faſt lebende Copie minder nicht Bewundernswehrt, Weil in ihr der Menſchen Geiſt ſich mit der Natur vereinet. Unſer Schoͤpfer wird in beyden, durch vernuͤnftigs Sehn, geehrt.
Das wilde Pferd.
Bebt und zittert nicht der Boden? Welch ein Strampfen hoͤrt man hier? Welch ein Schnauben fuͤllt die Luft! Weicht! ein wild-doch ſchoͤnes Thier Sprengt daher in vollem Rennen! Halt! es ſtutzt, es baͤumet ſich. Scheint es doch ſich aufzuhalten, daß man recht und eigent- lich Seines Coͤrpers ſchoͤnen Bau, ſeines Hufs und Schenkels Zier, Seinen edelmuͤht’gen Anſtand, ſeinen Wuchs betrachten koͤnne, Und gebuͤhrende Bewundrung Dem, der es erſchaffen, goͤnne. Welch ein hell- und ernſter Strahl blitzt aus ſeinem Aug’ herfuͤr!
Die
C c 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><lgtype="poem"><pbfacs="#f0425"n="407"/><fwplace="top"type="header">Der Auer-Ochs.</fw><lb/><lgn="2"><l>Wie ſo rauch, verworren, graͤßlich iſt ſein ſtarker Kopf</l><lb/><l><hirendition="#et">behaart,</hi></l><lb/><l>Es vermehrt ſein wildes Anſehn ſonderlich ſein dicker</l><lb/><l><hirendition="#et">Baart.</hi></l><lb/><l>Ein geſetzter Muht belebt ihn, ihm iſt keine Furcht be-</l><lb/><l><hirendition="#et">kannt,</hi></l><lb/><l>Er kennt ſeiner Hoͤrner Kraft, wo er ſtehet, haͤlt er Stand.</l></lg><lb/><lgn="3"><l>Jſt nun das Original recht Bewundernswehrt, ſo ſcheinet</l><lb/><l>Die faſt lebende Copie minder nicht Bewundernswehrt,</l><lb/><l>Weil in ihr der Menſchen Geiſt ſich mit der Natur vereinet.</l><lb/><l>Unſer Schoͤpfer wird in beyden, durch vernuͤnftigs Sehn,</l><lb/><l><hirendition="#et">geehrt.</hi></l></lg></lg></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b">Das wilde Pferd.</hi></head><lb/><lgtype="poem"><lgn="1"><l><hirendition="#in">B</hi>ebt und zittert nicht der Boden? Welch ein Strampfen</l><lb/><l><hirendition="#et">hoͤrt man hier?</hi></l><lb/><l>Welch ein Schnauben fuͤllt die Luft! Weicht! ein wild-doch</l><lb/><l><hirendition="#et">ſchoͤnes Thier</hi></l><lb/><l>Sprengt daher in vollem Rennen! Halt! es ſtutzt, es baͤumet</l><lb/><l><hirendition="#et">ſich.</hi></l><lb/><l>Scheint es doch ſich aufzuhalten, daß man recht und eigent-</l><lb/><l><hirendition="#et">lich</hi></l><lb/><l>Seines Coͤrpers ſchoͤnen Bau, ſeines Hufs und Schenkels</l><lb/><l><hirendition="#et">Zier,</hi></l><lb/><l>Seinen edelmuͤht’gen Anſtand, ſeinen Wuchs betrachten</l><lb/><l><hirendition="#et">koͤnne,</hi></l><lb/><l>Und gebuͤhrende Bewundrung Dem, der es erſchaffen,</l><lb/><l><hirendition="#et">goͤnne.</hi></l><lb/><l>Welch ein hell- und ernſter Strahl blitzt aus ſeinem Aug’</l><lb/><l><hirendition="#et">herfuͤr!</hi></l></lg><lb/><fwplace="bottom"type="sig">C c 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">Die</fw><lb/></lg></div></div></div></body></text></TEI>
[407/0425]
Der Auer-Ochs.
Wie ſo rauch, verworren, graͤßlich iſt ſein ſtarker Kopf
behaart,
Es vermehrt ſein wildes Anſehn ſonderlich ſein dicker
Baart.
Ein geſetzter Muht belebt ihn, ihm iſt keine Furcht be-
kannt,
Er kennt ſeiner Hoͤrner Kraft, wo er ſtehet, haͤlt er Stand.
Jſt nun das Original recht Bewundernswehrt, ſo ſcheinet
Die faſt lebende Copie minder nicht Bewundernswehrt,
Weil in ihr der Menſchen Geiſt ſich mit der Natur vereinet.
Unſer Schoͤpfer wird in beyden, durch vernuͤnftigs Sehn,
geehrt.
Das wilde Pferd.
Bebt und zittert nicht der Boden? Welch ein Strampfen
hoͤrt man hier?
Welch ein Schnauben fuͤllt die Luft! Weicht! ein wild-doch
ſchoͤnes Thier
Sprengt daher in vollem Rennen! Halt! es ſtutzt, es baͤumet
ſich.
Scheint es doch ſich aufzuhalten, daß man recht und eigent-
lich
Seines Coͤrpers ſchoͤnen Bau, ſeines Hufs und Schenkels
Zier,
Seinen edelmuͤht’gen Anſtand, ſeinen Wuchs betrachten
koͤnne,
Und gebuͤhrende Bewundrung Dem, der es erſchaffen,
goͤnne.
Welch ein hell- und ernſter Strahl blitzt aus ſeinem Aug’
herfuͤr!
Die
C c 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/425>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.