Mein GOtt, in diesem warmen Theile der Frucht- erfüllten Sommer-Zeit, Da eben Rocken, Gersten, Weizen, zu meinem Nutzen, abgemeyt, Betracht' ich, mit gerührtem Geiste, die Wunder Deiner Gütigkeit. Hier kann ich ein gemähet Feld, bedeckt mit gelben Stop- peln, sehn; Dort seh' ich ungezählte Garben, als wärens kleine Zelte, stehn, Die, da sie eine grosse Weite mit ihren kleinen Höhen zieren, Ein recht natürlich Friedens-Lager, in langen Linien, for- mieren, Jn Strichen, deren weites Ziel der schnelle Blick kaum kann erreichen, Die alle fast dem Golde gleichen, Scheint zwischen grüner Bohnen Feldern der milden Mut- ter grünes Kleid, Mit güldnen Borten als bebrähmet, in einer prächt'gen Lieblichkeit, Die ausgespannte reine Luft, mit hellem Licht und Wärm' erfüllet, Jst, ganz von Duft, Gewölk und Nebel befreyt, erheitert und enthüllet. Die Wärme wird von dichten Bäumen gemildert, und, durch Schatten, kühl, Und alles, was man sieht und fühlet, vergnügt das Aug' und das Gefühl.
Jch
Gedanken zur Zeit der Erndte, 1735.
Mein GOtt, in dieſem warmen Theile der Frucht- erfuͤllten Sommer-Zeit, Da eben Rocken, Gerſten, Weizen, zu meinem Nutzen, abgemeyt, Betracht’ ich, mit geruͤhrtem Geiſte, die Wunder Deiner Guͤtigkeit. Hier kann ich ein gemaͤhet Feld, bedeckt mit gelben Stop- peln, ſehn; Dort ſeh’ ich ungezaͤhlte Garben, als waͤrens kleine Zelte, ſtehn, Die, da ſie eine groſſe Weite mit ihren kleinen Hoͤhen zieren, Ein recht natuͤrlich Friedens-Lager, in langen Linien, for- mieren, Jn Strichen, deren weites Ziel der ſchnelle Blick kaum kann erreichen, Die alle faſt dem Golde gleichen, Scheint zwiſchen gruͤner Bohnen Feldern der milden Mut- ter gruͤnes Kleid, Mit guͤldnen Borten als bebraͤhmet, in einer praͤcht’gen Lieblichkeit, Die ausgeſpannte reine Luft, mit hellem Licht und Waͤrm’ erfuͤllet, Jſt, ganz von Duft, Gewoͤlk und Nebel befreyt, erheitert und enthuͤllet. Die Waͤrme wird von dichten Baͤumen gemildert, und, durch Schatten, kuͤhl, Und alles, was man ſieht und fuͤhlet, vergnuͤgt das Aug’ und das Gefuͤhl.
Jch
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Gedanken zur Zeit der Erndte,
1735.
Mein GOtt, in dieſem warmen Theile der Frucht-
erfuͤllten Sommer-Zeit,
Da eben Rocken, Gerſten, Weizen, zu meinem Nutzen,
abgemeyt,
Betracht’ ich, mit geruͤhrtem Geiſte, die Wunder Deiner
Guͤtigkeit.
Hier kann ich ein gemaͤhet Feld, bedeckt mit gelben Stop-
peln, ſehn;
Dort ſeh’ ich ungezaͤhlte Garben, als waͤrens kleine Zelte,
ſtehn,
Die, da ſie eine groſſe Weite mit ihren kleinen Hoͤhen
zieren,
Ein recht natuͤrlich Friedens-Lager, in langen Linien, for-
mieren,
Jn Strichen, deren weites Ziel der ſchnelle Blick kaum
kann erreichen,
Die alle faſt dem Golde gleichen,
Scheint zwiſchen gruͤner Bohnen Feldern der milden Mut-
ter gruͤnes Kleid,
Mit guͤldnen Borten als bebraͤhmet, in einer praͤcht’gen
Lieblichkeit,
Die ausgeſpannte reine Luft, mit hellem Licht und Waͤrm’
erfuͤllet,
Jſt, ganz von Duft, Gewoͤlk und Nebel befreyt, erheitert
und enthuͤllet.
Die Waͤrme wird von dichten Baͤumen gemildert, und,
durch Schatten, kuͤhl,
Und alles, was man ſieht und fuͤhlet, vergnuͤgt das Aug’
und das Gefuͤhl.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/260>, abgerufen am 21.11.2024.
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