Da ich in dem beblühmten Grase Jüngst ausgestrecket lag und lase; Empfand ich, nicht nur im Gefühl, Daß solches angenehm und kühl; Ein lieblich-säurlicher Geruch erfrischt' und füllte Nas' und Brust Annoch mit einer neuen Lust, Die mich, indem ich sie erwog, Und ernstlich in Betrachtung zog, Mich zu vergnügen trieb. Noch mehr, Es flisterten dabey gelinde, Jm nahen Schilfe, sanfte Winde, Und dieß vergnügte mein Gehör. Ein kleines gurgelnd Vögelein Stimmt' hin und wieder noch mit ein. Um nun bey meinem sanften Liegen Auch den Geschmack noch zu vergnügen; Pflückt ich, mit fröhlichem Gemühte, Von einem Nessel-Strauch die Blühte, Mit Vorsicht-vollen Fingern, ab, Die mir denn meine Lust vermehrte, Und mir, was ich von ihr begehrte, Den Saft, so süß als Honig, gab. Vier Sinnen hatt' ich nun vergnüget, Der fünfte ward dazu gefüget, Dem hier am wenigsten gebricht. Denn alles, was ich hier erblickte, Schien, als ob sichs ausdrücklich schmückte Zur Seelen-Anmuht, durchs Gesicht.
Welch
Ruhe-Platz im Graſe.
Da ich in dem bebluͤhmten Graſe Juͤngſt ausgeſtrecket lag und laſe; Empfand ich, nicht nur im Gefuͤhl, Daß ſolches angenehm und kuͤhl; Ein lieblich-ſaͤurlicher Geruch erfriſcht’ und fuͤllte Naſ’ und Bruſt Annoch mit einer neuen Luſt, Die mich, indem ich ſie erwog, Und ernſtlich in Betrachtung zog, Mich zu vergnuͤgen trieb. Noch mehr, Es fliſterten dabey gelinde, Jm nahen Schilfe, ſanfte Winde, Und dieß vergnuͤgte mein Gehoͤr. Ein kleines gurgelnd Voͤgelein Stimmt’ hin und wieder noch mit ein. Um nun bey meinem ſanften Liegen Auch den Geſchmack noch zu vergnuͤgen; Pfluͤckt ich, mit froͤhlichem Gemuͤhte, Von einem Neſſel-Strauch die Bluͤhte, Mit Vorſicht-vollen Fingern, ab, Die mir denn meine Luſt vermehrte, Und mir, was ich von ihr begehrte, Den Saft, ſo ſuͤß als Honig, gab. Vier Sinnen hatt’ ich nun vergnuͤget, Der fuͤnfte ward dazu gefuͤget, Dem hier am wenigſten gebricht. Denn alles, was ich hier erblickte, Schien, als ob ſichs ausdruͤcklich ſchmuͤckte Zur Seelen-Anmuht, durchs Geſicht.
Welch
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Ruhe-Platz im Graſe.
Da ich in dem bebluͤhmten Graſe
Juͤngſt ausgeſtrecket lag und laſe;
Empfand ich, nicht nur im Gefuͤhl,
Daß ſolches angenehm und kuͤhl;
Ein lieblich-ſaͤurlicher Geruch erfriſcht’ und fuͤllte Naſ’
und Bruſt
Annoch mit einer neuen Luſt,
Die mich, indem ich ſie erwog,
Und ernſtlich in Betrachtung zog,
Mich zu vergnuͤgen trieb. Noch mehr,
Es fliſterten dabey gelinde,
Jm nahen Schilfe, ſanfte Winde,
Und dieß vergnuͤgte mein Gehoͤr.
Ein kleines gurgelnd Voͤgelein
Stimmt’ hin und wieder noch mit ein.
Um nun bey meinem ſanften Liegen
Auch den Geſchmack noch zu vergnuͤgen;
Pfluͤckt ich, mit froͤhlichem Gemuͤhte,
Von einem Neſſel-Strauch die Bluͤhte,
Mit Vorſicht-vollen Fingern, ab,
Die mir denn meine Luſt vermehrte,
Und mir, was ich von ihr begehrte,
Den Saft, ſo ſuͤß als Honig, gab.
Vier Sinnen hatt’ ich nun vergnuͤget,
Der fuͤnfte ward dazu gefuͤget,
Dem hier am wenigſten gebricht.
Denn alles, was ich hier erblickte,
Schien, als ob ſichs ausdruͤcklich ſchmuͤckte
Zur Seelen-Anmuht, durchs Geſicht.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/208>, abgerufen am 21.12.2024.
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