Jndem ich mein gerührt Gesicht, Mit einem ernsten Blick und mit Bedacht, Auf die, an Farb' und Glanz, dem Himmel gleiche Pracht Der lieblichen Vergiß mein nicht, Bewundernd richte, sie betrachte, Und von der Farbe dieses dachte: Unmöglich kann ein blauer Schein So angenehm, so lieblich seyn, Und unser Auge mehr vergnügen; Sah ich ein noch viel schöners fliegen. Es flog, als recht von ungefehr, Ein Grase-Pferdchen hin und her; Ja, recht als wenn es haben wollte, Daß ich es auch bewundern sollte; Hemmt es sein flüchtiges Gefieder, Und setzte sich selbst auf das Blühmchen nieder, Das ich, an seinem Schmuck, worinn es spielte, Für völlig unvergleichlich hielte. Es schien, ob wollt' es dadurch zeigen, Daß, in der bildenden Natur, Sowohl an Farben als Figur, Die Kräfte noch viel höher steigen, Als wir, ob selbe noch so schön Uns in die Augen fallen, sehn. Er legte sein noch stärker Himmel-Blau Voll Glanz, als wie mit Fleiß, indem es sich nicht regte, Recht, als im Gegenhalt, zur Schau. Es ward, durch seinen Glanz bewogen, Mein Blick auf dieses Thier allein gezogen.
Jch
Das ſchoͤne Blau.
Jndem ich mein geruͤhrt Geſicht, Mit einem ernſten Blick und mit Bedacht, Auf die, an Farb’ und Glanz, dem Himmel gleiche Pracht Der lieblichen Vergiß mein nicht, Bewundernd richte, ſie betrachte, Und von der Farbe dieſes dachte: Unmoͤglich kann ein blauer Schein So angenehm, ſo lieblich ſeyn, Und unſer Auge mehr vergnuͤgen; Sah ich ein noch viel ſchoͤners fliegen. Es flog, als recht von ungefehr, Ein Graſe-Pferdchen hin und her; Ja, recht als wenn es haben wollte, Daß ich es auch bewundern ſollte; Hemmt es ſein fluͤchtiges Gefieder, Und ſetzte ſich ſelbſt auf das Bluͤhmchen nieder, Das ich, an ſeinem Schmuck, worinn es ſpielte, Fuͤr voͤllig unvergleichlich hielte. Es ſchien, ob wollt’ es dadurch zeigen, Daß, in der bildenden Natur, Sowohl an Farben als Figur, Die Kraͤfte noch viel hoͤher ſteigen, Als wir, ob ſelbe noch ſo ſchoͤn Uns in die Augen fallen, ſehn. Er legte ſein noch ſtaͤrker Himmel-Blau Voll Glanz, als wie mit Fleiß, indem es ſich nicht regte, Recht, als im Gegenhalt, zur Schau. Es ward, durch ſeinen Glanz bewogen, Mein Blick auf dieſes Thier allein gezogen.
Jch
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Das ſchoͤne Blau.
Jndem ich mein geruͤhrt Geſicht,
Mit einem ernſten Blick und mit Bedacht,
Auf die, an Farb’ und Glanz, dem Himmel gleiche Pracht
Der lieblichen Vergiß mein nicht,
Bewundernd richte, ſie betrachte,
Und von der Farbe dieſes dachte:
Unmoͤglich kann ein blauer Schein
So angenehm, ſo lieblich ſeyn,
Und unſer Auge mehr vergnuͤgen;
Sah ich ein noch viel ſchoͤners fliegen.
Es flog, als recht von ungefehr,
Ein Graſe-Pferdchen hin und her;
Ja, recht als wenn es haben wollte,
Daß ich es auch bewundern ſollte;
Hemmt es ſein fluͤchtiges Gefieder,
Und ſetzte ſich ſelbſt auf das Bluͤhmchen nieder,
Das ich, an ſeinem Schmuck, worinn es ſpielte,
Fuͤr voͤllig unvergleichlich hielte.
Es ſchien, ob wollt’ es dadurch zeigen,
Daß, in der bildenden Natur,
Sowohl an Farben als Figur,
Die Kraͤfte noch viel hoͤher ſteigen,
Als wir, ob ſelbe noch ſo ſchoͤn
Uns in die Augen fallen, ſehn.
Er legte ſein noch ſtaͤrker Himmel-Blau
Voll Glanz, als wie mit Fleiß, indem es ſich nicht regte,
Recht, als im Gegenhalt, zur Schau.
Es ward, durch ſeinen Glanz bewogen,
Mein Blick auf dieſes Thier allein gezogen.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/193>, abgerufen am 03.12.2024.
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