Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Von den Bewohnern des
Wassers.
Nunmehr kann ich, von den Bürgern der Fluht, den
Fischen, hier zu sprechen,
Zu unsers Schöpfers Ruhm und Preis und Dank, mich
gleichfalls nicht entbrechen.
O welch ein Wunder! daß des Meeres unfruchtbar-bitter-
salzes Naß
Lebendige Geschöpfe zeugt! Daß eine Fluht, die unerträglich,
Und streng und traurig von Geschmack, was, das der Zunge
so behäglich,
So süß und lieblich schmecket, nährt! Wie unbegreiflich ist
doch das!
Wer dieß nicht wüßte, würde sprechen: Ein unfruchtbares
Element
Wird etwan wenig Kinder hegen. O nein! auch hier ist
abermahl
Der Schluß nicht richtig, und der Wahn von der Erfahrung
weit getrennt.
Es ist fast, wie der Sand am Meer, die Zahl der Fische sonder
Zahl.
Mein geistig Auge siehet hier, mit recht bewunderndem Ver-
gnügen,
Jn dieser weiten Meeres-Tiefe, in dieser Wasser-vollen Gruft,
Ein nicht zu zählend Heer von Fischen, recht wie die Vögel
in der Luft,
Jn einer stetigen Bewegung, so sehr nicht schwimmen fast,
als fliegen.
Wer
Von den Bewohnern des
Waſſers.
Nunmehr kann ich, von den Buͤrgern der Fluht, den
Fiſchen, hier zu ſprechen,
Zu unſers Schoͤpfers Ruhm und Preis und Dank, mich
gleichfalls nicht entbrechen.
O welch ein Wunder! daß des Meeres unfruchtbar-bitter-
ſalzes Naß
Lebendige Geſchoͤpfe zeugt! Daß eine Fluht, die unertraͤglich,
Und ſtreng und traurig von Geſchmack, was, das der Zunge
ſo behaͤglich,
So ſuͤß und lieblich ſchmecket, naͤhrt! Wie unbegreiflich iſt
doch das!
Wer dieß nicht wuͤßte, wuͤrde ſprechen: Ein unfruchtbares
Element
Wird etwan wenig Kinder hegen. O nein! auch hier iſt
abermahl
Der Schluß nicht richtig, und der Wahn von der Erfahrung
weit getrennt.
Es iſt faſt, wie der Sand am Meer, die Zahl der Fiſche ſonder
Zahl.
Mein geiſtig Auge ſiehet hier, mit recht bewunderndem Ver-
gnuͤgen,
Jn dieſer weiten Meeres-Tiefe, in dieſer Waſſer-vollen Gruft,
Ein nicht zu zaͤhlend Heer von Fiſchen, recht wie die Voͤgel
in der Luft,
Jn einer ſtetigen Bewegung, ſo ſehr nicht ſchwimmen faſt,
als fliegen.
Wer
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0113" n="95"/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Von den Bewohnern des<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;ers.</hi> </head><lb/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l><hi rendition="#in">N</hi>unmehr kann ich, von den Bu&#x0364;rgern der Fluht, den</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Fi&#x017F;chen, hier zu &#x017F;prechen,</hi> </l><lb/>
                <l>Zu un&#x017F;ers Scho&#x0364;pfers Ruhm und Preis und Dank, mich</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">gleichfalls nicht entbrechen.</hi> </l>
              </lg><lb/>
              <lg n="2">
                <l>O welch ein Wunder! daß des Meeres unfruchtbar-bitter-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;alzes Naß</hi> </l><lb/>
                <l>Lebendige Ge&#x017F;cho&#x0364;pfe zeugt! Daß eine Fluht, die unertra&#x0364;glich,</l><lb/>
                <l>Und &#x017F;treng und traurig von Ge&#x017F;chmack, was, das der Zunge</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;o beha&#x0364;glich,</hi> </l><lb/>
                <l>So &#x017F;u&#x0364;ß und lieblich &#x017F;chmecket, na&#x0364;hrt! Wie unbegreiflich i&#x017F;t</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">doch das!</hi> </l><lb/>
                <l>Wer dieß nicht wu&#x0364;ßte, wu&#x0364;rde &#x017F;prechen: Ein unfruchtbares</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Element</hi> </l><lb/>
                <l>Wird etwan wenig Kinder hegen. O nein! auch hier i&#x017F;t</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">abermahl</hi> </l><lb/>
                <l>Der Schluß nicht richtig, und der Wahn von der Erfahrung</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">weit getrennt.</hi> </l><lb/>
                <l>Es i&#x017F;t fa&#x017F;t, wie der Sand am Meer, die Zahl der Fi&#x017F;che &#x017F;onder</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Zahl.</hi> </l><lb/>
                <l>Mein gei&#x017F;tig Auge &#x017F;iehet hier, mit recht bewunderndem Ver-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">gnu&#x0364;gen,</hi> </l><lb/>
                <l>Jn die&#x017F;er weiten Meeres-Tiefe, in die&#x017F;er Wa&#x017F;&#x017F;er-vollen Gruft,</l><lb/>
                <l>Ein nicht zu za&#x0364;hlend Heer von Fi&#x017F;chen, recht wie die Vo&#x0364;gel</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">in der Luft,</hi> </l><lb/>
                <l>Jn einer &#x017F;tetigen Bewegung, &#x017F;o &#x017F;ehr nicht &#x017F;chwimmen fa&#x017F;t,</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">als fliegen.</hi> </l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Wer</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[95/0113] Von den Bewohnern des Waſſers. Nunmehr kann ich, von den Buͤrgern der Fluht, den Fiſchen, hier zu ſprechen, Zu unſers Schoͤpfers Ruhm und Preis und Dank, mich gleichfalls nicht entbrechen. O welch ein Wunder! daß des Meeres unfruchtbar-bitter- ſalzes Naß Lebendige Geſchoͤpfe zeugt! Daß eine Fluht, die unertraͤglich, Und ſtreng und traurig von Geſchmack, was, das der Zunge ſo behaͤglich, So ſuͤß und lieblich ſchmecket, naͤhrt! Wie unbegreiflich iſt doch das! Wer dieß nicht wuͤßte, wuͤrde ſprechen: Ein unfruchtbares Element Wird etwan wenig Kinder hegen. O nein! auch hier iſt abermahl Der Schluß nicht richtig, und der Wahn von der Erfahrung weit getrennt. Es iſt faſt, wie der Sand am Meer, die Zahl der Fiſche ſonder Zahl. Mein geiſtig Auge ſiehet hier, mit recht bewunderndem Ver- gnuͤgen, Jn dieſer weiten Meeres-Tiefe, in dieſer Waſſer-vollen Gruft, Ein nicht zu zaͤhlend Heer von Fiſchen, recht wie die Voͤgel in der Luft, Jn einer ſtetigen Bewegung, ſo ſehr nicht ſchwimmen faſt, als fliegen. Wer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/113
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/113>, abgerufen am 30.12.2024.