Gott Lob! wir nähern uns aufs neu der Sonnen Stral, Der Licht und Wärme Quell, dem Born der Fruchtbarkeit, Und es erscheinet abermal Die angenehme Frühlingszeit. Des strengen Frosts noch nicht verschwundnes Angedenken Vermehret, durch den Gegensatz, Den allbereit erhaltnen Schatz, Den uns der frühe Lenz bereits beginnt, zu schenken, Wozu zugleich die Trösterinn der Welt, Die Hoffnung, sich annoch gesellt, Und unsrer aufgeweckten Brust Jm künftigen noch immer größre Lust, Mit wahrer Schmeicheley, verspricht, Drey Zeiten scheinen sich auf die Art zu bestreben, Euch mannigfaltge Lust zu geben, Und, durch verschiedne Seltenheit, Die jeder eigen ist, euch die Vergnüglichkeit, Und eure Lust noch zu erheben. Ach laßt das schönste Theil von eurem Leben nicht So ungeprüft, wie sonst, und nicht vergebens, Ohn ihrer Reizung zu genießen, Vergehn, verschwinden und verfließen! Ach seyd doch nicht so gar verkehrt, Den Winter, als noch nicht vergangen, Die Frühlingszeit, als noch nicht angefangen, Und als noch nicht Betrachtungs-werth, Auf noch was besseres stets hoffend, anzusehn; Ja obschon viele Ding euch, in dem Garten,
Und
Neue Fruͤhlings-Gedanken.
Neue Fruͤhlings-Gedanken.
Gott Lob! wir naͤhern uns aufs neu der Sonnen Stral, Der Licht und Waͤrme Quell, dem Born der Fruchtbarkeit, Und es erſcheinet abermal Die angenehme Fruͤhlingszeit. Des ſtrengen Froſts noch nicht verſchwundnes Angedenken Vermehret, durch den Gegenſatz, Den allbereit erhaltnen Schatz, Den uns der fruͤhe Lenz bereits beginnt, zu ſchenken, Wozu zugleich die Troͤſterinn der Welt, Die Hoffnung, ſich annoch geſellt, Und unſrer aufgeweckten Bruſt Jm kuͤnftigen noch immer groͤßre Luſt, Mit wahrer Schmeicheley, verſpricht, Drey Zeiten ſcheinen ſich auf die Art zu beſtreben, Euch mannigfaltge Luſt zu geben, Und, durch verſchiedne Seltenheit, Die jeder eigen iſt, euch die Vergnuͤglichkeit, Und eure Luſt noch zu erheben. Ach laßt das ſchoͤnſte Theil von eurem Leben nicht So ungepruͤft, wie ſonſt, und nicht vergebens, Ohn ihrer Reizung zu genießen, Vergehn, verſchwinden und verfließen! Ach ſeyd doch nicht ſo gar verkehrt, Den Winter, als noch nicht vergangen, Die Fruͤhlingszeit, als noch nicht angefangen, Und als noch nicht Betrachtungs-werth, Auf noch was beſſeres ſtets hoffend, anzuſehn; Ja obſchon viele Ding euch, in dem Garten,
Und
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0054"n="30"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Neue Fruͤhlings-Gedanken.</hi></fw><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b">Neue Fruͤhlings-Gedanken.</hi></head><lb/><lgtype="poem"><l><hirendition="#in">G</hi>ott Lob! wir naͤhern uns aufs neu der Sonnen Stral,</l><lb/><l>Der Licht und Waͤrme Quell, dem Born der Fruchtbarkeit,</l><lb/><l>Und es erſcheinet abermal</l><lb/><l>Die angenehme Fruͤhlingszeit.</l><lb/><l>Des ſtrengen Froſts noch nicht verſchwundnes Angedenken</l><lb/><l>Vermehret, durch den Gegenſatz,</l><lb/><l>Den allbereit erhaltnen Schatz,</l><lb/><l>Den uns der fruͤhe Lenz bereits beginnt, zu ſchenken,</l><lb/><l>Wozu zugleich die Troͤſterinn der Welt,</l><lb/><l>Die <hirendition="#fr">Hoffnung,</hi>ſich annoch geſellt,</l><lb/><l>Und unſrer aufgeweckten Bruſt</l><lb/><l>Jm kuͤnftigen noch immer groͤßre Luſt,</l><lb/><l>Mit wahrer Schmeicheley, verſpricht,</l><lb/><l>Drey Zeiten ſcheinen ſich auf die Art zu beſtreben,</l><lb/><l>Euch mannigfaltge Luſt zu geben,</l><lb/><l>Und, durch verſchiedne Seltenheit,</l><lb/><l>Die jeder eigen iſt, euch die Vergnuͤglichkeit,</l><lb/><l>Und eure Luſt noch zu erheben.</l><lb/><l>Ach laßt das ſchoͤnſte Theil von eurem Leben nicht</l><lb/><l>So ungepruͤft, wie ſonſt, und nicht vergebens,</l><lb/><l>Ohn ihrer Reizung zu genießen,</l><lb/><l>Vergehn, verſchwinden und verfließen!</l><lb/><l>Ach ſeyd doch nicht ſo gar verkehrt,</l><lb/><l>Den Winter, als noch nicht vergangen,</l><lb/><l>Die Fruͤhlingszeit, als noch nicht angefangen,</l><lb/><l>Und als noch nicht Betrachtungs-werth,</l><lb/><l>Auf noch was beſſeres ſtets hoffend, anzuſehn;</l><lb/><l>Ja obſchon viele Ding euch, in dem Garten,</l><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Und</fw><lb/></lg></div></div></body></text></TEI>
[30/0054]
Neue Fruͤhlings-Gedanken.
Neue Fruͤhlings-Gedanken.
Gott Lob! wir naͤhern uns aufs neu der Sonnen Stral,
Der Licht und Waͤrme Quell, dem Born der Fruchtbarkeit,
Und es erſcheinet abermal
Die angenehme Fruͤhlingszeit.
Des ſtrengen Froſts noch nicht verſchwundnes Angedenken
Vermehret, durch den Gegenſatz,
Den allbereit erhaltnen Schatz,
Den uns der fruͤhe Lenz bereits beginnt, zu ſchenken,
Wozu zugleich die Troͤſterinn der Welt,
Die Hoffnung, ſich annoch geſellt,
Und unſrer aufgeweckten Bruſt
Jm kuͤnftigen noch immer groͤßre Luſt,
Mit wahrer Schmeicheley, verſpricht,
Drey Zeiten ſcheinen ſich auf die Art zu beſtreben,
Euch mannigfaltge Luſt zu geben,
Und, durch verſchiedne Seltenheit,
Die jeder eigen iſt, euch die Vergnuͤglichkeit,
Und eure Luſt noch zu erheben.
Ach laßt das ſchoͤnſte Theil von eurem Leben nicht
So ungepruͤft, wie ſonſt, und nicht vergebens,
Ohn ihrer Reizung zu genießen,
Vergehn, verſchwinden und verfließen!
Ach ſeyd doch nicht ſo gar verkehrt,
Den Winter, als noch nicht vergangen,
Die Fruͤhlingszeit, als noch nicht angefangen,
Und als noch nicht Betrachtungs-werth,
Auf noch was beſſeres ſtets hoffend, anzuſehn;
Ja obſchon viele Ding euch, in dem Garten,
Und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/54>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.